Idee abgelehnt

Credit Suisse-Aktie rutscht ab: UBS und Credit Suisse offenbar gegen Zwangsfusion - Schweizer Regierung spricht mit Finma und SNB

17.03.23 21:12 Uhr

Credit Suisse-Aktie rutscht ab: UBS und Credit Suisse offenbar gegen Zwangsfusion - Schweizer Regierung spricht mit Finma und SNB | finanzen.net

Die beiden Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse lehnen laut Kreisen einen Zwangszusammenschluss ab.

Die UBS ziehe es vor, sich auf ihr eigene Strategie zu konzentrieren und zögere, Risiken im Zusammenhang mit der Credit Suisse (CS) zu übernehmen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstag unter Berufung auf gut informierte Kreise. Der Rivale Credit Suisse will sich dagegen laut dem Bericht Zeit lassen, um den Turnaround zu schaffen, nachdem er von der SNB eine Liquiditätshilfe erhalten hat.

UBS sowie Credit Suisse sähen eine Übernahme nur als möglichen letzten Ausweg an, berichtet die Agentur weiter. Denn eine solche Transaktion wäre mit erheblichen Hürden und Überschneidungen verbunden.

Schweizer Regierung bespricht Credit Suisse mit Finma und SNB

Die Schweizer Regierung (Bundesrat) hat sich am Donnerstag mit der Situation der krisengeplagten Credit Suisse beschäftigt.

"Der Bundesrat hat sich heute Nachmittag von der Finanzmarktaufsicht und der Schweizerischen Nationalbank über die Situation der Credit Suisse orientieren lassen", erklärte eine Regierungssprecherin am Donnerstag auf Anfrage. "Über den Inhalt dieser Sitzung wird nicht informiert." Die Bundeskanzlei verwies auf die gemeinsame Mitteilung von Finma und SNB am Mittwochabend, wonach die Notenbank dem Institut bei Bedarf Liquidität zur Verfügung stellt.

Wenige Stunden nach der Veröffentlichung der Mitteilung kündigte Credit Suisse an, dass sie bei der SNB Kredite im Volumen von bis zu 50 Milliarden Franken aufnehmen will. Anleger sind aber nicht sicher, ob die Bank damit die Abflüsse von Kundengeldern stoppen und in ruhigere Gewässer steuern kann. Als ein mögliches Szenario zur weiteren Stabilisierung der Lage gilt Staatshilfe.

Credit Suisse wieder deutlich im Minus

Die Aktien der stark angeschlagenen Credit Suisse sind am Freitagmittag wieder deutlich unter Verkaufsdruck geraten. Am Freitag notierten die CS-Aktien der Schweizer Börse SIX nach anfänglichen Gewinnen zu Handelsschluss 8,01 Prozent tiefer bei 1,86 Franken. Papiere der UBS verloren letztlich 1,16 Prozent auf 17,11 Franken. Vom Rekordtief am Mittwoch bei 1,55 Franken bleiben die CS-Aktien aber noch ein Stück entfernt.

Die Anleger bleiben nervös, zumal in der gesamten Bankenbranche nach dem Zusammenbruch einer US-Regionalbank Unruhe herrscht. Die Beruhigung vom Donnerstag dank Krediten von bis zu 50 Milliarden Franken von der Schweizerischen Notenbank an die Credit Suisse scheint verpufft.

Bereits am Vortag hatte Susannah Streeter vom Vermögensverwalter Hargreaves Lansdown darauf hingewiesen, dass das Rettungspaket zwar die Sorgen über einen größeren Ansturm auf die Credit Suisse dämpfe, die Ankündigung, Notfallmittel der Schweizerischen Nationalbank in Anspruch zu nehmen, unterstreiche zugleich aber auch, wie fragil der Kreditgeber geworden sei.

Nur ganz Mutige trauen sich denn auch, die Aktien der Bank zu kaufen, die laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg vom Freitagmorgen weiter auf einen eigenständigen Turnaround setzt. Ein Zwangszusammenschluss mit der UBS stößt informierten Kreisen zufolge jedenfalls auf Ablehnung.

Mittlerweile wird die Kursentwicklung wohl auch stark von Spekulanten getrieben, insbesondere von Leerverkäufern, die auf fallende Kurse setzen.

