Halvers Kapitalmarkt-Monitor Robert Halver

Japans Notenbank und Nebenwirkungen der Trumponomics als Risiken für den Aktienmarkt?

24.01.25 14:23 Uhr

Japans Notenbank und Nebenwirkungen der Trumponomics als Risiken für den Aktienmarkt? | finanzen.net

Aufgrund einer endlich überwundenen Endlos-Deflation und konjunktureller Aufhellungen ließen sich mit japanischen Aktien in den letzten beiden Jahren solide Gewinne erzielen. Wie viel Ernüchterung geht jetzt aber von einer offensichtlich zinserhöhungswilligen Bank of Japan aus?

Von besonderer Wichtigkeit ist vor allem aber, inwiefern Marktrisiken von der Agenda Trumps ausgehen.

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Geht Japans aufgehende Konjunktur-Sonne wieder unter?

Aktuell lahmt die Weltkonjunktur. China als einer ihrer wichtigsten Treiber kommt noch nicht in Schwung. Zudem schwebt Trumps Damoklesschwert von US-Zöllen über der exportsensitiven japanischen Wirtschaft.

Zunächst jedoch werden andere Volkswirtschaften den Fehdehandschuh der Trumponomics aufgreifen und über die eigene Konjunkturverbesserung auch zum weltweiten Wachstum beitragen. Daneben will sich Japan mit der neuen amerikanischen Regierung arrangieren und ist zu Zugeständnissen bereit. Schmerzlindernd wirkt zudem die Verschiebung von Lieferketten, die westliche Firmen zur Abhängigkeitsverringerung von China in Richtung Japan verlagern. Auch stößt die Ansiedlung von Produktionsstätten für Vorprodukte wie z.B. Halbleiter weitere Neuinvestitionen an.

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Ohnehin, dass Japan mit positiven Rückkopplungen zwischen steigenden Löhnen und Preisen der langjährigen Deflationsfalle entkommen ist, wirkt sich stabilisierend auf die Kaufneigung aus. Zurückhaltender Konsum, weil es morgen billiger wird, gehört der Vergangenheit an. Ebenso werden die von Tokio beschlossenen Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung von umgerechnet 250 Mrd. US-Dollar ihre positive Wirtschaftswirkung nicht verfehlen. Nach der Konjunkturdelle im vergangenen Jahr rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) immerhin wieder mit einer leichten Wachstumsbelebung von 1,1 in diesem und 0,8 Prozent im nächsten Jahr.

Stabilitätspolitik der Notenbank schlecht für Japan und die gesamte Finanzwelt

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Japans Staatsverschuldung wird Ende 2025 bei weit mehr als dem Doppelten (konkret: 248 Prozent) der Wirtschaftsleistung liegen. Daher hat die Bank of Japan (BoJ) weiterhin kein Interesse an orthodoxer Stabilitätspolitik. Sie bleibt zur Inflationstoleranz gezwungen, um den Effekt künstlicher Entschuldung über Preissteigerungen zu nutzen. Auch wird sie die Binnenwirtschaft als zweites Konjunkturstandbein kaum mit herzhaften Zinserhöhungen abwürgen.

Daran ändert auch ihre Leitzinserhöhung von 0,25 auf 0,5 Prozent nichts, die relativ zwar gewaltig aussieht - höchster Notenbankzins seit 17 Jahren - sich absolut aber sehr verhalten darstellt. Die Devisenmärkte, die zwischenzeitlich aufgrund von Zinserhöhungsängsten mit spürbaren Aufwertungen des Yen reagierten, spiegeln diesen Unterschied mittlerweile deutlich wider. Tatsächlich betont BoJ-Chef Ueda, dass man auch zukünftig vorsichtig vorgehen werde, um Negativauswirkungen zu verhindern. Und überhaupt sei völlig offen, ob und wenn ja, wann ein nächster Zinsschritt erfolgt. Tatsächlich sind die sommerlichen Volatilitäts-Schock einer klaren Beruhigung gewichen.

