Gegenmaßnahmen folgen

China will sich im Handelsstreit mit USA nicht 'Erpressung' beugen

05.07.18 12:07 Uhr

China will sich im Handelsstreit mit USA nicht 'Erpressung' beugen | finanzen.net

Im Handelsstreit steuern die USA und China auf Konfrontationskurs.

Als Vergeltung für das Inkrafttreten von 25-prozentigen Sonderzöllen der USA auf Importe aus China im Wert von 34 Milliarden US-Dollar an diesem Freitag wird Peking Gegenmaßnahmen in ähnlichem Umfang erlassen, wie der Zoll mitteilte. Die Eskalation zwischen den beiden größten Volkswirtschaften wird mit Sorge verfolgt, da die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Auch droht den Europäern, zwischen die Fronten zu geraten.

"Die USA haben diesen Handelskrieg provoziert", sagte der Sprecher des Handelsministeriums, Gao Feng, in Peking. Sein Land werde sich "Drohungen und Erpressung" nicht beugen. "China wird gezwungen sein, zurückzuschlagen." Das Land werde seine Kerninteressen verteidigen. Um unkalkulierbaren Folgen des Handelskonflikts an den Aktien- und Währungsmärkten entgegenzuwirken, haben Chinas Zentralbank und Wertpapieraufsicht bereits Notfallpläne entwickelt.

Die US-Zölle sollen um Mitternacht Washingtoner Zeit (Freitag 06.00 Uhr MESZ) in Kraft treten - die chinesischen Gegenmaßnahmen kurz danach. Nach dieser ersten Runde droht eine weitere Eskalation, da US-Präsident Donald Trump Mitte Juli über Sonderabgaben in Höhe von 25 Prozent auf weitere chinesische Waren im Wert von 16 Milliarden US-Dollar entscheiden will, die Anfang August in Kraft treten könnten. Er begründet die Zölle mit Technologiediebstahl.

Als Reaktion auf Chinas Vergeltung droht Trump aber zusätzlich mit Zöllen in Höhe von zehn Prozent auf weitere chinesische Importe im Wert von 200 Milliarden US-Dollar. Insgesamt wäre dann die Hälfte aller Ausfuhren aus China in die USA betroffen. Ob Trump seine Drohungen wahr machen wird oder nur seine Position für weitere Verhandlungen stärken will, ist völlig unklar. Experten warnen, dass im Falle eines ausgewachsenen Handelskrieges ein Rückgang des Wirtschaftswachstums in den USA, China und weltweit droht.

Trump führt einen Feldzug gegen das immense Außenhandelsdefizit der USA an mehreren Fronten. Neben China geriet vor allem die Europäische Union ins Blickfeld. Der EU droht Trump unter anderem mit Zöllen auf Autoimporte. Auch mit den Nachbarn Kanada und Mexiko liegen die USA im Handelsclinch. Kanada hat gerade ähnlich wie die EU Vergeltungszölle verhängt, nachdem die USA Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte erhoben haben. Das gemeinsame Handelsabkommen Nafta liegt in Scherben.

Die Linie des Präsidenten ist in den USA höchst umstritten. Vor allem die Branchen, die Vergeltungszölle zu befürchten haben, halten nichts von seiner Handelspolitik. Weil die US-Bauern Vergeltungsmaßnahmen aus China etwa auf Sojabohnen und Schweinefleisch zu befürchten haben, umgarnt Trump seit Wochen diesen Berufsstand, in dem viele seiner Stammwähler sitzen. "Es gibt viele Sorgen", sagte Matt Perdue von der Nationalen Farmer Gewerkschaft.

Kanadas Vergeltung auf Waren im Wert von insgesamt 13 Milliarden Dollar soll zum Teil die Farmer treffen. Mexiko zielt auf Produzenten von Schweinebauch. "Wir haben alle Investitionen auf Eis gelegt", sagt etwa der Chef von des Schweinefleischproduzenten Maschhoff Family Foods, Ken Maschhoff, dem Sender CNBC. "Wir sollten gute Patrioten sein und das waren wir. Aber ich möchte nicht der Patriot sein, der am Ende des Krieges stirbt."

Die Eskalation zwischen den USA und China verfolgen europäische Firmen "mit hoher Nervosität", wie aus Kreisen der EU-Botschaften in Peking zu erfahren war. Ihre Befürchtung: Die Chinesen könnten Washington anbieten, künftig mehr in den USA als in Europa einzukaufen, um so den Handelsstreit beizulegen. Eine Bestellung von 180 Airbus (Airbus SE (ex EADS))-Flugzeugen sei bereits aufgeschoben, damit Peking möglicherweise mehr beim US-Hersteller Boeing kaufen kann. Jede Branche beobachte genau, wohin sich der Konflikt entwickelt.

Die Strafzölle der Chinesen gegen Importe von Autos aus den USA treffen ausgerechnet deutsche Autobauer wie BMW und Mercedes, die von ihren Werken in den USA aus China beliefern. "Es wird befürchtet, dass, egal wie sich der Konflikt weiter entwickelt, europäische Unternehmen zu den Verlierern gehören werden", war von EU-Diplomaten zu hören. Daimler gab bereits eine Gewinnwarnung heraus.

Auch BMW ist stark betroffen. Fast jedes fünfte Auto, das die Münchner auf dem weltgrößten Automarkt China verkaufen, kommt aus den USA. Peking hatte erst am vergangenen Sonntag die Einfuhrzölle auf Autos von bisher 25 auf 15 Prozent gesenkt. Doch werden sie mit den neuen Vergeltungsmaßnahmen jetzt auf 40 Prozent wieder angehoben.

Ob China oder die USA am meisten unter einem Handelskrieg zu leiden haben, ist unter Experten umstritten. Die US-Wirtschaft lebt zu zwölf Prozent vom Export, Chinas Wirtschaft sogar zu 20 Prozent. Die USA exportierten 2017 für 130 Milliarden US-Dollar nach China, während China für 500 Milliarden US-Dollar in die USA verschiffte.

Nur dürfte der Streit nicht auf den Außenhandel begrenzt bleiben. Peking könnte auch in China tätigen US-Unternehmen das Leben schwer machen. Sie haben im vergangenen Jahr Produkte und Dienste für 280 Milliarden US-Dollar im Land verkauft. Wie schon in Streitigkeiten mit Japan und Südkorea könnten Chinas Behörden die Unternehmen in Sachen Feuerschutz, Hygiene, Arbeitssicherheit oder Zollabfertigung drangsalieren und ihre Geschäfte behindern./lw/dm/DP/nas

PEKING/WASHINGTON (dpa-AFX)

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