Geldanlage-Report Armin Brack

Bijou Brigitte enttäuscht mit schwachem Ausblick auf das Jahr 2015 - Irritierende Kommunikation mit den Anlegern

04.05.15 11:52 Uhr

Bijou Brigitte enttäuscht mit schwachem Ausblick auf das Jahr 2015 - Irritierende Kommunikation mit den Anlegern | finanzen.net

Anleger, Analysten und Journaille hatten nach dem starken Schlussquartal 2014 auf Besserung beim Modeschmuck-Filialisten Bijou Brigitte gehofft.

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Auf Grund der hohen Dividendenrendite und des immer noch sehr komfortablen Cashbestandes ist die Aktie bei Value-Anlegern sehr beliebt. Die glorreiche Historie (Bijou war über Jahre einer der Top-Performer am deutschen Aktienmarkt) wirkt nach.

Doch schon seit mehreren Jahren gehen Umsätze und Gewinne zurück. Der Umsatz reduzierte sich von 378 Millionen Euro (2010) über 375 Millionen Euro (2011), 360 Millionen Euro (2012), 356 Millionen Euro (2013) auf nur noch 335 Millionen Euro in 2014. Am Mittwoch meldete Bijou nun, dass man auch für 2015 mit einem Anhalten dieses Negativtrends rechnet. Die Erlöse sollen weiter auf 315 bis 325 Millionen Euro zurückgehen. Das ist enttäuschend, denn Analysten hatten bisher mit knapp 336 Millionen Euro gerechnet, also zumindest mit einer konstanten Entwicklung.

Beim operativen Ergebnis sieht es nicht besser aus: 2010 erwirtschaftete man noch einen Vorsteuergewinn von 83 Millionen Euro, der 2011 auf 73,4 Millionen Euro sank und sich über 52,6 Millionen Euro (2012) bis auf 43,6 Millionen Euro in 2013 reduzierte. 2014 schaffte man noch 40,7 Millionen Euro. Der Ausblick für 2015 fiel nun mit einer Bandbreite von 20 bis 30 Millionen Euro fast schon erschreckend schwach aus.

Die Aktie gab am Mittwoch deutlich nach und verlor rund zehn Prozent. Irritierend dabei: Der Geschäftsbericht mit den schlechten News wurde um 8.30 Uhr auf der Firmenseite von Bijou veröffentlicht, die korrespondierende Pressemeldung lief aber erst um 9:47 Uhr über den Nachrichtenticker.

Da waren ein Großteil der Tagesverluste bereits aufgelaufen. Diese Vorgehensweise ist unüblich. Normalerweise sind Firmen bemüht, die Anleger über alle Kanäle gleichzeitig zu informieren. Bijou Brigitte-Aktionäre, die auf die Pressemeldung gewartet haben, hatten keine Chance rechtzeitig zu verkaufen.

Bei einer telefonischen Rücksprache gab die IR-Leiterin von Bijou Brigitte, Annegret Wittmaack, dem Geldanlage-Report folgende Begründung: Man habe dies bereits in 2013 und 2014 so gehandhabt, dass zuerst der Geschäftsbericht auf der Homepage veröffentlicht worden ist und danach erst quasi begleitend eine Pressemitteilung. Bei der Veröffentlichung der Pressemeldung habe es zudem kleinere technische Schwierigkeiten gegeben, daher sei eine Verzögerung eingetreten.

Vor allem vor dem Hintergrund, dass der Ausblick für 2015 sehr schwach ausgefallen ist (siehe oben), wäre eine sofortige Meldung unbedingt notwendig gewesen, eventuell sogar als Ad-Hoc-Meldung. Nach §15 des Wertpapierhandelsgesetzes ist ein Unternehmen zur unverzüglichen (d.h. "ohne schuldhaftes Zögern") Veröffentlichung solcher Tatsachen, die den Börsenkurs der zugelassenen Wertpapiere eines Unternehmens erheblich beeinflussen können, verpflichtet. Diese Publizitätspflicht soll verhindern, dass Informationen Insidern vorbehalten bleiben, die diese zu eigenem Vorteil ausnutzen könnten (Insiderhandel). Ziel ist es, die Informationen möglichst allen Marktteilnehmern zur gleichen Zeit zugänglich zu machen. Die Reaktion des Marktes auf die Meldung zeigt, wie kursbewegend diese war. Die Tatsache, dass der Großteil der Kursverluste der Aktie bereits vor der Veröffentlichung der Meldung über die deutsche Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität (DGAP) zustande kam, gibt dem ganzen einen bitteren Beigeschmack.

Wurde hier (und in der Vergangenheit) besser informierten (institutionellen?) Anlegern noch die Möglichkeit gegeben, vorab zu guten Kursen zu verkaufen bevor der Rest der Anleger über DGAP informiert worden ist?

