Geldanlage-Report Armin Brack

So funktionieren Promo-Kampagnen für Aktien...

07.12.11 14:29 Uhr

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Raystream: So funktionieren Promo-Kampagnen für Aktien!

Mehr als fünf Jahre ist es nun her seit ich an dieser Stelle unter dem Titel "De Beira - Hafenarbeiter, Hell`s Angels und Sex-Shops" vor dem Möchtegern-Explorer De Beira Goldfields gewarnt habe. Während die Verantwortlichen des Zocks nun offenbar endlich zur Rechenschaft gezogen werden, geht die Pusherei mit anderen Pennystocks natürlich trotzdem munter weiter.

Bei den seit ein paar Monaten in den USA notierten Raystream Inc. führen die Spuren ebenfalls nach Deutschland.

Zunächst nochmals kurz zurück zu De Beira: Der Herausgeber des Geldanlage-Reports, die Trading Group GmbH, wurde damals von De Beira-Anwälten auf Grund meines Artikels übel bedroht. Es wurden sechsstellige Schadensersatzsummen aufgerufen, um den Verlag einzuschüchtern und mundtot zu machen. Diverse Schreiberlinge von Pusherblättern, die es nicht verdient haben, an dieser Stelle namentlich genannt zu werden, haben mich persönlich übel beschimpft.

Fünf Jahre später ist klar: Bei De Beira ging es einzig und alleine darum, die Anleger abzuzocken. Die Aktie wurde in Panex Resources umbenannt (wohl um den Gestank der Vergangenheit loszuwerden), ist inzwischen aber trotzdem quasi wertlos (aktueller Kurs 0,03 Euro).

Vor kurzem bin ich zufällig auf einen Artikel der österreichischen Tageszeitung "Die Presse" vom 01. September dieses Jahres gestoßen. Darin heißt es unter anderem:

"Die Beschuldigten sollen mit der Manipulation des Kurses zusammen 47 Mio. Euro erzielt haben – zulasten gutgläubiger Anleger."

"Im Visier der Behörden sind in dieser Sache drei Beschuldigte. Einer ist der Salzburger PR-Berater Pascal Geraths, der die Falschmeldungen über De Beira vertrieben haben soll. Er wurde zwar im März in Salzburg verhaftet, wurde aber wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Grund: Hierzulande gilt die Manipulation von Aktienkursen nicht als Straftat, sondern nur als „Verwaltungsübertretung“. Nicht genug, um Geraths nach Deutschland auszuliefern. Der PR-Unternehmer wies die Vorwürfe stets zurück, für ihn gilt die Unschuldsvermutung."

"Der zweite Beschuldigte, ein Journalist, der bis Mitte 2006 für „Focus Money“ geschrieben und dort auch die Aktien von De Beira empfohlen hat, saß kurzzeitig in Untersuchungshaft. Nach Informationen der „Financial Times Deutschland“ (FTD) wurde im August nun der dritte Verdächtige, ein Kanadier, in Österreich festgenommen und nach Deutschland überstellt (für beide gilt die Unschuldsvermutung). Die Stuttgarter Staatsanwältin Claudia Krauth bestätigte dies der „Presse“."

Bleibt zu hoffen, dass für die Beteiligten auch tatsächlich entsprechende Sanktionsmaßnahmen folgen. Nun aber zu einem aktuellen Beispiel, das zeigt wie derartige Promokampagnen aufgebaut sind:

Raystream Inc. - Die Spuren führen nach Deutschland

Die erst seit wenigen Monaten am ungeregelten US-OTC-Markt börsennotierte Raystream Inc. behauptet, eine neue Video-Kompressions-Technologie entwickelt zu haben, mit der die erforderliche Bandbreite zum Abspielen von Videos im Internet um 70 bzw. 90 Prozent reduziert werden kann. Bereits diese Aussage enthüllt den Bluff: Moderne Standardverfahren schaffen bereits jetzt Kompressionsraten von mehr als 99 Prozent.

Bei näherer Betrachtung wird klar: Das angebliche Wunderprodukt von Raystream basiert auf der Video-Streaming-Software x264, die gar nicht vom Unternehmen stammt, sondern von einer anderen Quelle lizensiert werden muss. Fraglich ist, ob Raystream überhaupt im Besitz dieser Lizenz ist. Zudem ist die Testversion der Software offenbar bisher gar nicht erhältlich. Das zumindest lässt sich aus folgendem Foren-Beitrag folgern.

Ebenfalls lustig: Einschlägig bekannte US-Pusherbriefe behaupten, der große Vorteil der Software sei, dass sie nicht rekonstruiert ("reverse-engineered"') werden könnte. Wahr ist aber: Jede Software kann rekonstruiert werden. Ein weiteres Argument also, das ins Leere läuft.

