Irre Struktur im Unternehmen: So streicht Onlyfans 9-stellige Gewinne ein, die der CEO zum Großteil selbst kassiert
Die Beliebtheit von Onlyfans steigt. Content-Creator verdienen Millionen auf der Plattform. Was steckt hinter diesem Erfolg?
Onlyfans verzeichnet 2023 Einnahmen von mehr als 1,3 Milliarden US-Dollar (1,18 Milliarden Euro).
Die Plattform ermöglicht Content-Erstellern, ihre Inhalte hinter einer Paywall zu monetarisieren und direkt mit Fans zu interagieren.
Experten erklären den Erfolg von Onlyfans durch Exklusivität, individuelle Beziehungen zu Fans und die Befriedigung emotionaler Bedürfnisse.
Die Einnahmen von Onlyfans sind im vergangenen Jahr um 20 Prozent gestiegen. Die Gewinne sogar um 25 Prozent. Seit Leonid Radvinsky die Plattform vor sechs Jahren gekauft hat, steigen die Zahlen rasant. Allein 2023 erhielt der CEO, der gebürtig aus der Ukraine kommt, dafür etwa 472 Millionen US-Dollar (428 Millionen Euro) an Dividenden. Forbes schätzt das Vermögen des 42-Jährigen auf drei Milliarden US-Dollar (2,7 Milliarden Euro). Aber, was macht die Onlyfans eigentlich zu einer solchen Goldgrube?
Die Erfolgsgeschichte von Onlyfans
Die Online-Plattform ist im Jahr 2016 vom englischen Unternehmer Tim Stokely gegründet worden – und das, als monatlicher Abonnementdienst. Die Website ermöglicht es Content-Erstellenden, Inhalte hinter einer Paywall zu monetarisieren und direkt mit ihren Fans zu interagieren. Im Gegensatz zu anderen sozialen Netzwerken bietet Onlyfans gelockerte Inhaltsbeschränkungen. Heißt: Das Teilen von sexuellen und erotischen Inhalten ist dadurch möglich. Und genau für diese Art an Content ist Onlyfans auch mit der Zeit international bekannt geworden.
2018, also vor sechs Jahren, übernahm der ukrainisch-amerikanische Unternehmer Leonid Radvinsky die Plattform. Wie viel er dafür gezahlt hat? Unklar. Klar ist nur, dass er mit dem Kauf auf das richtige Pferd gesetzt hat. Denn: Durch die Corona-Pandemie erlebt Onlyfans einen Steigflug. Das Unternehmen verzeichnete zwischen März und April 2020 einen Anstieg der Nutzer-Anmeldungen um 75 Prozent.
So verdienen Creator auf Onlyfans Geld
Das Erfolgsgeheimnis? Die Plattform bietet Content-Erstellern große Freiheiten bei der Gestaltung ihrer Angebote. Sie können verschiedene Monetarisierungsmodelle wie Abonnements, Pay-per-View-Inhalte und Trinkgelder nutzen.
Onlyfans behält 20 Prozent der Einnahmen, die restlichen 80 Prozent gehen an die Erstellerinnen und Ersteller der Inhalte. Dem Unternehmen zufolge wurden allein im vergangenen Jahr etwa 6,6 Milliarden US-Dollar (5,97 Milliarden Euro) an die Urheber gezahlt. Diese Zahl entspricht einem Anstieg von etwa einer Milliarde US-Dollar (900 Millionen Euro) gegenüber 2022.
Eine der Creator ist die Pornodarstellerin Cherie DeVille, die sich selbst als „die schmutzigste Stiefmutter des Internets“ bezeichnet. Sie meldete sich bei Onlyfans an, als ihre Arbeit als Pornodarstellerin während der Pandemie zum Stillstand kam. Für ihre Erotik-Posts erhält sie jährlich eigenen Angaben zufolge bis zu einer Million US-Dollar (900.000 Euro). Damit gehört sie zu den Top-Verdienern auf der Plattform.
Mittlerweile sind mehr als vier Millionen Accounts auf Onlyfans aktiv. Sie posten Videos und Fotos oder chatten einfach nur mit ihren Fans. Die Anzahl der Nutzer stieg 2023 um 28 Prozent auf 305 Millionen. Damit ist klar: Onlyfans ist längst im Mainstream angekommen.
