Handelsstreit

Experten mehr als skeptisch: Warum Donald Trump den Teilhandelsdeal unbedingt herbeireden will

16.10.19 21:40 Uhr

Experten mehr als skeptisch: Warum Donald Trump den Teilhandelsdeal unbedingt herbeireden will | finanzen.net

Die einen feiern es als Durchbruch im Zollstreit, die anderen als erste kleine vorsichtige Annäherung: Der Teilhandelsdeal zwischen den USA und China wird unterschiedlich bewertet. Skeptisch zeigen sich insbesondere Wall Street-Anleger, die nicht an einen echten Deal glauben.

• Trump verkündet teilweise Einigung im Handelskrieg
• Experten deutlich skeptischer über die Zollsituation
• Teilabkommen noch lange nicht finalisiert

Der Handelsstreit zwischen den USA und China hält die Finanzmärkte seit geraumer Zeit in Atem. Immer wieder gab es vermeintlich kleine Fortschritte zu vermelden, die sich schlussendlich aber als vergebliche Hoffnung auf ein Ende des Konflikts erwiesen hatten. Nun haben die beiden Parteien einen Teil-Deal ausgehandelt - doch die Wall Street bleibt skeptisch.

Deal wirft Fragen auf

Am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump nach einem seit mehr als einem Jahr andauernden Handelsstreit die Einigung auf ein Teilabkommen mit China verkündet. Er nannte dies "Phase eins", der noch zwei weitere Phasen folgen sollen. Man habe sich unter anderem bei den Themen Schutz geistigen Eigentums, Finanzdienstleistungen, Währungsfragen und Agrarprodukte einig werden können, so Trump.

Weniger euphorisch kommentierte die andere Seite die Annäherung: Es gebe substanzielle Fortschritte in den Verhandlungen. "Es muss noch viel Arbeit geleistet werden, damit beide Seiten zu einem endgültigen Ergebnis kommen", war aus China zu hören. Die Chinesen sprechen also nicht von einer Einigung, sondern beharren darauf, dass weitere Verhandlungen nötig seien. Bei Bloomberg heißt es, ein Deal sei noch nicht wortwörtlich vereinbart worden, Unterschriftsreife könnte das Abkommen möglicherweise bis zu einem Asien-Pazifik-Gipfel im November in Chile erreichen.

Wall Street ebenfalls wenig überschwänglich

Und auch Experten an der Wall Street sehen den erreichten Zwischenstand weniger euphorisch als US-Präsident Trump. Zwar waren die US-Börsen in einer ersten Reaktion am Freitag gestiegen, zwischenzeitlich hat aber Skepsis die Oberhand gewonnen.

Denn das einzig greifbare Ergebnis der Verhandlungen ist, dass die für Dienstag angekündigte Anhebung von Strafzöllen von 25 auf 30 Prozent für chinesische Importe im Wert von 250 Milliarden US-Dollar nicht durchgesetzt wurde. Dass die Chinesen im Gegenzug - noch vor Unterzeichnung des Deals - damit beginnen, massiv US-Agrarprodukte zu importieren, die sich schlussendlich auf einen Wert von 40 bis 50 Milliarden US-Dollar belaufen sollen, wurde von China unterdessen nicht bestätigt. Und auch Experten halten dies für wenig wahrscheinlich, denn das würde das jährliche Importvolumen US-amerikanischer Agrargüter quasi verdoppeln.

Dass der Handelsstreit nun auf dem Weg zu einer endgültigen Lösung ist, davon sind Analysten alles andere als überzeugt. So zeigte sich unter anderem Art Cashin von der Schweizer UBS skeptisch: "Ich glaube nicht, dass das gute Gefühl bis Weihnachten anhalten wird. Ich denke, das könnte ein vorübergehender Waffenstillstand sein, der nicht lange hält", so der Experte gegenüber CNBC. Weder ändere der Teil-Deal etwas an den Aussichten für geringeres Wachstum im Jahr 2020, noch beende er die Handelsstreitigkeiten.

Und auch Marc Chandler, Chefmarktstratege bei Bannockburn Global Forex, sieht die Sache ähnlich: "Der Kalte Krieg wird nicht verschwinden, nur weil der es im Tarifkrieg einen Waffenstillstand gibt".

Noch skeptischer zeigt sich Chris Krueger, Senior Policy Analyst bei Cowen: "Die Zölle waren nur die Speerspitze in Trumps Handelskrieg", erklärte er in einer Kundenmitteilung, aus der CNBC zitiert. "Die nächsten Fronten - Kapitalflüsse, [mehr] Exportkontrollen, Druck auf die Lieferkette, Industriepolitik" sind seiner Ansicht nach bereits in Sicht. Die Auswirkungen dieser nächsten Runde in den Handelskriegen "können exogene Schocks für das globale System hervorrufen, die die Zölle in den Schatten stellen können", so Krueger weiter.

Donald Trump beharrt auf den Deal

Donald Trump beharrt unterdessen weiter darauf, dass "Phase 1" bald unterschrieben werden kann und direkt in "Phase 2" übergehen wird.

Doch Trump braucht den Deal möglicherweise mehr als die Chinesen, denn der US-Präsident sieht sich im eigenen Land mit einem drohenden Amtsenthebungsverfahren konfrontiert. Zwar spricht der Republikaner immer wieder von einer "Hexenjagd" durch die Demokraten und streitet alle Vorwürfe ab, doch die Stimmung in den Vereinigten Staaten ist aufgeheizt. Ein Amtsenthebungsverfahren - auch wenn das tatsächliche Impeachment unwahrscheinlich sein dürfte - sorgt dafür, dass der US-Präsident angeschlagen ist und macht ihn im kommenden Wahlkampf möglicherweise angreifbarer.

Eine Einigung im Zollstreit würde in dieser Situation die Gemüter im Land möglicherweise beruhigen.

Redaktion finanzen.net

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