Anleger ziehen Geld aus Credit-Suisse-Fonds ab

In der ersten Wochenhälfte haben private und Profi-Anleger unter dem Strich hunderte von Millionen Dollar aus gut 300 in den USA und Europa verwalteten Fonds der Credit Suisse abgezogen.

Vom 13. bis zum 15. März summierten sich die Abflüsse auf mehr als 450 Millionen Dollar, wie Morningstar Direct am Freitag mitteilte. Daten für die Zeit nach dem 15. März waren noch nicht verfügbar, so Morningstar. Zudem berichteten nicht alle Fonds der Credit Suisse täglich über Zu- und Abflüsse. Im Sog der Krise rund um die Silicon Valley Bank erodierte das Vertrauen in Credit Suisse im Verlauf der Woche, sodass die Großbank in der Nacht auf Donnerstag einen Rettungsring der Schweizerischen Nationalbank ergriff.

Vertrauen in Credit Suisse bröckelt erneut

Banken-Turbulenzen halten die Finanzwelt weiter in Atem: Trotz eines milliardenschweren Stützungspakets steht die angeschlagene Schweizer Großbank Credit Suisse an der Börse schon wieder unter Druck. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht aber keine Gefahr einer neuen großen Krise in Deutschland und Europa: "Die Gefahr sehe ich nicht", sagte er. Das Geldsystem sei nicht mehr so fragil wie vor der Finanzkrise. Auch in den USA bleibt die Situation nach einer konzertierten Hilfsaktion großer Geldhäuser für eine taumelnde Regionalbank angespannt. Die EZB-Bankenaufsicht wollte sich am Freitag in einer Sondersitzung mit den Problemen befassen.

Scholz erwartet nach dem Zusammenbruch des Start-up-Finanzierers Silicon Valley Bank, mit dem das Bankenbeben vergangene Woche begann, und den Turbulenzen rund um die Credit Suisse keine Konsequenzen für deutsche Sparer. Die Einlagen seien sicher, sagte er dem "Handelsblatt": "Wir leben in einer völlig anderen Zeit", sagte er mit Blick auf Vergleiche mit der Finanzkrise 2008 dem Blatt.

US-Präsident Joe Biden fordert ein härteres Vorgehen gegen Führungskräfte von kriselnden Finanzkonzernen. "Niemand steht über dem Gesetz - die Haftung zu verstärken, ist ein wichtiges Abschreckungsmittel, um schlechtes Management in der Zukunft zu vermeiden", sagte Biden am Freitag. Der US-Präsident appellierte an den Kongress, einer Verschärfung der Gesetze zuzustimmen. "Wenn Banken aufgrund von Missmanagement versagen, sollte es einfacher für Aufsichtsbehörden sein, Gehälter von Führungskräften zurückzuholen, zivilrechtliche Strafen zu verhängen und Geschäftsführer von zukünftigen Tätigkeiten in der Bankenbranche auszuschließen."

Eine Sprecherin der Europäischen Zentralbank (EZB) sagte, das Aufsichtsgremium treffe sich zum Meinungsaustausch und um die Mitglieder über aktuelle Entwicklungen im Bankensektor zu informieren. Bereits Anfang der Woche gab es eine Sondersitzung. Bankaufseher treffen sich in derartigen Situationen meist regelmäßig. Die Notenbank hatte zuvor betont: "Der Bankensektor des Euroraums ist widerstandsfähig: Kapital- und Liquiditätspositionen sind solide."

Auf ein Milliarden-Stützungspaket der Schweizerischen Nationalbank für die Credit Suisse in Europa folgte am Donnerstag eine koordinierte Rettungsmaßnahme für ein weiteres strauchelndes Geldhaus in den USA. Die RegionalbankFirst Republic erhält angesichts von Liquiditätssorgen und heftigen Kursverlusten an der Börse eine insgesamt 30 Milliarden Dollar schwere Finanzspritze von den größten US-Geldhäusern, darunter JPMorgan, Citigroup, Bank of America und Wells Fargo. Der Schritt sei "höchst willkommen" und demonstriere die Widerstandskraft des Bankensystems, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von Finanzministerium und Notenbank Federal Reserve.

