TomTom-Aktie: Was Anleger über das Papier wissen müssen
Mit einem milliardenschweren Auftragsbestand aus der Autoindustrie bietet der niederländische Navipionier TomTom dem US-Riesen Alphabet Paroli. Chef Harold Goddijn sieht sich gut gewappnet.
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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Das Potenzial ist beeindruckend. Die Unternehmensberatung McKinsey schätzt die Wertschöpfung aus dem Strom von Daten, der in Autos über Sensoren und Navigationssysteme im Jahr 2030 erfasst werden wird, auf bis zu 750 Milliarden Dollar. Klar dass Datenriesen wie Google, Tochter des US-Technologiekonzerns Alphabet, künftig auch den Markt automobiler Datenströme dominieren wollen.
Harold Goddijn, Mitgründer und Chef des niederländischen Navigationspioniers TomTom, tritt dem mächtigen Konkurrenten aus dem Silicon Valley mutig entgegen. "Wir benutzen im Gegensatz zu Google die aufkommenden Daten lediglich zur Navigation", sagt Goddijn zu €uro am Sonntag. "Es ist eine Alternative zur Lösung des Technologieriesen, dessen Produkt eigentlich für Handys entwickelt wurde und die erfassten Daten damit nicht ausschließlich zur Verbesserung der Navigation nutzt, sondern auch um weitere Geschäftsmodelle zu betreiben. Auch Autohersteller können das nicht verhindern, wir bieten ihnen hier eine Alternative."
Auf einem Treffen mit Investoren vor wenigen Tagen hatte TomTom seinen Auftragsbestand mit Autokonzernen auf 1,6 Milliarden Euro beziffert. Diese Zahl hat Analysten positiv überrascht. Vorstände in einigen Autokonzernen denken offensichtlich ähnlich wie der TomTom-Chef. Schließlich hat sich der Navigationsspezialist bei detailreichen, hochauflösenden Navigationskarten, den sogenannten HD-Maps, die eine notwendige Voraussetzung für autonomes Fahren sind, eine sehr gute Marktposition erarbeitet.
David gegen Goliath
Bekannt ist, dass die Niederländer hier mit dem chinesischen Autobauer Baidu und in Europa mit Renault zusammenarbeiten. Im Jahr 2021 werde TomTom HD-Navigationskarten für autonomes Fahren zusammen mit einem großen japanischen Autokonzern und einem weiteren aus den USA präsentieren, kündigt Chef Goddijn an.
Willem Strijbosch, bei den Niederländern für autonomes Fahren verantwortlich, schätzt den weltweiten Marktanteil der Firma bei HD-Karten auf 60 Prozent. Um Aktualisierungen und Ergänzungen der Karten zu berücksichtigen, haben die Verträge mit Autokonzernen Laufzeiten von zehn Jahren.
Auf weltweit über 600 Millionen Geräten hat TomTom Verkehrsinformationen von mehr als 67 Millionen Straßenkilometern gesammelt. Davon wurden 400.000 Kilometer in HD erfasst, verfügbar für Nordamerika, Europa, Japan und Südkorea. Für Cloud-Dienstleistungen, eine Voraussetzung für HD-Karten, wurde Microsoft als Partner ins Boot geholt. Auch TomTom selbst fokussiert sich auf Software und Cloud-basierte Dienste. Das sei die Richtung, in die sich die Industrie entwickle, so Goddijn - auch weil die Autoindustrie mit diesem Ansatz nutzerfreundliche Systeme anbieten könne, die in ähnlich kurzer Zeit wie Handys heute aktualisiert werden.
Dass Großkunde Renault ab 2021 Autos auch mit Infotainmentsystemen auf Basis von Googles Handybetriebssystem Android ausrüsten wird und der US-Konzern Online-Updates und Cloud-basierte Fahrzeugdiagnostik liefern wird, nimmt Goddijn sportlich - man sei hier nach wie vor im Geschäft.
TomTom hat er auf den Wettbewerb mit Google vorbereitet. Die Telematiksparte wurde für 910 Millionen Euro an den Reifenkonzern Bridgestone verkauft. Der Cashflow macht rund zehn Prozent des Umsatzes aus. Damit ist TomTom ausreichend mit Mitteln ausgestattet. Außerdem verfügen die Niederländer über gut 370 Millionen Euro Barreserven. An der Börse ist der Kartenanbieter knapp 1,4 Milliarden Euro wert. Für Konkurrent Here haben deutsche Autokonzerne 2015 rund 2,8 Milliarden Euro gezahlt. Im Vergleich dazu ist der führende Anbieter von HD-Karten günstig.
Potenzial: Gemessen am technischen Potenzial günstig. Risikofreudige Anleger nutzen Kursrückschläge zum Einstieg.
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Bildquellen: Chesnot/Getty Images, TomTom
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