Lufthansa-Chef Spohr sieht riesige "Wachstumsschmerzen" der Luftfahrtbranche
Lufthansa-Chef Carsten Spohr sieht seinen Konzern auf Kurs, ist mit der Service-Qualität indes nicht zufrieden.
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Zum einen habe die rasche Expansion durch die Integration von Air Berlin negative Auswirkungen für die Passagiere, zum anderen habe die Branche ein gemeinsames Problem: "Dieses Problem heißt Wachstum", sagte Spohr am Montagabend zu Journalisten. Lösungen dafür könnten nur gemeinsam gefunden werden.
"Zur Zeit ist das, was wir aus Kundensicht bieten, nicht fünf Sterne", sagte Spohr. Ende 2017 war die Deutsche Lufthansa von der Beratungsgesellschaft Skytrax als erste Fluggesellschaft außerhalb Asiens und der Golfregion als "5-Sterne-Airline" ausgezeichnet worden und zählt damit - eigentlich - zu den besten Airlines der Welt neben Quatar Airways, Etihad oder Singapore Airlines.
Dessen ungeachtet sieht sich die Lufthansa mit ihrer Strategie und der Integration der Air-Berlin-Maschinen auf Kurs. Ab dem vierten Quartal sollen dafür keine Aufwendungen mehr anfallen. In drei bis vier Jahren soll Eurowings so profitabel werden wie die "wichtigsten Wettbewerber", etwa die britische Billigfluggesellschaft Easyjet. Die Insolvenz der Air Berlin sei eine historische Chance gewesen, um die Marktposition zu verbessern, die die Lufthansa habe nutzen müssen.
Spohr betonte, der innereuropäische Luftverkehr sei in den vergangenen zehn Jahren um 50 Prozent gewachsen und dieser Trend sei ungebrochen. Dies führe dazu, dass Personal fehle, sei es bei der Flugsicherung, bei den Bodenverkehrsdiensten oder den Flughäfen und auch bei den Airlines. Außerdem seien die Prozesse und Strukturen der Sicherheitskontrollen und Flugsicherung am Himmel nicht so modern wie sie sein könnten. Damit äußerte sich Spohr ähnlich wie Stefan Schulte, Chef des Flughafenbetreibers Fraport.
"Das Wachstum unserer Branche geht nicht, leider offensichtlich, ohne riesige Wachstumsschmerzen", sagte Spohr. "Und die Schmerzen spüren nicht unbedingt die Unternehmen, die spüren in erster Linie die Kunden."
Diese würden den Sommer wahrscheinlich als geprägt "von Verspätungen, von Flugausfällen, von Wartezeiten, von Ärgernis" in Erinnerung behalten. Laut Daten des Fluggastrechteportals EUclaim sind während der Urlaubszeit fast doppelt so viele Flüge ausgefallen wie im Jahr zuvor. Binnen zwei Monaten - von 23. Juni bis zum 23. August - wurden demnach deutschlandweit fast 6.000 Flüge gestrichen. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum knapp 3.200 Annullierungen.
Auch hoben deutlich mehr Flüge mit einer Verspätung von mehr als drei Stunden ab. Zudem kam es innerhalb weniger Wochen zu zwei Pannen bei der Sicherheitskontrolle: Am 28. Juli musste ein Terminal am Flughafen München für Stunden gesperrt werden, weil eine Frau unkontrolliert in den Sicherheitsbereich gelangt war. Anfang August wurde ein Terminal am Frankfurter Flughafen zeitweise geräumt, weil eine vierköpfige französische Familie nicht vollständig kontrolliert in den Sicherheitsbereich entlassen worden war.
Ende Juni hatte die deutsche Luftfahrtbranche sich bereits in ganzseitigen Zeitungsanzeigen bei den Passagieren für die Probleme entschuldigt. "Auch der Himmel stößt mal an seine Grenzen", war dort zu lesen. "Viele Tausend Fluggäste kamen nicht wie geplant an ihr Reiseziel. Dafür entschuldigen wir uns bei Ihnen - als Unternehmen der Luftverkehrsbranche." Unterzeichnet war die Anzeige von den Chefs der im Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) organisierten Airlines, darunter neben der Lufthansa und ihrer Tochter Eurowings auch Condor und Tuifly sowie deutsche Flughäfen und die Deutsche Flugsicherung.
"Was wir für die Zukunft brauchen, grade in Europa aber auch in Deutschland, ist qualitatives Wachstum, bei dem die Infrastruktur mithält und das letztlich auch pünktlich und verlässlich abgeflogen werden kann von uns allen in der Branche", sagte Spohr weiter.
Diese kommt Anfang Oktober zusammen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer wird sich mit Vertretern der Luftfahrtbranche an einen Tisch setzen, um Lösungen für das Chaos im deutschen Flugverkehr zu finden und einen Maßnahmenkatalog zu entwickeln. "Alle Verantwortlichen, darunter Luftfahrt-Unternehmen und Flughafen-Chefs, sollen an einen Tisch, damit sich eine Situation wie im Sommer 2018 nicht wiederholt", hatte das Verkehrsministerium in der vergangenen Woche erklärt.
FRANKFURT (Dow Jones)
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