Insolvenz

Wiener Regierung strebt verschärfte Strafen für Verschleierung nach SIGNA-Insolvenzen an

15.01.24 14:31 Uhr

Wiener Regierung strebt verschärfte Strafen für Verschleierung nach SIGNA-Insolvenzen an | finanzen.net

Nach dem Debakel um die österreichische Immobilien- und Handelsgruppe SIGNA will die Regierung in Wien gesetzlich gegen allzu verschachtelte Firmenkonstruktionen vorgehen.

Es dürfe keine legalen Verstecke mehr durch bestimmte Gesellschaftskonstruktionen geben, sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) der Nachrichtenagentur APA. Er sprach sich auch für höhere Strafen aus, wie die APA am Sonntag berichtete: "Bei Verweigerung von Bilanzlegungen gehören die Strafen vervielfacht", zitierte sie Kogler. Das Unternehmensrecht müsse so geändert werden, "dass von vornherein noch viel mehr offengelegt werden muss".

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Die SIGNA-Gruppe von Investor René Benko, zu der auch die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) gehört, ist extrem verschachtelt. Dazu gehören mehr als 1000 kleineren Gesellschaften. Sie war nach starkem Wachstum in der Niedrigzinszeit durch höhere Zinsen, gestiegene Baukosten und Energiepreise in extreme Schieflage geraten. Zahlreiche Gesellschaften haben Insolvenz angemeldet, ebenso wie Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern GKK. Durch die Verschachtelung hatte die Gruppe es geschafft, keine konsolidierte Konzernbilanz vorlegen zu müssen.

Zwei Untersuchungsausschüsse prüfen demnächst in Wien unter anderem Corona-Staatshilfen für Firmen der SIGNA-Gruppe und ob Finanzbehörden die Gruppe bevorzugt behandelt haben.

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Kosten von SIGNA Prime vorerst gedeckt - mittelfristig Geldspritze nötig

Der größten Immobilien-Tochter der insolventen Signa-Gruppe österreichischen Investors Rene Benko droht nach Ansicht ihres Sanierungsverwalters SIGNA der Insolvenz vorerst kein finanzieller Notstand.

Aus derzeitiger Sicht sei die laufende Finanzierung des operativen Betriebs der SIGNA Prime Selection laut vorgelegten Finanzplan gesichert, teilten die mit der Sanierung betrauftragten Abel Rechtsanwälte am Montag mit. Die finanziellen Mittel könnten jedenfalls durch die Verwertung des Immobilien-Portfolios erwirtschaftet werden, hieß es. Kurz- bis mittelfristig benötigt das Unternehmen nach Angaben des Kreditschutzverbandes KSV1870 jedoch eine Kapitalspritze von rund 300 bis 500 Millionen Euro.

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"Der weiteren Unternehmensfortführung der SIGNA Prime Selection sowie dem Abschluss eines Sanierungsplanes stehen nach derzeitigem Kenntnisstand keine unüberwindlichen Hindernisse entgegen", wird Rechtsanwalt Norbert Abel in der schriftlichen Mitteilung des Sanierungsverwalters zitiert. Im Interesse der Gläubiger gelte der Grundsatz: "Unternehmenssanierung vor Zerschlagung".

Unklar ist derzeit noch, ob von SIGNA-Investoren eine Kapitalspritze kommt. Laut KSV1870 laufen seit der Eröffnung des Sanierungsverfahrens intensive Verhandlungen über eine mögliche Überbrückungsfinanzierung, damit die Projekt- und Holdinggesellschaften zahlungsfähig bleiben. Nach vorliegenden Informationen bedürfe es kurz- bis mittelfristig einer Liquiditätsstärkung zwischen 300 und 500 Millionen Euro, teilte der KSV1870 mit. Früheren Medienberichten zufolge hatte SIGNA-Sanierungsvorstand Erhard Grossnigg von Bestandsinvestoren bis zum 15. Januar rund 350 Millionen Euro eingefordert.

Die SIGNA Prime ist das Flagschiff der Gruppe. Das Unternehmen umfasst die wichtigsten Immobilien, darunter das KaDeWe in Berlin, das Alsterhause in Hamburg, das Oberpollinger in München sowie den im Bau befindlichen "Elbtower" in Hamburg. Im Dezember wurde ein paar Wochen nach der Dachgesellschaft SIGNA Holding auch über die SIGNA Prime ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. In einem solchen Verfahren sollen die Gläubiger eine Quote von mindestens 30 Prozent erhalten. Am Montag fand die erste Gläubigerversammlung am Handelsgericht Wien statt. Dabei habe das Insolvenzgericht entschieden, dass es keine Gründe für die Entziehung der Eigenverwaltung gibt, teilte der Kreditschutzverband KSV1870 mit.

