Interview exklusiv

HanseYachts: "Wir sind schon heute ausverkauft bis Mai 2021"

02.11.20 13:46 Uhr

HanseYachts: "Wir sind schon heute ausverkauft bis Mai 2021" | finanzen.net
Dr. Jens Gerhardt, Vorstandssprecher der HanseYachts AG

Dr. Jens Gerhardt, Vorstandssprecher der HanseYachts AG, äußert sich im Exklusivinterview mit Finanzen.net über die Bootsbranche als Krisengewinner, die laufende Kapitalerhöhung und die Planungen für das laufende Geschäftsjahr.

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Die HanseYachts AG führt derzeit neben einem Debt-Equity-Swap eine Barkapitalerhöhung im Verhältnis 3:1 durch. Bis zu 3,6 Mio. Euro könnte diese Deutschlands größtem Serienyachthersteller in die Kassen spülen. Dabei haben sich die Vorstände verpflichtet, selbst bis zu 230.000 Euro zu investieren. "Ich persönlich finde den Preis sehr attraktiv", sagt Vorstandssprecher Dr. Jens Gerhardt im Gespräch mit Finanzen.net. Die Neuordnung der Finanzen habe zudem den Vorteil "alte Kredite mit hohen Zinsen und durch neue Kredite mit deutlich günstigeren Konditionen ersetzen zu können". Die steigende Nachfrage und die zunehmende digitale Ausrichtung des Vertriebs schlägt sich einem Anstieg des Auftragseingangs um 85 % nieder: "Ein Boot ist derzeit der sicherste Platz, um Urlaub zu machen."

Finanzen.net: Herr Dr. Gerhardt, HanseYachts führt aktuell eine Barkapitalerhöhung im Volumen von bis zu 3,6 Mio. Euro zu. Wir dringend benötigt die Gesellschaft dieses Kapital?
Dr. Gerhardt: Die Barkapitalerhöhung machen wir, um unseren Streubesitzaktionären die Chance zu geben, nicht zu verwässern, da wir zeitglich einen Debt-Equity-Swap in Höhe von 12 Mio. Euro machen. Im Zuge der Corona-Pandemie haben wir einen Rettungsschirm im Volumen von 17 Mio. Euro erhalten, bestehend im Wesentlichen aus neuen Krediten bei sieben Banken in den drei Ländern, in denen wir tätig sind, mit Landesbürgschaften, zum größten Teil vom Land Mecklenburg-Vorpommern. Diese neuen Kredite müssen in Zukunft als erstes wieder getilgt werden und haben Vorrang vor den bestehenden Krediten unserer weiteren Gläubiger. Wir haben unseren Hauptgläubiger und Mehrheitsaktionär jedoch davon überzeugen können, seine Kredite in Aktien zu wandeln. Für HanseYachts hat dies auch den Vorteil, dass wir alte Kredite mit hohen Zinsen abzahlen und durch neue Kredite mit deutlich günstigeren Konditionen ersetzen können.

Gemeinsam mit ihrem Vorstandskollegen Sven Göbel haben Sie sich verpflichtet, im Rahmen der Kapitalmaßnahme nicht bezogene Aktien bis zu einem Betrag von insgesamt 230.000 Euro zu erwerben. Ist das auch ein Signal an den Markt, dass Sie den Bezugskurs von 3,80 Euro je Aktie für attraktiv halten?
Diese Frage möchte ich jetzt als Aktionär beantworten: Ich persönlich finde den Preis sehr attraktiv. Für mich ist die HanseYachts, so wie das Herr Göbel in einer der letzten Pressemitteilungen gesagt hat, derzeit eines der sichersten Produktionsunternehmen in Europa. Denn HanseYachts hat 17 Mio. Euro aus dem Rettungsschirm plus die Nettoerlöse aus der aktuellen Barkapitalmaßnahme an Liquidität zur Verfügung und nur knapp 4 Mio. Euro beim letzten Lockdown verloren. HanseYachts kann also eine Menge aushalten von dem, was die derzeit unbestimmte Zukunft noch bringen wird. Zugleich haben wir zuletzt einen Anstieg des Auftragseingangs im ersten Quartal 2020/21 um 85% gegenüber dem Vorjahr gemeldet. Das Vorjahr war noch dazu vor dem Lockdown ein weiteres auf Rekordniveau - das achte Jahr in Folge. Die Bootsbranche ist also ein Krisengewinner, so wie die Campinghersteller.

Auslöser für die aktuellen Kapitalmaßnahmen war im Wesentlichen eine Abschreibung auf Ihre Beteiligung am französischen Katamaran-Hersteller Privilège. War diese rein COVID-19-bedingt oder gab es auch andere Gründe hierfür?
Das war rein COVID-19-bedingt. Wir hatten vor einem Jahr einen ähnlichen Wert von Privilège in den Büchern und damals keine Abschreibungsbedarf. Inzwischen ist Privilège und auch deren Auftragsbuch gewachsen, trotzdem musste der Firmenwert herabgesetzt werden. Dies lag im Wesentlichen an der Corona-bedingten Verschiebung des Break-even, denn in Frankreich ist die Epidemie noch stärker in ihrer Wirkung auf die Firmen als in Deutschland. Außerdem ist der Faktor WACC, der für die Bewertung eine wesentliche Rolle spielt, allgemein gestiegen, was sich negativ auf die Unternehmensbewertung niederschlägt. Das hat nicht einmal etwas mit Privilège selbst zu tun.