Etwas befremdlich finden wir auch, dass Frau Wittmaack nicht mit einer schriftlichen Stellungnahme einverstanden war, sondern sich nur am Telefon äußern wollte.

Auch die wichtige Meldung vom 25.03.2015, in der erstmals das Vorsteuerergebnis für 2014 bekannt gegeben worden ist sowie über die auf nur noch 3,00 Euro reduzierte Dividende informiert worden ist, wurde mitten während des Handels (16:11 Uhr) veröffentlicht. Das ist nicht verboten, aber sehr unüblich. Derart wichtige Meldungen werden normalerweise außerhalb der Handelszeiten veröffentlicht, um alle Anleger gleich zu behandeln. Immerhin wurde die damalige Meldung ad-hoc veröffentlicht.

Dieses Mal habe der Vorstand aber laut Wittmaack keinen Grund für eine Ad-Hoc-Meldung gesehen. Es stehe nicht im Einflussbereich des Unternehmens, wenn die Vorabmeldung für die Zahlen 2014 von einigen Marktbeobachtern oder Börsenbriefen über Gebühr positiv interpretiert worden sei, so Wittmaack weiter. Zudem habe man vorher angekündigt, dass der Geschäftsbericht an besagtem Tag auf der Homepage veröffentlicht werde.

Zwar hatte Bijou Brigitte selbst vorher noch keinen Ausblick für 2015 gegeben. Die Tatsache, dass sowohl die eigene Umsatz- als auch die Gewinnprognose deutlich unter den Schätzungen der Analysten lag, hätte dem Vorstand aber wohl klarmachen müssen, dass der Markt entsprechend heftig reagieren könnte.

Der Geldanlage-Report empfiehlt Bijou Brigitte dringend, seine Kommunikation mit dem Kapitalmarkt zu überdenken.

Ende des Abwärtstrends nicht in Sicht

Ein Grund für den anhaltenden Abwärtstrend beim Unternehmen ist die ins Stocken geratene Auslandsexpansion der Hamburger.

Im Gegensatz zur Konkurrenz hat das Werner-Imperium ein starkes Exposure in den PIGS-Ländern (Portugal, Italien, Griechenland, Spanien) und ist daher besonders stark vom dortigen Wirtschaftsabschwung betroffen. Schlecht läuft es auch in den Niederlanden und vor allem in Großbritannien. In beiden Ländern wird die Zahl der Filialen reduziert. In Frankreich sind die Ergebnisse ebenfalls rückläufig. Insgesamt hat sich die Zahl der Geschäfte von 1137 auf 1070 reduziert (Stand 31.12.2014).

Im mit Abstand wichtigsten deutschen Markt musste man in 2014 erstmals seit langem ebenfalls einen Umsatzrückgang hinnehmen. Das ist besorgniserregend, denn von 2011 bis 2013 konnte man die Erlöse hierzulande noch von 156,6 auf 169,2 Millionen Euro steigern. Das Ergebnis war allerdings auch damals schon rückläufig, weil die erzielte Umsatzmarge von 18,2 auf 16,0 Prozent gefallen war. In 2014 erlöste man nun noch 164,1 Millionen Euro.

Das schwächere Weihnachtsgeschäft sei ausschlaggebend gewesen, heißt es im Geschäftsbericht. Das ist auch deshalb enttäuschend, weil im deutschen Einzelhandel insgesamt in 2014 ein realer Mehrumsatz von 1,7 Prozent zu Buche steht. Der institutionelle Investor Capital Research and Management mit Sitz in Los Angeles/USA hatte bereits Ende 2013 seine Beteiligung an Bijou Brigitte auf unter drei Prozent gesenkt.

Harter Wettbewerb in der Modeschmuck-Branche - Bijou versucht gegenzusteuern

Das alles zeigt: Bijou hat auch strukturelle Probleme. Die Konkurrenz in Form von Modefilialisten, Kaufhäusern und Modeschmuckanbietern nimmt ständig zu und drückt auf die Margen. Das 1963 als Import- und Handelsunternehmen für Modeschmuck gegründete Unternehmen versucht gegenzusteuern, in dem man über so genannte Concession Stores selbst eine Auswahl der eigenen Produkte in Kaufhäusern verkauft. Seit 2008 wird deren Zahl auf Grund des Erfolgs kontinuierlich ausgebaut. Auch in Italien und Spanien wurden weitere Concession Stores eröffnet.

Eine neue Idee sind die "the P.cookery"-Stores die den Kunden die Möglichkeit bietet, ihre Lieblingsschmuckstücke nach eigenen Ideen selbst zu gestalten. Die erste Filiale hat Bijou im September 2014 in Hamburg eröffnet. Bisher scheinen die angebotenen Kurse von der Kundschaft aber eher zurückhaltend angenommen werden. Immerhin ist das aber zumindest ein innovatives Konzept. In den USA beispielsweise entpuppte sich das Konzept individualisierbarer Teddybären und anderer Kuscheltiere von Build-A-Bear als großer Erfolg.

