Johnson will über Neuwahl abstimmen lassen
Der britische Premierminister Boris Johnson will am Montag über eine Neuwahl am 12. Dezember abstimmen lassen.
Derzeit hat er keine Mehrheit im Parlament und muss im Streit um den EU-Austritt Großbritanniens um jede Stimme kämpfen. Bislang sieht es jedoch nicht danach aus, dass das Unterhaus einer Neuwahl zustimmt. Die Europäische Union könnte Großbritannien mit einer flexiblen Fristverlängerung im festgefahrenen Streit entgegenkommen.
Die Abgeordneten sollen am Nachmittag nach einer Debatte im Unterhaus abstimmen. Die genaue Uhrzeit sei noch unklar, man rechne etwa mit 18 Uhr (MEZ), teilte ein Pressesprecher auf Anfrage in London mit.
Um eine Neuwahl durchzubekommen, braucht Johnson eine Zwei-Drittel-Mehrheit - dazu benötigt er die Hilfe der größten Oppositionspartei Labour. Deren Chef Jeremy Corbyn hatte deutlich gemacht, seine Partei werde einer Neuwahl nicht im Wege stehen, sobald ein No-Deal-Brexit vom Tisch sei. Er will die Entscheidung in Brüssel über die Verlängerung der Brexit-Frist abwarten.
Die EU-freundlichen Liberaldemokraten boten am Sonntag gemeinsam mit der Schottischen Nationalpartei (SNP) an, eine Neuwahl am 9. Dezember zu unterstützen, wenn es gleichzeitig eine Brexit-Verlängerung bis zum 31. Januar gibt. Die drei Tage frühere Wahl würde Spekulationen zufolge die Beteiligung von deutlich mehr Studenten garantieren, die in der Mehrheit pro-europäisch wählen. Der Tory-Abgeordnete James Cleverly wies den Vorschlag am Sonntag als "Trick" zurück.
In Brüssel herrscht Einigkeit über eine weitere Fristverlängerung über den 31. Oktober hinaus. Paris hat aber Bedenken gegen eine Verlängerung bis ins nächste Jahr hinein angemeldet. Möglich erscheint auch eine Schonfrist von nur wenigen Wochen, damit Johnson sein Gesetz durch das Parlament bringen kann. Brüssel will an diesem Montag oder Dienstag über die Verlängerung entscheiden.
Dabei könnte die Staatengemeinschaft auf eine flexible Lösung setzen. EU-Ratschef Donald Tusk hatte den 27 bleibenden EU-Staaten empfohlen, dem britischen Antrag auf Aufschub bis 31. Januar stattzugeben, um so einen chaotischen Brexit zu vermeiden. Der entscheidende Punkt: Großbritannien soll ein EU-Austritt auch vor Fristenende möglich sein, falls eine Ratifizierung des Austrittsabkommens vorher gelingt.
Die EU bereite bereits die Freigabe dieser sogenannten Flextension vor, berichtete die britische Zeitung "The Guardian" am Sonntagabend ohne genaue Quelle. Ein entsprechendes Dokument zirkuliere unter den Mitgliedstaaten und solle schon am Montag unterzeichnet werden.
Die Scheidung Großbritanniens von der EU war ursprünglich schon für den 29. März vorgesehen, wurde aber im Frühjahr zweimal verschoben.
/si/DP/zb
LONDON/BRÜSSEL (dpa-AFX)
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