Haben Sie Privilège zu teuer eingekauft?
Wir haben 5,4 Mio. Euro mit Aktien bezahlt und 0,5 Mio. Euro in Cash. Dafür haben wir eine Fabrik direkt am Atlantik bekommen, die eine Kapazität von 40 Mio. Euro Umsatz hat. Was wir dort bauen, wird einen Deckungsbeitrag im zweistelligen Millionenbereich erzeugen. Wir hatten einen klaren Fahrplan für die ersten 30 Mio. Euro Umsatz, mit dem wir den Einsatz schon herausgehabt hätten. Dieser Fahrplan wurde durch Corona nun etwas verschoben, wie bei allen Projekten in produzierenden Firmen weltweit derzeit, aber mit dem Virus haben wir ja alle nicht gerechnet. Grundsätzlich bleibt der Plan jedoch intakt und wird auch trotz Corona sehr viel günstiger bleiben, als eine vergleichbare Kapazität selbst aufzubauen.

Wie geht es mit Privilège nun weiter? Wann erwarten Sie den Break-even bei Ihrer französischen Tochter?
Ohne die Corona-Auswirkungen war der Break-even für Privilège für den Sommer 2020 geplant. Und die entsprechenden Aufträge dafür lagen auch vor. Inzwischen haben wir sogar noch mehr Aufträge, da Privilège im Lockdown fast ungebremst weiter verkauft hat, aber nur langsamer bauen konnte. In Corona-Zeiten ist es derzeit schwer, konkrete Prognosen zu stellen, zumal in Frankreich die Corona-Inzidenzen noch deutlich höher als in Deutschland sind. Dennoch sind wir optimistisch, dass wir mit Privilège noch im laufenden Geschäftsjahr 2020/21 den Turnaround schaffen werden.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Start ins Geschäftsjahr 2020/21? Entsprach der Ordereingang im ersten Quartal Ihren Erwartungen oder wirkt sich die Corona-Pandemie nach wie vor negativ auf das Neugeschäft aus?
Auf Seiten des Vertriebs sind wir sehr positiv überrascht. Obwohl wir praktisch keine Messen mehr haben, verkaufen wir rund 85% mehr als im Vorjahr. Dabei hat sich besonders ausgezahlt, dass wir die Anbahnung des Verkaufes stark digitalisiert haben. Die Kunden kommen derzeit lieber zum Handel oder gleich ganz nach Greifswald als auf große Veranstaltungen. Ein Boot ist derzeit der sicherste Platz, um Urlaub zu machen. In der Produktion werden uns in diesem Geschäftsjahr aber zwei komplette Monate fehlen, denn wir waren August und September in Kurzarbeit, verursacht durch fehlendes Material und auch verschobene Aufträge im ersten Lockdown. Derzeit läuft die Produktion jedoch wieder auf Rekordniveau und wir jagen den verpassten Monaten hinterher, diesen Rückstand bis Juni 2021 jedoch vollständig aufzuholen, wird nicht möglich sein.

Was bedeutet das für Ihre Planungen für das laufende Geschäftsjahr?
Das Jahresergebnis 2020/21 wird im Vorjahresvergleich deutlich besser ausfallen, da im vergangenen Jahr die Abschreibung auf das französische Geschäft erfolgt ist. Bedingt durch die Kurzarbeit im August und September 2020 werden allerdings trotz der tollen Auftragslage produzierte Schiffe, Umsatz und EBITDA im Vergleich zum Vorjahr voraussichtlich niedriger ausfallen, da wir im Geschäftsjahr 2020/21 zwar mit Schwierigkeiten, aber doch im gesamten Lockdown durchproduziert hatten. In zehn Monaten kann man nicht so viel produzieren wie in zwölf. Die Aufträge sind leider etwas zu spät gekommen, um die Kurzarbeit noch zu verhindern, außerdem hatte im Sommer auch Material gefehlt, weil Grenzen zu lange geschlossen waren.

Wie stark sind Sie produktionsseitig ausgelastet für die kommenden Monate? Und wie hoch ist Ihre Visibilität für die kommende Saison?
Wir sind schon heute ausverkauft bis Mai 2021. Wir haben noch Produktionsslots für sechs Wochen, anschließend könnten wir unter normalen Verhältnissen Umsatz und Ergebnis bis Juni 2021 präzise vorhersagen. Derzeit gibt es einen starken Run auf Boote. Kreuzfahrten sind out, weite Reisen praktisch unmöglich. Viele drängt es zum eigenen Campingmobil, aber so mancher findet ein Schiff doch deutlich eleganter, um einen perfekten Urlaub sicher mit der ganzen Familie zu unternehmen. Das wird sich auch nächste Saison nicht plötzlich ändern.

Wenn man das generelle Marktumfeld betrachtet: Was sind die größten durch COVID-19 ausgelösten Veränderungen in der Yacht-Branche?
Es hat sich viel verändert: Wir haben nun virtuelle Messen, viele Online-Konferenzen und alles digitalisiert. Dafür brauchen wir größere Show-Rooms und Parkplätze an den Standorten. Das hat langfristig Kostenvorteile. Die Kunden schätzen auch plötzlich wieder ihre lokalen Reviere wert. Man segelt wieder in Dänemark und Schottland und fliegt weniger weit weg. Dadurch kommen dann auch wieder kleine Boote, mehr Segelschiffe, und Boote mit Heizungen statt Klimaanlagen auf den Markt.

Herr Dr. Gerhardt, vielen Dank für das Interview.

Haftungsausschluss/Disclaimer: Das aktuelle Interview dient ausschließlich zu Informationszwecken. Die Meinungen und Aussagen der Interviewpartner spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich diejenige des Interviewpartners. Das Interview ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für Vermögensschäden wird keinerlei Haftung übernommen.







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