AstraZeneca will in Dessau investieren - Experten und WHO empfehlen Einsatz des AstraZeneca-Impfstoffs
AstraZeneca will die Herstellung von Corona-Impfstoff beschleunigen und dabei eng mit der Firma IDT Biologika in Dessau zusammenarbeiten.
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Beide Unternehmen hätten eine Absichtserklärung unterzeichnet, teilte AstraZeneca am Mittwoch mit. In Dessau in Sachsen-Anhalt sollen zusätzliche Produktionsanlagen entstehen.
Man prüfe Möglichkeiten, im zweiten Quartal die Auslieferung des COVID-19-Impfstoffs von AstraZeneca zu erhöhen, um den Bedarf in Europa decken zu helfen, erklärte der britisch-schwedische Hersteller. Zudem wollten beide Firmen "große zusätzliche Wirkstoff-Kapazitäten für die Zukunft" aufbauen. Dazu wollten beide Unternehmen in den IDT-Biologika-Standort in Dessau investieren, hieß es weiter.
Dort sollten bis zu 5 2000-Liter-Bioreaktoren entstehen, in denen eine zweistellige Millionenzahl von Impfdosen pro Monat produziert werden könnten. Die neuen Anlagen sollen jedoch erst Ende 2022 betriebsbereit sein. Sie könnten auch von anderen Firmen mit ähnlicher Impfstoff-Technologie genutzt werden, erklärte AstraZeneca weiter. Damit entstünde bei IDT Biologika eine der größten Impfstoffanlagen dieser Art in Europa.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lobte die Zusammenarbeit als einen weiteren wichtigen Schritt für die Bundesrepublik. "Deutschland wird in dieser Pandemie immer mehr zu einem wichtigen Impfstoff-Hub", teilte er am Mittwoch mit. "Das hilft uns in dieser Pandemie, ist aber auch eine Stärkung des Pharma-Standorts Deutschland für die 20er-Jahre."
IDT-Biologika-Chef Jürgen Betzing erklärte: "Wir sind stolz, dass AstraZeneca uns als strategischen Partner für die Herstellung seiner Impfstoffe ausgewählt hat." AstraZeneca-Chef Pascal Soriot betonte, die Vereinbarung werde Europa helfen, eine eigenständige Herstellung von Impfstoffen aufzubauen. Soriot dankte der Bundesregierung und der EU-Kommission für ihre Bemühungen.
Die EU-Kommission hatte 400 Millionen Impfdosen von AstraZeneca bestellt, das Vakzin ist inzwischen auch in der EU zugelassen. Der Hersteller teilte jedoch kurzfristig mit, im ersten Quartal weit weniger liefern zu können als zuvor angekündigt - nur 40 Millionen statt 80 Millionen Dosen.
WHO empfiehlt Einsatz von AstraZeneca-Impfstoff
Trotz Berichten über Schwächen des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den weiteren Einsatz. Erste Studien aus Südafrika zeigten zwar deutlich weniger Wirksamkeit, um relativ milde Krankheitssymptome zu verhindern, sagte Alejandro Cravioto, der Vorsitzende eines Expertenrats, der die WHO in Impffragen berät. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass der Impfstoff nicht gegen schwere Verläufe von COVID-19 schütze. Der Rat empfahl deshalb, den Impfstoff weiter einzusetzen. Die WHO schloss sich der Empfehlung an.
"Die Studienergebnisse aus Südafrika sind wichtig, aber nicht eindeutig", sagte die WHO-Impfexpertin Kate O'Brien. Unstrittig sei, dass der AstraZeneca-Impfstoff gegen andere Virusvarianten sehr effektiv sei. Deshalb würden viele Länder von dem Einsatz profitieren, denn die südafrikanische Variante des Virus, B 1351, sei längst nicht in allen Ländern verbreitet.
Selbst dort, wo die südafrikanische Variante vorkomme, gebe es keinen Grund, den Impfstoff nicht einzusetzen, sagte Cravioto. Es sei bei allen Impfstoffen üblich, dass die Wirksamkeit bei relativ milden Krankheitsverläufen weniger deutlich sei als bei schweren Verläufen, sagte O'Brien. "Es ist plausibel zu erwarten, dass dieser Impfstoff gegen schwere Krankheitsverläufe wirksam ist." Zudem sei die für eine Immunantwort wichtige Reaktion der T-Zellen stark.
Der Unabhängige Expertenrat zu Impfungen (SAGE) besteht aus 26 Wissenschaftlern. Er prüft Studien und Angaben zu allen Impfstoffen und gibt dann eine Empfehlung ab, ob und wie diese eingesetzt werden sollen. Für die Corona-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna gibt es bereits eine Empfehlung.
Im Fall von AstraZeneca empfahl der Rat den Einsatz des Impfstoffs ohne Altersbegrenzung. Es gebe zwar wenig Daten über die Wirksamkeit bei Menschen über 65, aber auch keinen Hinweis darauf, dass er bei älteren Menschen weniger wirksam sei. Cravioto sagte: "Wir gehen davon aus, dass die Reaktion der älteren Menschen auf den Impfstoff nicht anders ist." Die beiden Spritzen sollten im Abstand von acht bis zwölf Wochen verabreicht werden.
O'Brien betonte, dass alle Geimpften - unabhängig davon, welcher Stoff ihnen verabreicht wurde - weiterhin alle Corona-Regeln umsetzen müssten, also auch Abstand halten und Maske tragen. Dies sei wichtig, weil man nach einer Impfung zwar selbst ein geringeres Risiko schwerer Krankheitsverläufe habe, andere aber wahrscheinlich weiter anstecken könne.
Die Empfehlungen dürften Musik für die Ohren der britischen Regierung sein. In Großbritannien werden Impfungen bereits seit längerer Zeit im Abstand von zwölf Wochen verabreicht. Erst am Mittwoch hatte die britische Gesundheitsbehörde mitgeteilt, dass eine Abwandlung der dort vorherrschenden Virus-Variante inzwischen auch Merkmale trägt, die von der südafrikanischen Mutante bekannt sind. London dürfte daher froh sein, dass die WHO das Vertrauen in den Impfstoff des britisch-schwedischen Konzerns gestärkt hat.
Die WHO hat bislang nur dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer eine Notfallzulassung erteilt. Das ist Voraussetzung für den Ankauf und Einsatz von Impfstoffen durch UN-Organisationen. Viele Länder, die keine eigenen Kapazitäten zur Beurteilung von Impfstoffen haben, nehmen dies als Grundlage für ihre eigene Entscheidung.
In Europa ist die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) für die Prüfung zuständig. Sie berät die EU-Kommission, die über eine Zulassung entscheidet. Sie hat bislang drei Corona-Impfstoffe genehmigt: die von BioNTech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca.
(dpa-AFX)
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