Ferratum Group: Spezialist für Mobile Banking strebt an die Börse
Die Ferratum Group vertreibt via Smartphone Mikrokredite an Privatkunden und plant seinen Börsengang im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse. finanzen.net nahm dies zum Anlass, mit Jorma Jokela, dem Gründer und Chef des Unternehmens ein Interview zu führen.
finanzen.net: Für deutsche Anleger ist die Ferratum Group kein völlig unbeschriebenes Blatt, schließlich hat Ihre deutsche Tochtergesellschaft vor etwas mehr als einem Jahr mit einer Anleiheemission im Volumen von 25 Millionen Euro den Kapitalmarkt erfolgreich angezapft. Wären Sie dennoch so freundlich, Ihr erklärungsbedürftiges Geschäftsmodell in zwei oder drei Sätzen kurz vorzustellen?
Jorma Jokela: Ferratum wurde 2005 im finnischen Helsinki gegründet und hat sich seitdem zu einem führenden internationalen Anbieter von unbesicherten mobilen Verbraucherkrediten entwickelt. Unser Geschäft ist auf schnelle, einfache und vertrauliche Kredite an Kunden ausgelegt, die über das Internet abgeschlossen werden können, insbesondere über mobile Geräte. Gewöhnlich erfolgt dabei die Kreditvergabe nach der Überprüfung der Kreditwürdigkeit innerhalb weniger Minuten. Derzeit ist Ferratum in insgesamt 19 Märkten in Europa und Asien-Pazifik tätig.
So manche europäische Bank dürfte angesichts Ihres Umsatzwachstums und Ihrer Gewinnmargen im deutlich zweistelligen Prozentbereich nicht schlecht staunen. Worin sehen Sie den Hauptgrund für Ihre Erfolgsstory? Ist es technologische Kompetenz oder eher die Konzentration auf eine Nische?
Als Pionier für mobile Mikrokredite verfügen wir über eine langjährige Expertise in den Bereichen Mobile und Banking. Als Spezialist für Onlineprozesse mit einer zentralisierten Technologieinfrastruktur und einem effizienten softwarebasierten Scoring-System sind wir sehr gut positioniert, um unser Angebot an mobilen Bankdienstleistungen weiter auszubauen und von dem sich im Umbruch befindenden Bankensektor weiter zu profitieren. Denn die digitale Revolution forciert unsere Marktchancen.
Die Deutschen gelten bei Geldgeschäften häufig als eher konservativ und risikoavers. Welche Erfahrungen haben Sie in den vergangenen zwölf Monaten beim Verkauf von mobilen Mikrokrediten mit Ihren deutschen Kunden gemacht?
Für Ferratum ist Deutschland ein wichtiger Wachstumsmarkt mit erheblichem Potenzial. Wir sind in Deutschland jedoch erst seit diesem Jahr tätig, so dass die Zahlen die Bedeutung noch nicht widerspiegeln. So ist es unser Ziel, nach ersten positiven Erfahrungen in Deutschland das Mikrokreditgeschäft noch populärer zu machen und die Marke Ferratum weiter zu etablieren.
Was können Sie zum Thema "Ausfallrisiko" sagen? Kreditzusagen und damit auch die Überprüfung der Kreditwürdigkeit erfolgen meist innerhalb weniger Minuten. Können Sie konkrete Ausfallquoten nennen?
Die entscheidende Kenngröße für uns ist nicht die absolute Ausfallquote, sondern vielmehr die Relation zwischen dieser und dem Unternehmenswachstum. Betrachtet man die Entwicklung der Ferratum Group seit der Gründung 2005, so sind wir stetig gewachsen und sind heute in 19 Märkten vertreten. Im Geschäftsjahr 2013 haben wir einen Umsatz von 58,2 Millionen Euro erwirtschaftet. Nach den ersten elf Monaten 2014 liegt der Umsatz bereits bei 63,5 Millionen Euro. Über unsere breite geografische Diversifizierung als auch die Streuung unseres Kreditvolumens auf einen breiten Kundenstamm und das softwarebasierte Prüfungsverfahren gelingt es uns, das Ausfallrisiko in einem Maße zu begrenzen, das uns eine deutliche Profitabilität sichert.
