Kursziele auf Chinesisch: M steht wohl für mangelhaft
Im vergangenen Jahr hat sich der "Verein für in Deutschland notierte chinesische Unternehmen" gegründet. Seit Neuestem gibt es einen Verhaltenskodex.
von Jörg Lang, Euro am Sonntag
Der besagt nicht mehr, als dass man sich an deutsche Gesetze halten wolle. Wenig innovativ, handelt es sich doch bei den Firmen ausnahmslos um deutsche AGs. Das ist so, als ob etwa BASF sagen würde: Wir halten uns von jetzt ab an Gesetze. Angesichts einer langen Liste auch in Medien kursierender Vorwürfe über Tricksereien, aufgeblähte Bilanzen und unklare Besitzverhältnisse hätte mehr rausspringen müssen.
Wie wäre es mit einem Fonds für geschädigte Anleger? In den Topf könnte auch Bank M einzahlen. Die Frankfurter Investmentbank betreut eine Reihe chinesischer Werte und lag bei ihren Einschätzungen nicht selten daneben. Beispiel gefällig? Am 2. Juni 2014 ermittelten die Analysten für Youbisheng Green Paper, einen Hersteller von Verpackungsmaterial, einen fairen Wert von 12,97 Euro je Aktie. Einige Wochen später musste die deutsche Mutter Insolvenz anmelden. Einen Zugriff auf Konten und Produktionsanlagen konnten die deutschen Organe - oder was davon übrig blieb - nicht erlangen. Das ist kein Einzelfall. Im Mai 2012 bescheinigten die Analysten der Modefirma Kinghero bei einem Kurs von zehn Euro einen fairen Wert von 37 Euro. Es folgte der Totalverlust.
Bei Ultrasonic, einem Hersteller von Schuhen und Schuhsohlen, errechnete Bank M am 5. September einen Wert von 22,44 Euro je Aktie. Offensichtlich hinterfragten die Experten die Zahlen nicht kritisch. Wie soll es möglich sein, ohne nennenswerte Investitionen in der hart umkämpften Bekleidungsindustrie in China Traummargen zu erzielen? Das Ergebnis ist nun zu sehen. Das Management hat sich aus dem Staub gemacht und, so meldet das Unternehmen, wohl auch die Konten geräumt. Die Insolvenz droht, der Aktienkurs ist auf rund einen Euro eingebrochen. Die beiden letzten Studien vom 8. und 9. September widmete Bank M den Firmen Tintbright und VanCamel und empfiehlt beide Werte mit Kurszielen weit jenseits des aktuellen Niveaus zum Kauf. Beide Firmen haben sich ohne Kapitalerhöhung an der Börse notieren lassen und dicke Dividenden versprochen. Die wurden auch gezahlt, aber die absluten Beträge waren zu vernachlässigen.
Das Ganze sieht nach einem Lockangebot aus, um Anleger zu ködern, die auf eine nachhaltige Dividendenzahlung hoffen. Bei Analysten sollten aber spätestens dann die Warnglocken läuten, wenn Firmen ihre Aktien unterhalb des bilanzierten Nettobargeldbestands platzieren - wie es bei Tintbright und VanCamel der Fall ist. Als ob Chinas Unternehmer Bargeld verschenken. So gesehen besteht die Gefahr, dass Firmen, die mit vermeintlichen Traummargen und Topbilanzen glänzen, eher mit negativen Überraschungen aufwarten, als dass sie die Kursziele von Bank M, die um Faktor vier bis fünf über den Notierungen liegen, jemals erreichen.
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