DeVille verbringe die meiste Zeit auf der Plattform, um mit Fans zu chatten. „Onlyfans ist wirklich anders, es ist wirklich echt“, sagt sie im Gespräch mit Business Insider US. Was für sie auf der Plattform heraussticht: „Man lernt die Leute kennen.“
Die Nähe zu den Followern ist offenbar besonders wichtig für das Business. Wir haben mit insgesamt 10 Personen gesprochen, die auf Onlyfans ihre Inhalte verkaufen. 9 von ihnen sagen, sie hätten langfristige digitale Beziehungen zu Fans, die weit über die Sexualität hinausgehen würden.
Nutzer bauen eine Beziehung auf
Lilian Suter von der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften forscht zum Thema Medienpsychologie. Sie sagt, ein Aspekt des Erfolgsgeheimnisses von Onlyfans sei, dass die Plattform – anders als frei zugängliche Inhalte im Netz – Exklusivität biete.
Hierbei dürfte die Funktion der Privatnachrichten eine erhebliche Rolle spielen. Heißt: „Wer exklusive, individuelle Nachrichten bekommt, fühlt sich besonders und ist daher womöglich auch bereit, mehr dafür zu bezahlen“, erklärt die Medienpsychologin.
Weiterhin könnten Creatorinnen und Creatoren über Privatnachrichten auch eine Art Beziehung zu ihren Fans aufbauen. Das wiederum könne die Kundenbindung und am Ende auch die Einnahmen erhöhen, sagt Suter zu Business Insider.
Eine weitere Erklärung liefert Regine Frener aus dem Fachbereich Medienpsychologie der Universität Hohenheim. Sie sagt, noch immer gelte es in gewisser Weise als unmoralisch, wenn Menschen erotische Inhalte konsumieren. Indem Plattformen wie Onlyfans diese Inhalte exklusiv und gegen Geld anbieten, helfe das den konsumierenden Menschen dabei, besser mit ihrem Schamgefühl umzugehen.
Zum einen suggeriere der Bezahl-Aspekt eine gewisse Qualität und Seriosität. Zum anderen werde das Anschauen der Inhalte durchs Bezahlen zum „guten Recht“ des Nutzers. „Man kauft sich das Schamgefühl einfach weg“, formuliert es Frener.
Das Konzept von Onlyfans passt zudem in das digitale Zeitalter. Eine Meta-Gallup-Umfrage ergab, dass sich 24 Prozent der befragten Erwachsenen sehr oder ziemlich einsam fühlen. Vor allem Männer scheinen Schwierigkeiten zu haben, feste Beziehungen einzugehen. Onlyfans ist für die Nutzer, die in der Mehrzahl Männer sind, zu einem Ort geworden, an dem sie ihre emotionalen Bedürfnisse befriedigen können.
Einige Experten warnen jedoch, dass die rein digitalen Beziehungen eine Art von Abwärtsspirale in Gang setzen können. Die Gefahr: Manche könnten sich noch isolierter fühlen.
Sind die goldenen Zeiten für Onlyfans vorbei?
Onlyfans ist eine Weiterentwicklung von Angeboten, die es bereits gibt: Telefonsex, Stripclubs und Chatrooms sind keine neuen Erfindungen. Die Plattform bietet ihren Nutzerinnen und Nutzern aber einen anderen Zugang dazu. Denn: Inhalte auf dem Smartphone zu konsumieren, kostet weniger Überwindung als der Anruf bei einer Telefonsex-Hotline – und bietet mehr Anonymität als der Besuch eines Stripclubs.
Die zunehmende Akzeptanz von Online-Plattformen für Erotik-Inhalte und die wachsende Bereitschaft, für exklusive digitale Inhalte zu bezahlen, tragen ebenfalls zum Erfolg von Onlyfans bei. Durch die Kombination dieser Faktoren hat sich Onlyfans zu einer der einflussreichsten Plattformen im Social-Media-Bereich entwickelt.
Doch auch wenn das Business floriert, gibt es Schattenseiten in der Onlyfans-Welt: Die BBC hatte in mehreren Recherchen schwere Vorwürfe gegen Onlyfans erhoben. Auf der Plattform sollen illegale Inhalte hochgeladen worden sein. Unter anderem sollen Minderjährige ihre Fotos gegen Geld auf der Plattform angeboten haben.
Und während Onlyfans sich als wichtige Plattform für Content-Creator etabliert hat, steht das Unternehmen vor Herausforderungen. Der zukünftige Erfolg wird davon abhängen, wie gut sich Onlyfans an veränderte Marktbedingungen und regulatorische Anforderungen anpassen kann, während es gleichzeitig seine Attraktivität für Creator und Nutzer beibehält. Die blanken Zahlen zeigen weiterhin jedoch nur in eine Richtung – und die geht nach oben.