Deutsche Bundesregierung erwartet schwächstes Wachstum seit sechs Jahren
Die Bundesregierung erwartet für das laufende Jahr eine deutliche Abkühlung der Konjunktur.
Wie aus dem vom Kabinett am Mittwoch beschlossenen Jahreswirtschaftsbericht hervorgeht, rechnet sie nur noch mit einem Wachstum von 1,0 Prozent. Sollte die Prognose Bestand haben, wäre das das schwächste Wachstum seit sechs Jahren. Im abgelaufenen Jahr hatte das Bruttoinlandsprodukts um 1,5 Prozent zugelegt.
Gegenwind für die deutsche Wirtschaft kommt aus dem Welthandel und von unkalkulierbaren politischen Krisen, wie dem Handelsstreit zwischen den USA und China sowie dem Brexit. Die Bundesregierung sieht "Deutschland deutlich erhöhten Risiken aus der Weltwirtschaft ausgesetzt", wie sie in ihrer Konjunktureinschätzung mahnt. Der Bericht wird am Mittag von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vorgestellt. Dow Jones Newswires hatte vorab Einblick in das Dokument.
Getragen wird der anhaltende, wenngleich abgeschwächte Aufschwung von der Binnennachfrage. Die Regierung geht davon aus, dass die Nettolöhne um 4,8 Prozent klettern werden, wozu auch die Entlastungen bei Steuern und Abgaben beitragen dürften. Sorgen um ihren Arbeitsplatz müssen sich nur die wenigsten Beschäftigen machen. Die Arbeitslosigkeit dürfte weiter zurückgehen und auf eine Quote von 4,9 Prozent fallen. Gleichzeitig stellen die Unternehmen weiter ein, weshalb die Marke von 45 Millionen Beschäftigen laut Vorhersage stabil überschritten wird.
Insgesamt werden die Exporte von Waren und Dienstleistungen in diesem Jahr wohl nur um etwa 2,7 Prozent steigen. Wegen der dynamischen Inlandsnachfrage werden die Importe mit 4,0 Prozent spürbar stärker wachsen. Der umstrittene Leistungsbilanzüberschuss der Bundesrepublik wird der Prognose zufolge von 7,5 auf 7,3 Prozent der Wirtschaftsleistung zurückgehen. Damit bleibt er wohl aber über der von der EU als bedenklich eingestuften Schwelle. Die USA, der Internationale Währungsfonds (IWF) und EU-Partner werfen Deutschland vor, dass es zu viel in das Ausland liefert und damit für Ungleichgewichte im Welthandel führt.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bernd Westphal, verlangte von Altmaier eine umfassende Industriestrategie, "um die Schlüsselsektoren für unsere Wirtschaftsstruktur von morgen zu identifizieren". Er müsse nach dem Kohlekompromiss ebenfalls rasch Vorschläge auf den Tisch legen, wie neue Arbeitsplätze in den Braunkohleregionen geschaffen werden können.
Von Christian Grimm
BERLIN (Dow Jones)
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