Auch das Online-Geschäft wird ausgebaut. Länderspezifische Shops gibt es für Deutschland, Italien und die Niederlande. Zwar berichtet man im Geschäftsbericht auch von einer sehr intensiven und persönlichen Kommunikation mit den Kunden über Facebook, wo inzwischen über 350.000 User die Bijou-Seite geliked haben. Zudem tritt man über den Bijou Brigitte-Blog und Pinterest in Interaktion mit den Kunden.

Die Frage ist, ob das ausreichend ist und ob das Unternehmen nicht auch aktiv Werbung über diese Kanäle, insbesondere über Facebook schalten sollte? Bijou versucht eher den umgekehrten Weg zu gehen: Das Filialnetz wird gestrafft, d.h. unrentable Läden werden geschlossen, die Mitarbeiterzahl entsprechend reduziert. Die Investitionen sollen auch in 2015 bei zehn bis 15 Millionen Euro pro Jahr konstant gehalten werden. Diese Zurückhaltung dürfte den eigenen schlechten Erfahrungen bei der Auslandsexpansion, aber wohl auch dem negativen Beispiel des Konkurrenten Claire´s geschuldet sein. Denn während "Brigitte" sich immerhin deutlich in der Gewinnzone hält und bilanziell wie erwähnt äußerst solide aufgestellt ist, kämpft "Claire" inzwischen ums nackte Überleben. Der US-Konzern meldete desaströse 2014er-Zahlen: Im Weihnachtsquartal (Ende 31.01.) verlor man 122 Millionen US-Dollar nach einem Gewinn von 7,4 Millionen US-Dollar im Vorjahr. Im Gesamtjahr häuften sich die Verluste auf 207 Millionen US-Dollar. Die Umsätze brachen im vierten Quartal von 435,5 Millionen auf 412 Millionen US-Dollar ein. Im Gesamtjahr blieben sie bei 1,49 Milliarden US-Dollar gegenüber 1,51 Milliarden US-Dollar fast konstant.

Als Gründe werden massive Konkurrenz und damit verbunden ein starker Preisdruck und allgemein rückläufige Kundenzahlen (immer mehr kaufen übers Internet ein!), die zu einer niedrigeren Nachfrage nach Schmuck geführt haben.

Auch Claires versucht die Folgen über Concession Stores abzumildern. Claire´s dürfte vom E-Commerce-Trend besonders betroffen sein, weil das Unternehmen besonders junge Kundinnen anspricht, die entsprechend internet-affin sind.

Eine mögliche Insolvenz von Claire könnte den Konkurrenzkampf in der Branche vorübergehend etwas abschwächen. Es verblieben dann noch beeline, Monsoon Accessorize (mit den Marken "Six" und "I am") sowie die in Nordeuropa aktiven Glitter als direkte Konkurrenten. Monsoon Accessorize steckt ebenfalls mitten in einer Restrukturierung. CEO John Bowett hat das Unternehmen am 18. Februar verlassen.

Glitter hätte Bijou Brigitte wohl vor einigen Jahren aufkaufen können, was man aber nicht tat. Angesichts des dürftigen eigenen Erfolgs in Skandinavien war dies im Nachhinein wohl ein Fehler.

MEIN FAZIT:

Aktuell besteht aus meiner Sicht kein Grund die Aktie zu kaufen. Mit einem 2015er-KGV von rund 24 ist die Aktie angesichts rückläufiger Umsätze und Gewinne zu teuer zumal eine Trendwende im operativen Geschäfts unwahrscheinlich ist.

Ich finde es besonders bedenklich, dass selbst in einem guten Konsumumfeld wie es letztes Jahr in Deutschland vorhanden war (niedrige Arbeitslosigkeit, rückläufige Inflation) die Umsätze rückläufig waren. Wie soll das erst in Konjunkturabschwung-Phasen werden?

Allerdings deckt die Nettoliquidität von 146 Millionen Euro ziemlich exakt ein Drittel der Marktkapitalisierung ab. Das Unternehmen hat somit ein üppiges Cashpolster für schwierige Zeiten. Aber die Dividende als Kaufargument schmilzt ab und langfristig wollen Aktionäre vor allem eines: Gewinnsteigerungen! Und die sind in weiter ferne.

Charttechnisch muss das Tief bei 49,50 Euro aus dem Herbst 2012 unbedingt halten, ansonsten drohen schnelle weitere Verluste.

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist zum Zeitpunkt des Publikmachens nicht in den genannten Werten investiert. Es liegen daher keine Interessenskonflikte vor. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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