Noch spannender als der leicht durchschaubare Produkt-Fake sind die finanziellen Hintergründe. Bei einem Kurs von aktuell 1,91 US-Dollar und 49,975 Millionen ausstehenden Aktien liegt die Marktkapitalisierung von Raystream bei satten 95,5 Millionen US-Dollar - obwohl Raystream bisher keinen Cent umgesetzt, geschweige denn verdient hat und sich gerade mal 1,9 Millionen US-Dollar in der Kasse befinden.

Apropos: Diese 1,9 Millionen US-Dollar stammen von einer Firma namens Unlimited Trade, die dafür fünf Millionen Raystream-Aktien erhalten haben. Unlimited Trade gehört also knapp zehn Prozent von Raystream.

Der US-Enthüllungsdienst TheStreetSweeper.com hat nun heraus gefunden, dass exakt diese Unlimited Trade, die offiziell in einem Bürogebäude in Panama City ohne Stromanschluss(!) ansässig sind, auch hinter einer 3,25 Millionen US-Dollar schweren Marketing-Kampagne steckt, in der die Aktien von Raystream angepriesen werden.

Damit wurde der Kursanstieg von Raystream verursacht. Unlimited Trade hat 0,40 US-Dollar je Aktie bezahlt. Damit haben sich die Aktien fast verfünffacht. Der Wert der Unlimited-Trade-Beteiligung liegt aktuell also aktuell bei 9,55 Millionen US-Dollar.

Der Dreh an der Geschichte: Alle ausstehenden Aktien unterliegen der so genannten Regulation S, weil sie im Rahmen einer Offshore-Transaktion ausgegeben wurden, keine US-Bürger diese Anteile zuvor gehalten haben und sich Raystream nicht direkt um den Verkauf der Aktien bemüht hat. Das bedeutet: Die Aktien der Großaktionäre sind nicht registriert. Sie können ohne Veröffentlichungspflichten - “heimlich” - auf den Markt geschmissen werden.

Das gilt also auch für die 20 Millionen Aktien, die die Eigentümer der deutschen Raystream GmbH von ihrer US-Mutter Raystream Inc. erhalten haben - als Gegenleistung dafür, dass sie ihre erst im März diesen Jahres gegründete GmbH in die bis dato leere Aktienhülle eingebracht haben. Dieses Aktienpaket hat aktuell einen Wert von 38 Millionen Euro.

Gegründet wurde die Raystream GmbH laut Handelsregisterauszug von Roman Rumpf und Thomas Friedli. Interessant ist der Unternehmenssitz: Die Burg Lichtenfels in Hessen. Genau hier residierte einst der ehemalige Neuer Markt-Highflyer Biodata. Wer schon länger an der Börse aktiv ist, wird sich erinnern. Hier finden Sie ein paar Hintergründe zur Auffrischung.

Tatsächlich lässt sich hier eine Verbindung finden: Der ehemalige CEO und Gründer von Biodata, Tan Siekmann, kaufte in 2004 Teile aus der Insolvenzmasse von Biodata heraus und brachte diese in die neue Firma Safe-Com GmbH & Co. KG ein. Der “Technical Support and Product Development Manager” von Safe-Com heißt Roman Rumpf.

Interessant: Safe-Com ging bereits in 2006 ein Jointventure mit einem US-Unternehmen namens BodyTel Scientific ein, die ebenfalls behaupteten eine bahnbrechende Erfindung gemacht zu haben: Einen Blutzuckermesser, der Daten per Bluetooth und Handy an eine sichere Datenbank weiterleiten sollte. Daraus wurde - natürlich - nichts. Die Aktie stürzte ab und notiert heute bei weniger als einem US-Cent.

Tom Friedli hat gemeinsam mit Tan Siekmann das Unternehmen eLogic gegründet, das angeblich einen "magischen" Algorithmus entwickelt hat, mit dem sich erfolgreich an der Währungsbörse FOREX spekulieren lässt.

Das alles zeigt: Rumpf, Friedli und Siekmann sind geschäftlich eng miteinander verzahnt.

MEIN FAZIT:

- Das Beispiel Raystream zeigt wie leicht es nach wie vor ist, über Reverse Merger (Mantel)-Deals eine Firma mit quasi wertloser Technologie an die Börse zu bringen und mit konzertierten Promo-Aktivitäten den Kurs zu treiben, um als Insider dann Millionen von Aktien ohne Anzeigepflicht auf den Markt werfen zu können.

- Der Interessenskonflikt von Unlimited Trade, die hinter der millionenschweren Aktienpromotion stecken UND gleichzeitig Großaktionär von Raystream sind, dürfte allerdings bald die Wertpapieraufsichtsbehörde SEC auf den Plan rufen. Diese hat jüngst bereits in einem ähnlichen Fall (Jammin Java) eine Untersuchung wegen Kursmanipulation eingeleitet.

- Sie können sich als Anleger nur schützen, in dem Sie Aktien wie Raystream, die Sie ungebeten via E-Mail, Fax oder Telefon angeboten bekommen, strikt meiden. Melden Sie derartige Vorfälle der Wertpapieraufsichtsbehörde. Für Deutschland ist hier die BaFin zuständig.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.