EZB-Chefvolkswirt Lane begrüßt inflationssekende Angebotsschocks
Die Wirtschaft des Euroraums profitiert nach Aussage von EZB-Chefvolkswirt Philip Lane von einer Reihe positiver Angebotsschocks, die inflationssenkend wirken.
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters deutete Lane an, dass die im März anstehenden Inflationsprojektionen des volkswirtschaftlichen Stabs der Europäischen Zentralbank (EZB) daher etwas niedriger als im Dezember ausfallen könnten. Gleichwohl sieht Lane die Inflationsrisiken weiterhin überwiegend aufwärts gerichtet.
"Seit der Dezember-Sitzung - das ist der für uns relevante Zeitrahmen - haben wir mehrere günstige Angebotsschocks erlebt", sagte Lane unter Verweis auf niedrigere Energiepreise, die Auflösung von Lieferengpässen, die Öffnung der chinesischen Wirtschaft nach dem Ende der Corona-Restriktionen sowie die weiter steigende Beschäftigung.
Lane zufolge hat sich seit der Dezember-Sitzung außerdem gezeigt, dass die Zinserhöhungen von 300 Prozentpunkten ihre Wirkung tun: "Wir haben deutliche Anstiege der Zinskurve und der Kreditzinsen gesehen, einen Rückgang der Hauspreise in einer Reihe von Ländern sowie strengere Kreditkonditionen, und wir rechnen mit einem Rückgang der Kreditvolumen", sagte der EZB-Chefvolkswirt.
Mit Blick auf die Jahre 2024 und 2025 sei die Geldpolitik stärker gestrafft worden, als die Dezember-Prognosen hergegeben hätten, "und das muss in unseren neuen Prognosen berücksichtigt werden". "Ich will nicht den Ergebnissen des Stabs vorgreifen, aber die Angebotsschocks wirken netto inflationsmindernd", sagte Lane.
Er verwies auf Anzeichen für einen Rückgang des Preisdrucks in der Pipeline. "Bei Energie, Lebensmitteln und Gütern gibt es viele zukunftsgerichtete Indikatoren, die darauf hindeuten, dass der Inflationsdruck in all diesen Kategorien ziemlich stark zurückgehen dürfte", sagte er. Darauf deuteten beispielsweise die Großhandelspreise hin. Bei Dienstleistungen werde viel von der Lohnentwicklung abhängen, die die EZB genau beobachte.
Insgesamt sieht Lane die Inflationsrisiken aber weiterhin überwiegend aufwärts gerichtet und er hält die Markterwartung einer EZB-Zinssenkung Anfang 2024 für nicht realistisch. Die EZB dürfe mit der Rückführung der Zinsen auf ihr langfristiges Gleichgewichtsniveau erst dann beginnen, wenn sie sicher sei, dass das Inflationsziel erreicht werde, sagte er. Sie werde ihre Pläne nicht gleich ändern, wenn die Kerninflation in einem Monat mal stark falle.
Der EZB-Rat entscheidet am 16. März das nächste Mal über die Leitzinsen. Das Gremium hat einen weiteren Schritt von 50 Basispunkten in Aussicht gestellt, und Lane bekannte sich in dem Interview zu dieser Entscheidung. Verbraucherpreisdaten für Februar werden am Donnerstag veröffentlicht.
FRANKFURT (Dow Jones)
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