Lücke im US-Wahlsystem: Was passiert, wenn die Wahlmänner Trump ihre Stimme verwehren?
Donald Trump hat die Wahl zum US-Präsidenten zur Überraschung Vieler für sich entschieden. Doch die Entscheidung der Wähler ist nur der erste Schritt auf dem Weg ins Weiße Haus. Es gibt ein Schlupfloch im ohnehin umstrittenen US-Wahlsystem, das den Republikaner auf den letzten Metern noch straucheln lassen könnte.
290 Wahlmänner hat der US-Republikaner Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen für sich gewinnen können. 270 hätten gereicht, um den Immobilienmogul über seine Kontrahentin, die Demokratin Hillary Clinton, triumphieren zu lassen. Sein Vorsprung ist also überraschend komfortabel, auch wenn absolut gesehen Hillary Clinton wohl mehr Wählerstimmen eingefahren hat.
Die Wahl der Wahlmänner und Wahlfrauen für das so genannte Electoral College, ist aber nur der erste Schritt auf dem Weg ins Weiße Haus. Denn diese Wahlmänner könnten durch ein existierendes Schlupfloch im ohnehin umstrittenen "Mehrheitswahlrecht" in den USA am Ende noch Trumps Einzug in Washington verhindern.
Schlupfloch im Wahlsystem
Die Wahlmänner und Wahlfrauen, die in Vertretung für das Volk im Electoral College den neuen Präsidenten bestimmen sollen, geben ihre Stimmen erst am 19. Dezember ab. Und sie könnten den Wahlausgang - zumindest theoretisch - tatsächlich noch drehen. Zwar gilt in den USA das "Winner takes it all"-Prinzip, wer in einem Bundesstaat auch nur eine Stimme mehr hat als sein Gegner, gewinnt alle Wahlmänner des Staates. In 24 Bundesstaaten der USA sind die Wahlmänner und -frauen allerdings nicht explizit an das Votum des Volkes gebunden. Theoretisch könnten sie ihre Stimme auch dem Kandidaten geben, der in ihrem Bundestaat nicht die Mehrheit erlangt hat. Konkret auf die Wahl 2016 bezogen hieße das: Würden 21 Wahlmänner aus Bundesstaaten in denen Trump gesiegt hat, ihre Stimme nicht an Trump vergeben, würde dem designierten 45. Präsidenten der USA die erforderliche Mehrheit von 270 Wahlmännern fehlen. Clinton hingegen erhält diese Mehrheit nur, wenn mindestens 38 Wahlmännerstimmen aus eben diesen Bundesstaaten an sie gingen. Auch eine Stimmenthaltung ist in diesem Zusammenhang denkbar, möglicherweise erhielte dann keiner der beiden Kandidaten die erforderliche Mehrheit. Sollte der (theoretische) Fall eintreten, dass die Wahlmänner gegen das Wählervotum stimmen, und weder Trump noch Clinton 270 Stimmen hinter sich versammeln könnten, müsste der Senat entscheiden, wer ins Weiße Haus einzieht. Die Entscheidung des Senats ist dann bindend.Wie wahrscheinlich ist diese Szenario?
Die Chancen darauf, dass sich tatsächlich eine Gruppe von mindestens 21 Abweichlern findet, die Donald Trump ihre Stimme verweigert und ihn somit um die Stimmenmehrheit bringt, sind verschwindend gering. Historisch gesehen trat dieser Fall in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika nur selten auf - und endete stets damit, dass der Kandidat, dem die Stimmen verwehrt wurden, am Ende doch seinen Platz im Weißen Haus einnahm. Allerdings hatte es in der Historie der US-Wahlen nie zuvor Anwärter auf die Präsidentschaft gegeben, die im Volk gleichermaßen umstritten und unbeliebt waren, wie Trump und Clinton. Erst am 6. Januar, wenn das Repräsentantenhaus und der Senat die Stimmen der Wahlmänner ausgezählt hat, wird eindeutig klar sein, wer Barack Obama in seinem Amt nachfolgt.Redaktion finanzen.net
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