Insolvenzverwalter: Galeria ist bis zum Spätsommer durchfinanziert

Der insolvente Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) ist nach eigenen Angaben bis zum Spätsommer durchfinanziert. "Die Liquidität reicht weit über den Insolvenzgeldzeitraum, also bis in den Spätsommer, hinaus", sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus der Deutschen Presse-Agentur. Er will das Verfahren in einem Zeitfenster von sieben bis acht Monaten abschließen.

Galeria hatte am Dienstag einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Essen gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Ziel ist die Fortführung des Unternehmens. GKK, das zurzeit noch zur ebenfalls insolventen SIGNA -Gruppe zählt, sucht einen neuen Eigentümer. Gespräche haben bereits stattgefunden. Denkhaus zufolge gibt es "mehr als zwei" mögliche Interessenten. Näher wollte er sich dazu nicht äußern. In der kommenden Woche soll der Gläubigerausschuss über den Investorenprozess beraten, anschließend sollen die Verhandlungen beginnen.

"Galeria als Ganzes erhalten"

Galeria-Chef Olivier van den Bossche erwartet, dass das Unternehmen einen neuen Eigentümer findet. Mit einer Zerschlagung rechnet er nicht. "Ich sehe das Szenario ausdrücklich nicht. Es geht darum, Galeria als Ganzes zu erhalten." Das operative Geschäft sei zuletzt sehr gut verlaufen. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres, von Oktober bis Dezember, seien die Umsätze deutlich besser gewesen als im Vorjahr. Bei mehr als 60 Filialen sei man bereits profitabel.

Um die Vorteile eines bundesweiten Warenhauskonzernes weiterhin aufrechterhalten zu können, muss dem Galeria-Chef zufolge eine Mindestzahl an Standorten erhalten bleiben. "30 Häuser, wie gelegentlich berichtet wird, sind dafür viel zu wenig. Damit könnten wir nicht mehr von Größenvorteilen profitieren, zum Beispiel in Verhandlungen mit Lieferanten", so van den Bossche.

Mieten sollen neu verhandelt werden

Wie viele Filialen fortbestehen werden, lässt sich aktuell nicht absehen. Insolvenzverwalter Denkhaus will die Mietverträge für einige der Standorte neu verhandeln. Ziel seien marktübliche Mieten von sieben bis 12 Prozent des Umsatzes. In den Filialen, die sich in Immobilien im Besitz der SIGNA befinden, zahlt das Unternehmen demnach Mieten von bis zu 30 Prozent des Umsatzes.

Sollte es in den Verhandlungen kein Entgegenkommen geben, schließt Denkhaus nicht aus, dass Verträge gekündigt und Galeria-Filialen geschlossen werden müssen. "Wir werden konsequent sein. Ich erwarte bis Ende April Klarheit in der Frage der Mieten", sagte der Jurist. Die Verhandlungen könnten kompliziert werden. Bei einigen der Standorte muss Denkhaus mit Insolvenzverwaltern verhandeln, bei anderen mit nicht insolventen Immobiliengesellschaften.

Erlebnisfaktor im Mittelpunkt

Galeria-Chef van den Bossche ist überzeugt, dass der Warenhauskonzern eine Zukunft hat, da man den Kunden ein Erlebnis bieten könne. "Bei uns können sie einkaufen, Produkte in die Hand nehmen und anprobieren. Sie können verschiedene Services nutzen, sich mit anderen treffen, um etwas zusammen essen und zu trinken. Das alles geht online nicht." Bei der Neuausrichtung von Galeria soll dies künftig noch stärker in den Mittelpunkt gerückt werden.

Galeria betreibt aktuell 110 Filialen, 18 davon schließen im Laufe des Januars im Zuge des letzten, erst 2023 beendeten Insolvenzverfahrens. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 15 000 Menschen.

Die Bundesagentur für Arbeit hatte bereits angekündigt, den Mitarbeitern wieder Insolvenzgeld zu zahlen, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Der vorläufige Insolvenzverwalter Denkhaus muss ein Gutachten erstellen, aus dem hervorgeht, dass die Insolvenzantragsgründe gegeben und die Kosten des Verfahrens gedeckt sind. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird das Verfahren eröffnet.

WIEN (dpa-AFX) / Wien (Reuters)

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