Geldanlage-Report Armin Brack

Nach der Börsenpremiere: Warum Tele Columbus es schwer haben wird!?

02.02.15 14:19 Uhr

Nach der Börsenpremiere: Warum Tele Columbus es schwer haben wird!? | finanzen.net

Es war der erste Börsengang des Jahres in Deutschland (und sogar in Europa): Tele Columbus, drittgrößter Kabelnetzbetreiber hierzulande, ist an der Börse angekommen.

Ein erster IPO-Versuch im vergangenen Oktober war noch gestoppt worden, weil die Aktien gerade auf Talfahrt gegangen waren.

Ursprünglich hatte Tele Columbus bei Anlegern mit einer Preisspanne von 8 bis 12 Euro getestet, wie viel sie bereit wären, für eine Aktie auszugeben. Dann entschied man sich - sicher ist sicher - für einen Ausgabepreis von 10 Euro. Eine Börsenpremiere im Mittelmaß. Immerhin: Bereits am ersten Handelstag (23. Januar) schafften es die Aktien deutlich über die 11-Euro-Marke, wo sie sich auch jetzt noch befinden. Vom Höchstkurs bei fast 13 Euro sind die Papiere der Berliner Firma aber auch schon wieder entfernt. Ist die Aktie des Börsen-Newcomers auf aktuellem Niveau ein Kauf?

Insgesamt wurden 51 Millionen Aktien platziert, davon 33,3 Millionen neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung, 14,4 Millionen aus dem indirekten Besitz der Alteigentümer - das sind vor allem ehemalige Gläubiger, die im Zuge der Sanierung Kredite in Eigenkapital getauscht hatten.

Sie hatten bereits 2013 versucht, sich von ihren Anteilen zu trennen. 2013 wollte der deutsche Marktführer Kabel Deutschland den kleineren Konkurrenten für gut 600 Millionen Euro übernehmen, war aber am Widerstand des Bundeskartellamts gescheitert. Mit dem Großteil des eingenommen Geldes (bei vollständiger Ausübung der sogenannten Greenshoe-Option bzw. der Wertpapierreserve liegt der Gesamterlös der Gesellschaft bei 367 Millionen Euro) will Tele Columbus nun seinen nicht unbeträchtlichen Schuldenberg von 550 Millionen Euro wenigsten teilweise abtragen. Dafür sind 250 Millionen Euro vorgesehen.

Mit den restlichen Millionen soll die Infrastruktur ausgebaut und modernisiert werden. Seine Investoren hatte Tele Columbus mit seinen Wachstumsaussichten gelockt. Von den 1,7 Millionen Kabel-TV-Anschlüssen der Gesellschaft, vor allem im Osten Deutschlands, ist erst jeder zweite zum Internet-Surfen aufgerüstet. Ab April sollen zudem Internetverbindungen mit einer Downloadgeschwindigkeit von 400 Megabit pro Sekunde angeboten werden. Das wäre doppelt so viel wie bei Kabel Deutschland und Unitymedia. DSL-Anbieter kommen sogar nur auf 100 MBit/s.

Aber: Weil Tele Columbus so viel in neue Technologien - und auch in Werbung - investiert, wird das Unternehmen weiter Verluste schreiben. In den ersten neun Monaten 2014 fuhr der Kabelnetzbetreiber bei 159 Millionen Euro Umsatz ein Betriebsergebnis (Ebitda) von 65 Millionen Euro ein. Unter dem Strich stand ein Fehlbetrag von 16 Millionen Euro.

Und auch 2015 wird ein Minusjahr, erst danach sind Gewinne geplant.

MEIN FAZIT:

An den vor allem in Ostdeutschland sitzenden Kunden verdient Tele Columbus noch lange nicht so viel wie die große Kabelnetz-Konkurrenz. Derzeit beträgt der monatliche Erlös pro Kunde konnte 14,10 Euro. Kabel Deutschland nimmt allerdings je Kunde im Schnitt 18,16 Euro ein, Unitymedia sogar 21,62 Euro. Zwar ist aufgrund der Internet-Unterversorgung im Osten dort noch einiges an Potenzial drin, doch ich bin skeptisch, ob die Ost-Kunden bereit sind, für eine höhere Surfgeschwindigkeit mehr zu zahlen. Was momentan einzig für etwas Kursphantasie sorgen könnte, ist ein möglicher neuer Übernahmeversuch durch einen der beiden größeren Rivalen. Das ist zwar durchaus nicht ausgeschlossen, mit einer rasanten Entwicklung der Aktien von Tele Columbus wie sie beispielsweise Kabel Deutschland schon hinter sich hat - die Papiere des Marktführers haben ihren Wert seit dem IPO vor fünf Jahren mehr als verfünffacht - rechne ich aber nicht.

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels in den genannten Aktien nicht investiert. Es liegt daher kein Interessenskonflikt vor. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.