Draghi äußert sich offensiver zu EZB-Bilanzgröße
Die EZB will die Bilanz aktiv um rund 1 Billion Euro ausweiten, wird aber erst im nächsten Jahr prüfen, ob die bislang ergriffenen Maßnahmen dazu ausreichen.
Mit diesen Ankündigungen von EZB-Präsident Mario Draghi sind Staatsanleihekäufe nun unausweichlich geworden und könnten am 22. Januar oder 5. März 2015 beschlossen werden.
An den Finanzmärkten hatten viele Akteure offenbar auf eine noch entschlossenere Gangart Draghis gehofft. Die Aktienkurse fielen, während der Euro fester notierte. Die EZB hatte ihre Zinsen zuvor auf dem niedrigsten Niveau der Geschichte gehalten.
Nach Draghis Worten strebt der Rat der Europäischen Zentralbank nunmehr an, dass die Bilanzsumme der Zentralbank wieder das Volumen erreicht, das sie Anfang 2012 hatte. Bisher war offen geblieben, ob es sich um ein Ziel handelt - oder nur um die Erwartung, dass die bereits beschlossenen Maßnahmen ausreichen werden, dieses Ziel zu erreichen.
"Es ist richtig, eine Erwartung ist etwas anderes als eine Absicht - es ist noch kein Ziel, sondern etwas dazwischen", sagte Draghi auf Nachfrage. Später fügte er hinzu: "Wir haben heute QE diskutiert, wo die Zentralbank Staatsanleihen kauft, aber auch andere Wertpapiere."
Draghi sagte weiter, der EZB-Rat werde Anfang 2015 prüfen, ob die bereits beschlossenen Maßnahmen zur Bilanzvergrößerung ausreichten. Allerdings heiße das nicht, dass das bereits bei der nächsten Ratssitzung geschehen werde. Diese findet am 22. Januar 2015 statt.
Kaum ein Beobachter glaubt, dass gezielte Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs), sowie der Ankauf von Kreditverbriefungen und Covered Bonds dafür ausreichen werden. Im Prinzip ist damit der Ankauf von Staatsanleihen - vor allem in Deutschland hoch umstritten - beschlossene Sache. Der nächste TLTRO wird am 11. Dezember begeben.
"Ich sehe eine Wahrscheinlichkeit von 75 zu 25, dass das Ganze im März angekündigt wird", sagte Alexander Krüger, der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. Der "Spuk Staatsanleihekäufe" werde nun Realität. Christian Schulz von der Berenberg Bank meinte: "Eine Absicht ist zwar noch kein Ziel, aber trotzdem ist die EZB ziemlich dicht an QE heran gerückt." Er rechnet für März oder Januar mit zusätzlichen EZB-Maßnahmen.
Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, beziffert die QE-Wahrscheinlichkeit nur auf über 50 Prozent.
EZB-Präsident Draghi machte klar, dass er sich von Gegenstimmen im EZB-Rat gegebenenfalls nicht abschrecken lassen würde. "Wir brauchen keine Einstimmigkeit für QE", sagte er. Auch für die Änderung des Wortlauts in Bezug auf die Bilanzsummengröße, die nun nicht mehr nur "erwartet", sondern "angestrebt" wird, stimmten laut Draghi nicht alle Ratsmitglieder.
Der EZB-Präsident deutete zudem an, dass er sich auch durch das beim Europäischen Gerichtshof schwebende Verfahren zum OMT-Programm der EZB nicht in seiner Handlungsfreiheit behindert sieht. "Staatsanleihekäufe sind ein legitimes geldpolitisches Instrument", sagte er.
Die aktuellen EZB-Stabsprojektionen zeigen unterdessen, dass sich der erwartete Inflationspfad immer weiter von Ziel der EZB entfernt, mittelfristig für knapp 2 Prozent Inflation zu sorgen. Laut den aktuellen Prognosen rechnet die EZB nun für 2015 und 2016 mit Inflationsraten von 0,7 und 1,3 Prozent. Zuvor waren es 1,1 und 1,4 Prozent gewesen. Die Prognose für das laufende Jahr sank auf 0,5 (zuvor: 0,6) Prozent.
Berenberg-Ökonom Schulz erwartet, dass diese Prognosen im März erneut nach unten revidiert werden müssen. Nach der Fertigstellung der aktuellen Projektionen ist der Ölpreis nach seiner Schätzung noch mal um 15 bis 20 Prozent gesunken.
Nach Draghis Aussage wird der seit Juni eingetretene Ölpreisrückgang den Harmonisierten Verbraucherpreisrückgang (HVPI) 2015 um 0,4 Prozentpunkte mindern und 2016 um 0,1 Punkt. Allerdings will die EZB noch genauer prüfen, welche direkten und indirekten Auswirkungen sowie Zweitrundeneffekte diese "bedeutende Preisentwicklung" haben wird.
Seit Juni habe die EZB Beschlüsse auf den Weg gebracht, die zu einer Vergrößerung der Bilanz führen würden und die Finanzierungsbedingungen deutlich gelockert hätten. Allerdings hätten diese Maßnahmen noch nicht ihre volle Wirkung entfaltet, man müsse also noch etwas abwarten, sagte Draghi. Auf der anderen Seite sei der Inflationsausblick im Juni und im September noch günstiger gewesen.
Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum im Euroraum 2015 und 2016 nahm der EZB-Stab auf 1,0 (1,6) und 1,5 (1,9) Prozent zurück. Für 2014 werden jetzt nur noch 0,8 (0,9) Prozent prognostiziert.
DJG/hab/apo Dow Jones NewswiresWeitere News
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