Neben dem Bonitätsrisiko dürften sich potenzielle Investoren auch für die bestehenden Länderrisiken stark interessieren. Welche der 19 Länder, in denen Sie derzeit tätig sind, tragen besonders viel zum Gesamtumsatz und -gewinn der Ferratum Group bei?
Umsatzseitig sind unsere wichtigsten Märkte derzeit Polen, Finnland, Tschechien, Dänemark, Australien und Schweden. Einige Märkte wie Deutschland befinden sich dagegen noch in der Startphase mit signifikantem Wachstumspotenzial. Wir bitten aber um Verständnis, dass wir keine detaillierten Informationen zu einzelnen Märkten veröffentlichen.
…und welchen Märkten räumen Sie in den nächsten Jahren das höchste Wachstumspotenzial ein?
Deutschland sehen wir ohne Zweifel als Wachstumsmarkt. Aber auch in anderen bestehenden Märkten wollen wir weiter wachsen, indem wir unser Produktportfolio optimieren und erweitern. Mittelfristig ist es unser Ziel, unsere Geschäftstätigkeit von derzeit 19 Ländern auf 30 Länder auszuweiten.
Und nun zur Aktie. Wie sehen die Rahmendaten für den Börsengang aus?
Der Angebotszeitraum, in dem Investoren ihre Kaufangebote einreichen können, hat am Donnerstag, 22. Januar 2015, begonnen und wird voraussichtlich am Mittwoch, 4. Februar 2015, enden. Angeboten werden bis zu 6.517.188 Stammaktien ohne Nennbetrag in einer Preisspanne zwischen 15 Euro und 18 Euro. Diese bestehen aus bis zu 2.833.560 neu auszugebenen Aktien des Unternehmens. Darüber hinaus stammen bis zu 2.833.560 Aktien aus dem Bestand der Altaktionäre der Ferratum Oyj. Weitere bis zu 850.068 Aktien können aus dem Aktienbesitz der beiden größten Anteilseigner der Ferratum Oyj zum Zwecke einer eventuellen Mehrzuteilung platziert werden. Unter der Annahme, dass alle Aktien platziert werden können, beläuft sich das Bruttoemissionsvolumen auf 107,5 Millionen Euro.
Wofür soll der geplante Netto-Emissionserlös von bis zu 50 Millionen Euro konkret verwendet werden und in welcher Größenordnung sehen Sie die Ferratum Group in den nächsten Jahren hinsichtlich Umsatz und Gewinn?
Die Nettoerlöse aus dem Börsengang beabsichtigen wir in die Umsetzung unserer klar definierten Wachstumsstrategie zu investieren. Der Fokus liegt dabei auf dem organischen Wachstum in Märkten, in denen wir bereits vertreten sind, der Ausweitung der Geschäftstätigkeit auf mittelfristig 30 Länder sowie der Diversifizierung unseres Produktportfolios. Vorrangiges Ziel ist es, das Unternehmen hin zu einer Mobile Bank mit einer zentralen mobilen Applikation weiterzuentwickeln. Wir sind daher optimistisch, dass wir auch in den kommenden Jahren die Unternehmensentwicklung von Ferratum positiv gestalten werden.
Angesichts der niedrigen Zinsen sind viel Privatanleger verstärkt auf der Suche nach Geldanlagen mit attraktiven Zinsen. Gibt es Pläne, auch ins Einlagengeschäft einzusteigen?
Ja, die Emissionserlöse sollen auch dazu verwendet werden, die Eigenkapitalposition im Hinblick auf ein zukünftiges Einlagengeschäft zu stärken. Neben Einlagenprodukten, wie Spar- und Girokonten denken wir dabei auch an Kreditprodukte wie P2P lending (> 2000 Euro) und Kredite an Unternehmer. Alle Produkte stets einfach, schnell, unbürokratisch und onlineorientiert.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Jokela.
Zur Person:
Jorma Jokela ist CEO und Gründer der Ferratum Group. Er studierte Accounting am Commercial College of Kuopio und an der Finnish Business School. Zuvor gründete er 1998 das Personaldienstleistungsunternehmen Jokela Capital Oy in Helsinki, das er im Jahr 2004 an CapMan verkaufte.
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Bildquellen: Ferratum
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