Insgesamt wird die BoJ auch zukünftig mit ihren Zinserhöhungen nicht zu weit gehen können und ihre grundsätzlich lockere Geldpolitik beibehalten. Im Übrigen ist ein schwacher Yen geeignet, um über importierte Inflation latente Deflationskräfte zusätzlich zu überwinden.

Daher ist im Gegensatz zu Fed und EZB, die sich in puncto Liquiditätsabzug deutlich strenger mit Folgen für Zinsen zeigen, kein entsprechender Anstieg der japanischen Anleiherenditen zu erwarten.

Damit bleibt die BoJ ebenso ihrer grundsätzlichen Funktion als Liquiditätsmaschine der Welt - Geldaufnahme zu günstigen Yen-Wechselkursen und Zinsen sowie Anlage in höherrentierliche weltweite Investments - treu. Die Finanzmärkte werden weiter geschmiert.

Japans Aktien haben Steherqualitäten

Die Yen-Schwäche begünstigt auch eine "Inflation" der japanischen Unternehmensgewinne, was der fundamentalen Aktienphantasie zugutekommt.

Überhaupt fördert die von der japanischen Finanzaufsicht eingeleitete Entflechtung von Großkonglomeraten zur Verbesserung der Transparenz, Wettbewerbsoffenheit und des Einsatzes von Finanzmitteln die strukturellen Gewinnaussichten japanischer Unternehmen. Diese Prozesse haben vor über 20 Jahren auch dem deutschen Aktienmarkt unter die Arme gegriffen.

Auf 12-Monats-Sicht ist das erwartete Gewinnwachstum im japanischen Topix mindestens stabil.

Dennoch wird der japanische Aktienmarkt mit einem ordentlichen Bewertungsabschlag zum Welt-Aktienmarkt gehandelt, was für eine Annäherung spricht.

Das gleiche Bild zeigt sich ebenso bei den durchschnittlichen Gewinnrenditen in Japan, die abzüglich Staatsanleiherenditen weit über denen der Eurozone und insbesondere der USA liegen. Auch dies spricht für weitere Kurschancen japanischer Aktien, die sich zum Zweck der internationalen Risikodiversifizierung eignen.

Tatsächlich sollte vor dem Hintergrund der weltkonjunkturellen Stabilisierung der Schwerpunkt auf substanzstarken japanischen Value-Aktien mit ertragreichen Geschäftsmodellen und stabilen Cashflows liegen.

Konkret sind Industriewerte u.a. aus den Bereichen Maschinenbau, Elektrotechnik und Transport wegen der absehbaren weltkonjunkturellen Erholung attraktiv. Banken profitieren von einer gesteigerten Rentabilität nach Ende der japanischen Negativzinsen. Aber auch der Automobil-Sektor bietet angesichts seiner Technologieoffenheit Chancen. Außerdem muss sich High-Tech in Japan mit Werten aus den Bereichen Software und Dienstleistungen nicht verstecken.

Ausländische Aktien-Investoren aus dem Euro- oder Dollar-Raum kostete die Yen-Schwäche in den vergangenen Jahren sicherlich ordentlich Performance. Immerhin mildern sich fortsetzende Zinssenkungen der EZB die Avancen des Euros.

Vor diesem Gesamthintergrund ist die japanische Aktien-Rallye längerfristig noch nicht am Ende.

Marktlage - Lasst die Trump-Spiele beginnen

Mit einer Lawine an Exekutivverordnungen drückt Trump seiner Amtszeit als 47. US-Präsident bereits seinen Stempel auf. An den Börsen kommen vor allem die in Zusammenarbeit mit Tech-Unternehmen angekündigten Investitionen von 100 Mrd. US-Dollar in das sog. Stargate Projekt für Künstliche Intelligenz gut an. In den kommenden vier Jahren soll die Summe sogar bis auf 500 Mrd. US-Dollar anwachsen. Wenn auch diese Größenordnung am Ende nicht vollständig erreicht wird, u.a., weil sich die Tech-Bosse untereinander nicht grün sind, ist dennoch der konsequente Führungsanspruch Amerikas im KI-Bereich unverkennbar.

