Interview

Dr. Seibold: Der Euro bleibt akut gefährdet

20.07.11 06:00 Uhr

Dies- und jenseits des Atlantiks sorgen sich die Anleger um ihr Geld. Finanzen.net sprach mit dem Vermögensverwalter Dr. Alexander Seibold.

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Finanzen.net: Dr. Seibold, macht Ihnen die Arbeit angesichts der zahlreichen Brandherde an den Finanzmärkten derzeit überhaupt noch Spaß?
Dr. Alexander Seibold:
Mehr denn je, schließlich sind wir nicht eindimensional aufgestellt. Durch unseren handelsorientierten Ansatz können wir nämlich in steigenden wie fallenden Märkten verdienen. Eine moderate Volatilität ist für uns von Vorteil. Es ist zwar nicht immer ganz einfach, die Richtung optimal zu erwischen – die aktuell erhöhte Volatilität betrachten wir allerdings eher als Bereicherung unseres Berufsalltags. Sie macht ihn vor allem eines – sehr spannend.

Mit Blick auf den Euro und den Dollar sehen sich viele Investoren angesichts der wachsenden Schuldenberge vor einer Wahl zwischen Not oder Elend. Wie sehen Sie die beiden Währungen?
Grundsätzlich befinden sich zwar beide Währungen derzeit nicht in sonderlich guter Verfassung, die Probleme des Euro betrachte ich allerdings als schwerwiegender. Die Querelen zwischen Demokraten und Republikanern bei der Diskussion um die Anhebung des Schuldenlimits in den USA ist in erster Linie politisch bedingt und dem anstehenden Wahlkampf geschuldet. Aus fundamentaler Sicht hat sich in den vergangenen Monaten an der Schuldensituation der USA kaum etwas geändert. In Europa haben sich die Probleme in Griechenland, Portugal und Italien hingegen erheblich verschlimmert. Ich gehe davon aus, dass der Euro sich noch gen Süden bewegen und weitere Kursverluste erleiden wird.

Ihre Vermögensverwaltung verfolgt als Investmentstrategie den Constant-Profit-Ansatz. Können Sie unseren Lesern dessen Besonderheiten näher erläutern?
Unser Investmentansatz zielt darauf ab, in jedem Quartal konstante, positive Renditen für unsere Mandanten zu erwirtschaften. Dies war 2010 aufgrund der Eurokrise zwar nicht immer möglich, doch historisch betrachtet sind wir mit dieser Strategie ausgesprochen gut gefahren. Je nach Risikoneigung begrenzen wir die maximal möglichen Wertverluste auf 0,1 Prozent pro Tag bei defensiven und 0,3 Prozent bei tendenziell offensiven Investoren. Das heißt Stopps müssen konsequent gesetzt und auch befolgt werden. Außerdem vermeiden wir Klumpenrisiken, also zu große Positionsgrößen. Das Overnight-Risiko sollte ebenfalls möglichst gering gehalten werden. Dabei nutzen wir zur Risikoreduktion zum Beispiel die von der Chicago Mercantile Exchange betriebene 24-Stunden-Futureshandelsplattform Globex.

Wie würde Ihre Strategie in der aktuellen Marktphase bei einem ausgewogenen Musterportfolio konkret aussehen?
Wir empfehlen, das Aktien-Exposure derzeit relativ gering zu halten und als Basisinvestment eine große Position deutscher Bundesanleihen zu „fahren“. Von Rohstoff- wie auch Edelmetallinvestments raten wir aufgrund der gegenwärtig zu hohen Volatilität und des bei Rohstoffen vorhandenen Währungsrisikos eher ab. Das gelbe Edelmetall scheint angesichts einer drohenden Blasenbildung auch keine echte Alternative zu sein. In den kommenden zwei bis drei Monaten bietet sich an, beim DAX noch abzuwarten und den Euro Stoxx 50 aufgrund der unübersehbaren Probleme zu shorten. Grundsätzlich halten wir auf mittlere Sicht einen weiteren Kursrückgang des Euro auf 1,30 US-Dollar für wahrscheinlich. Danach dürfte an den Aktienmärkten das Schlimmste überstanden sein. Beim DAX halten wir an unserem bisherigen Jahresendziel von 7.800 Zählern nach wie vor fest.

Zur Person:

Dr. Alexander Seibold ist geschäftsführender Gesellschafter der unabhängigen Vermögensverwaltung Dr. Seibold Capital GmbH mit Sitz in Gmund am Tegernsee.
Seibold war für internationale Großbanken in führenden Positionen in der Handelsabteilung und in der Portfolioberatung tätig und hat 2003 die Vermögensverwaltung gegründet. Dr. Seibold Capital konzentriert sich auf einen flexiblen, handelsorientierten Ansatz in der Vermögensverwaltung mit einem strengen Risikomanagement und laufender Überwachung der Depots.

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