An der Börse bleibt die Nervosität jedoch hoch: Die Aktien der Credit Suisse gingen am Freitag erneut auf Talfahrt und rutschten zeitweise wieder zweistellig bis auf 1,767 Franken ab. Die Schweizerische Nationalbank hatte dem kriselnden Finanzkonzern ein Hilfspaket in Form von Krediten von bis zu 50 Milliarden Franken (knapp 51 Mrd. Euro) zur Verfügung gestellt. Doch die Maßnahme sorgte bei Credit-Suisse-Aktionären nur vorübergehend für Beruhigung, auch wenn der Kurs noch etwas vom Rekordtief bei 1,55 Franken vom Mittwoch entfernt blieb. Derweil ging es für die First Republic Bank im US-Handel zwischenzeitlich um über 25 Prozent nach unten.

Europa muss jedoch aus Sicht des Finanzexperten Gerhard Schick in Sachen Bankenregulierung gegenüber den USA aufholen, um für den Ernstfall gewappnet zu sein. Bei der Schieflage der kalifornischen Silicon Valley Bank habe die US-Einlagensicherung direkt eingreifen und sehr schnell Stabilität schaffen können, sagte der Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende im "Morgenmagazin" der ARD. "In Europa haben wir bisher eine solche Behörde, die Abwicklung und Einlagensicherung verbindet, nicht." Hier sei die Bankenunion auf halbem Wege stecken geblieben. "Das müsste man jetzt unbedingt angehen", sagte der frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen.

Trotz der Unsicherheiten in der Bankenbranche hob die EZB die Zinsen am Donnerstag weiter an. Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau sieht darin ein wichtiges Signal gegen die starke Teuerung. "Das ist ein Vertrauen in unsere Anti-Inflationsstrategie, und das ist ein Vertrauen in die Solidität unserer europäischen und französischen Banken", sagte das EZB-Ratsmitglied am Freitag dem Radiosender BFM Business. "Die französischen und europäischen Banken sind sehr solide." Die EZB hatte zum sechsten Mal in Folge den Leitzins erhöht, um weitere 0,5 Punkte auf 3,5 Prozent.

Wie angespannt die Situation im US-Bankensektor zuletzt war, zeigte sich am Donnerstag an Daten der Notenbank. In den sieben Tagen bis 15. März gab die Fed über ihr als Diskontfenster bezeichnetes Programm zur Notliquiditätsversorgung die Rekordsumme von 152,85 Milliarden Dollar an Finanzinstitute aus. Damit wurde der bisherige Höchstwert von 111 Milliarden Dollar aus der Finanzkrise 2008 übertroffen. Zum Vergleich: In der Vorwoche hatten die Banken lediglich 4,58 Milliarden Dollar aus dem Diskontfenster beansprucht. Zusätzliche 11,9 Milliarden Dollar flossen aus dem am Sonntag von der Fed eingerichteten Notfallprogramm "Bank Term Funding Program", wo Banken anonym Kredite zu besonders günstigen Konditionen erhalten.

Die ehemalige Mutter der kollabierten Silicon Valley Bank, SVB Financial Group, hat Konkurs angemeldet. Der Konzern gab am Freitag bekannt, bei einem Gericht in New York Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts beantragt zu haben. Anders als der Mutterkonzern hatte die Silicon Valley Bank als Geschäftsbank und Teil des Federal Reserve Systems selbst kein Anrecht auf ein Insolvenzverfahren. Ihre Vermögenswerte wurden per regulatorischer Anordnung an die US-Einlagensicherung FDIC übertragen.

Seit Tagen bemüht sich die US-Regierung, die Lage zu entspannen - bislang hielt sich der Erfolg in Grenzen. Nach dem Zusammenbruch des Start-up-Finanzierers Silicon Valley Bank - dem größten Kollaps eines US-Geldhauses seit der Finanzkrise 2008 - hatte die US-Regierung am Wochenende mit einer weitreichenden Einlagengarantie versucht, die Nerven von Bankkunden im Land zu beruhigen. Am Donnerstag betonte Finanzministerin Janet Yellen bei einer Kongressanhörung in Washington erneut, dass das Bankensystem stabil und sicher bleibe und kein Grund zur Sorge um Einlagen bestehe. "Die Regierung hat entschiedene und energische Maßnahmen ergriffen", sagte Yellen.

ZÜRICH/LONDON (dpa-AFX/Reuters)

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