Trumps Gepolter - s. jüngste Zolldrohungen gegenüber Mexiko und Kanada - ist auch als kalkulierte Taktik zu verstehen. Damit knüpft er am Drehbuch seiner ersten Amtszeit an. So sollen die bis 1. April anberaumten Untersuchungen wegen unfairer Handelspraktiken gegenüber den USA die Gegenseite unter Druck setzen und zu einem für ihn vorteilhaften "Deal" führen. Allein die Zolldrohungen zeigen bereits Wirkung: Berichten zufolge könnten Samsung und LG einen Teil ihrer Haushaltsgeräteproduktion von Mexiko in die USA verlagern.

Die Trump-Administration weiß natürlich, dass massive Zollanhebungen als Bumerang nach Amerika zurückkommen. Sie inflationieren die Preise, kosten amerikanischen Wohlstand, lassen die Kreditzinsen steigen und die Freizügigkeit der Fed erlahmen. Ein Land wie die USA, dessen Neuverschuldung munter weiter steigt, wird dies berücksichtigen müssen.

Dennoch werden sich Europa und insbesondere Deutschland auf eisigen Handels-Wind einstellen müssen. Dagegen hilft aber nicht Angst-Starre und moralisierende Empörung, sondern pragmatisches Handeln. Zunächst, die EU würde u.a. mit langfristigen und großvolumigen Lieferverträgen für US-Flüssiggas nicht nur Entgegenkommen zeigen, sondern gleichzeitig sogar noch etwas für mehr Energiesicherheit tun.

Vor allem aber ist es für Deutschland und Europa ultimative Aufgabe, eigene marktwirtschaftliche Förderung zu betreiben und die Fußfessel der dramatischen Überregulierung zu beenden.

Unabhängig davon lässt sich der DAX von den Paukenschlägen Trumps kaum irritieren. Die Anleger schauen auf die Abstrahierungsfähigkeit der deutschen Unternehmen gegenüber dem heimischen Industriestandort und die gegenüber Amerika immer noch günstige Aktienbewertung angesichts einer weltkonjunkturellen Stabilisierung. Tatsächlich konnte der vergleichsweise zyklische DAX seinen Rückstand auf den Welt-Aktienmarkt seit Jahresbeginn deutlich verkleinern.

Sentiment und Charttechnik DAX - Anleger scheuen das Risiko nicht

Mit Konsolidierungen ist bei Irritationen in puncto Geld- und Handelspolitik oder auch nur, wenn Trump schlecht geschlafen hat, zwischendurch immer wieder zu rechnen. Mit Blick auf KI, eine fittere US-Wirtschaft, weltkonjunkturelle Stabilisierung und Aussichten auf Eindämmung der großen geopolitischen Konflikte (Nahost, Ukraine) bei verhaltenen Eintrübungen von der Zinsseite bleibt die Aktienstimmung jedoch freundlich.

Bei fortgesetzter Aufwärtsbewegung liegen die nächsten Widerstände im DAX bei 21.627, 21.640 und 22.109 Punkten. Im Falle einer Konsolidierung liegen Unterstützungen bei 21.425, 21.412, 21.397 sowie 21.384.

Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG.

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Nach Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums begann Robert Halver seinen beruflichen Werdegang zunächst als Wertpapieranalyst bei der Sparkasse Essen. Anschließend arbeitete er als Analyst und Aktienstratege bei der Privatbank Delbrück & Co in Frankfurt.

2001 wechselte Robert Halver zur Schweizer Privatbank Vontobel. Sein Aufgabenschwerpunkt war die Formulierung der Anlagestrategie der Vontobel Gruppe in Deutschland.

Seit 2008 leitet Herr Halver die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG in Frankfurt. In dieser Funktion ist er auch für die Außendarstellung der Baader Bank tätig.
Robert Halver ist durch regelmäßige Medienauftritte, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen und als Kolumnist präsent.