Geldanlage-Report Armin Brack

Zockeraktien Teil 2: Über welche Aktien Deutschland spricht!?

06.10.09 08:29 Uhr

Zockeraktien Teil 2: Über welche Aktien Deutschland spricht!? | finanzen.net

Lieber Geldanleger, wegen der überaus positiven Resonanz werde ich künftig jeden Monat einmal einen Blick auf Deutschlands meistdiskutierte Aktien werfen.

Basis der Auswahl ist die Zahl der Beiträge in den beiden größten Aktien-Diskussionsforen Deutschlands, wallstreet:online und Ariva.

Heiß diskutiert wird aktuell auch die Deutsche Bank. Eine Analyse zu "den Blauen" erhalten Sie daher im zweiten Teil der Ausgabe. Los geht´s:

Gespannt habe ich vorhin unser Zockerdepot aufgerufen. Sie erinnern sich: In der Ausgabe vom 29.08.2009 habe ich die zum damaligen Zeitpunkt meistdiskutierten zehn Aktien in ein virtuelles Portfolio eingebucht. Ziel des Experiments: Es soll gezeigt werden, dass diese Aktien mittel- und langfristig den Markt klar underperformen, dass die aktiven deutschen Anleger sich letztlich also mit den falschen Aktien auseinandersetzen.

Die Entwicklung des Zockerdepots gut einen Monat nach Einführung unterstreicht diese These. Der Depotwert ist von 10.000 Euro auf aktuell 8.964 Euro gefallen. Es liefen also bereits Buchverluste von über zehn Prozent auf. Verheerend war dabei die Performance von SpongeTech Delivery, die eigenen Angaben zufolge über eine "einzigartige Produktlinie von mehrfach verwendbaren Reinigungshilfen zur Autopflege, Kinderpflege, Haushalt und zur Pflege von Haustieren" verfügen. Die Aktie brach seit meiner Warnung um satte 65 Prozent ein.

Ich hatte damals kommentiert: "Wenn die Produktlinie genauso aggressiv ist wie die Marketingabteilung der Firma, sollten Sie Auto und Kinder lieber in Sicherheit bringen." Verrückt: Bei den US Open, einem der vier wichtigsten Tennisturniere der Welt, war SpongeTech auf den Hauptplätzen sogar via Bandenwerbung präsent. Millionen Sportfans fragten sich: "Wer oder was ist SpongeTech?"

*SpongeTech: Böse Vorahnungen bestätigen sich

Mein Fazit damals: "Mir ist das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes viel zu schwammig". Nun scheinen sich meine Vorahnungen zu bewahrheiten. Inzwischen läuft eine Untersuchung der US-Wertpapierbehörde SEC gegen das Unternehmen. Es besteht Verdacht auf Betrug und Geldwäsche.

99,4 Prozent der im Bericht für das dritte Quartal angegebenen Umsätze, immerhin über 31 Millionen US-Dollar, stammen von sechs Kunden. Bis auf einen haben alle Briefkastenadressen und Webseiten, die von denselben Webmastern zur selben Zeit erstellt worden sind. Telefonisch erreichbar sind die Kunden ebenfalls nicht.

Hinzu kommt: Das Management war in der Vergangenheit bereits bei anderen inzwischen gescheiterten Pennystocks aktiv und ein Schwede hat sogar eine Vorstrafe wegen Scheckbetrugs. Ebenfalls verdächtig: Es gibt fast eine Milliarde ausstehender Aktien. Eine so hohe Zahl bei einem so kleinen Unternehmen deutet auf eine massive Verwässerung des Aktionärskapitals hin.

Das Erstaunliche: Auch jetzt noch steht die Aktie mit sage und schreibe 150 Beiträgen in den letzten 24 Stunden auf Platz sechs der meistdiskutierten Aktien bei wallstreet:online. Meine Vermutung ist, dass hier auch bezahlte Pusher eingesetzt werden, die im Forum gezielt Stimmung für SpongeTech machen.

Ironie am Rande: Ein weiteres Unternehmen, das mir bei meinen Screenings nach den US-Top-Performern als dubios aufgefallen war, GetFugu.com (extrem hohe Zahl an ausstehenden Aktien, hohe Marktkapitalisierung, kaum Umsätze, kaum Cash), zählt offenbar zu den Geschäftspartnern von SpongeTech. Nun verklagt SpongeTech GetFugu wegen Vertragsverletzung. Die Details erspar ich Ihnen. Ich bin sicher, die beiden Kontrahenten werden sich bald einigen und die Streitsumme von 1,75 Millionen US-Dollar untereinander aufteilen - oder so ähnlich.

Wie singt der deutsche Promi-Rapper Sido doch gleich: "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich."

*Washington Mutual - Das Rekordpapier

Unerreicht was die Masse der Beiträge in Foren betrifft ist die insolvente US-"Sparkasse" Washington Mutual. Seit Eröffnung des Threads auf wallstreet:online am 10. April letzten Jahres gab es über 105.000(!) Beiträge zu dem Papier. Ich habe mich mal etwas eingelesen, um zu sehen, was die Börsianer an dem Papier so fasziniert:

Spekuliert wird hier auf eine Komplettübernahme von Washington Mutual durch J.P. Morgan und zwar zu einem Vielfachen des aktuellen Börsenkurses von nur rund 0,23 US-Dollar.

Vorbild ist dabei die Nachbesserung des Angebots für Bear Stearns durch J.P.Morgan, nachdem letztere zuvor eine Art Notübernahme vollzogen hatten. Das Übernahmeangebot wurde Ende März letzten Jahres dann von ursprünglich zwei auf zehn US-Dollar je Aktie dramatisch erhöht.

Was die Washington Mutual-Spekulanten dabei vergessen: Das ursprüngliche Übernahmeangebot von zwei US-Dollar hatte einen Abschlag von rund 90 Prozent auf den letzten Börsenkurs vor dem Deal bedeutet.

Die nun in den Boards herumgereichten möglichen Übernahmekurse von 3 US-Dollar und mehr sind daher höchst unwahrscheinlich. Garniert werden diese mit Verschwörungstheorien, wonach das Unternehmen gar nicht insolvent war und böse Short-Seller in Kooperation mit der US-Wertpapieraufsicht SEC und der US-Einlagensicherungsbehörde FDIC die freien Aktionäre quasi enteignet hätten. Abstrus!

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.