Geldanlage-Report Armin Brack

Borussia Dortmund auf Höhenflug: Jetzt die Aktie kaufen?

25.10.10 10:21 Uhr

Borussia Dortmund auf Höhenflug: Jetzt die Aktie kaufen? | finanzen.net

BVB-Fans wie ich hatten in den letzten Jahren nicht viel zu lachen.

Seit der Meisterschaft 2002 ging es stetig bergab. Das spiegelte sich auch im katastrophalen Kursverlauf der Aktie wider.

Inzwischen ist die Aktie jedoch extrem günstig und sportlich scheint die Wende ebenfalls möglich: Erstmals seit acht Jahren ist Borussia Dortmund wieder Tabellenführer der Fußball-Bundesliga. Wann also einsteigen, wenn nicht jetzt?

Am 15. Oktober wurde der Verkauf des englischen Traditionsclubs FC Liverpool perfekt gemacht. Die hoch verschuldeten "Reds" wurden für eine kolportierte Summe von umgerechnet 340 Millionen Euro an den amerikanischen Investor New England Sports Ventures (NESV) verkauft. Mehrheitseigner der NESV ist der Amerikaner John W. Henry, der in Finanzkreisen einen legendären Ruf genießt.

Henry erwirtschaftete durch den Handel mit Futures und Aktien sowie später als Vermögensverwalter ein Milliardenvermögen. Der exzentrische US-Amerikaner gilt als Trendfolger und hat den größten Teil seiner Tradinggewinne 1995 erzielt. Übrigens: Insider sind der Ansicht, dass beim Zusammenbruch der Barings Bank - ausgelöst durch den Trader Nick Leeson - John W. Henry zu den großen Gewinnern gehörte, die die Gegenposition eingenommen hatten.

Die Liaison zwischen Henry und dem FC Liverpool ist eine zwischen zwei Partnern, die beide schon bessere Zeiten gesehen haben. Henrys Firma werden finanzielle Probleme nachgesagt. Der Wert seines Privatvermögens soll in den letzten Jahren von über drei Milliarden US-Dollar auf rund 650 Millionen US-Dollar geschrumpft sein.

Sicher ist, dass der FC Liverpool, unter anderem durch die Misswirtschaft der bisherigen Besitzer (den beiden Amerikanern Tom Hicks und George Gillett), einen existenzgefährdenden Schuldenberg in Höhe von umgerechnet 270 Millionen Euro angehäuft hat.

*Borussia Dortmund - Ein Schnäppchen?

Hicks und Gillett schimpfen, der achtmalige Europapokalsieger werde weit unter seinem tatsächlichen Wert verkauft. Angeblich wollten die beiden einen Käufer gefunden haben, der bereit gewesen wäre 720 Millionen Euro zu bezahlen.

Ob das realistisch ist, sei dahingestellt. Immerhin haben die bei den Fans hochgradig unbeliebten Investoren selbst im Frühjahr 2007 nur 200 Millionen Euro für den Verein bezahlt. Im Forbes-Ranking der 20 wertvollsten Fußballklubs der Welt (Stand: Mai 2010) taucht Liverpool aber mit einem Marktwert von 822 Millionen US-Dollar (587 Millionen Euro) auf einem stattlichen sechsten Platz auf.

*Die wertvollsten Fußballclubs der Welt

1. Manchester United 1,835 (Milliarden US-Dollar)
2. Real Madrid 1,323
3. Arsenal London 1,181
4. FC Barcelona 1,000
5. Bayern München 0,990
6. FC Liverpool 0,822
7. AC Mailand 0,800
8. Juventus Turin 0,656
9. Chelsea London 0,646
10. Inter Mailand 0,413
11. Schalke 04 0,384
12. Tottenham Hotspur 0,372
13. Olympique Lyon 0,333
14. Hamburger SV 0,329
15. AS Rom 0,308
16. Werder Bremen 0,274
17. Olympique Marseille 0,262
18. Borussia Dortmund 0,261
19. Manchester City 0,258
20. Newcastle United 0,198

(Quelle: Forbes.com)

Knapp in die Top 20 schafft es auch Borussia Dortmund, mit einem geschätzten Wert von 260 Millionen US-Dollar bzw. 186 Millionen Euro. Spätestens jetzt dürften einige BVB-Aktionäre aufhorchen, denn die aktuelle Marktkapitalisierung von Borussia Dortmund liegt auch nach dem jüngsten Kursanstieg nur bei 107 Millionen Euro. Daraus ergäbe sich ein Kurspotenzial von 74 Prozent für die Aktie.

Zugegeben, die Forbes-Zahlen sind nicht mehr ganz aktuell (Saison 2008/2009) und die Wertschätzung enthält Schulden für den Stadion(rück)kauf und -ausbau. Dafür hat sich aber auch die sportliche Situation seither dramatisch verbessert und die Nettofinanzverbindlichkeiten (Finanzverbindlichkeiten abzgl. flüssiger Mittel/Wertpapiere) wurden in den letzten Jahren auf 70 Millionen Euro zurückgefahren. Doch ist Borussia Dortmund tatsächlich eine unterbewertete Value-Perle?

Ein Blick in den Geschäftsbericht (Konzernabschluss 30. Juni 2010) ist zunächst eher ernüchternd: Das Eigenkapital liegt nur bei 62 Millionen Euro und damit rund sechs Millionen Euro niedriger als im Vorjahr. Das entspricht einem Buchwert von 1,02 Euro. Der Wert des vereinseigenen Stadions, des Signal-Iduna-Parks (ca. 170 Millionen Euro Bilanzansatz) und die daraus entstehenden Finanzierungskosten sind in dieser Rechnung bereits enthalten.

Tatsächliche stille Reserven könnte es allerdings im Bereich der immateriellen Vermögenswerte geben. Diese werden in der Bilanz mit 20,3 Millionen Euro angesetzt. Darin enthalten ist beispielsweise der Wert des Kaders. Der Marktwert der Mannschaft wird von Transfermarkt.de aber aktuell auf satte 125 Millionen Euro taxiert. Natürlich sind die Spieler im Finanzjargon "betriebsnotwendiges Vermögen" und können damit nicht einfach verkauft werden. Hinzu kommt, dass Spieler, die ihre Verträge erfüllen, ablösefrei wechseln können.

*Stille Reserven im Spielerkader

Fakt ist aber: Der BVB hat in seinem Spielerkader innerhalb der letzten beiden Jahre und teilweise sogar innerhalb weniger Monate drastische Marktwertsteigerungen erzielt.

Das extremste Beispiel ist der Neueinkauf Shinji Kagawa. Nur 350.000 Euro überwies der BVB für den Nachwuchsstar in die zweite japanische Liga. Aktuell liegt der Marktwert bei 5 Millionen Euro. Das entspricht einem Buchgewinn von 4,65 Millionen Euro oder alleine fast fünf Prozent der gesamten Marktkapitalisierung des BVB. Für Lucas Barrios wurden aus England angeblich auch bereits 20 Millionen Euro geboten. Bezahlt haben die Borussen für Barrios 4,5 Millionen Euro.

Auch weitere junge Spieler wie Sahin, Schmelzer, Hummels, Subotic und andere haben durch den sportlichen Höhenflug und gute Leistungen ihren Marktwert beträchtlich gesteigert. Das alleine rechtfertigt meiner Ansicht nach für die Aktie einen deutlichen Aufschlag auf den Buchwert von bis zu 50 Prozent.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.