Euro-Finanzminister machen Druck auf Griechenland
Von Andreas Kißler
BRATISLAVA/BERLIN (Dow Jones)--Die Finanzminister der übrigen Euro-Länder haben Griechenland zu einer schnellen Erfüllung seiner Reformzusagen gemahnt, um anstehende Hilfszahlungen zu erhalten. "Es gab das allgemeine Gefühl, dass wir keine Zeit verlieren dürfen", sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach Beratungen der Euro-Finanzminister in Bratislava.
Der im Mai mit Athen vereinbarte Zeitplan müsse eingehalten werden. "Deshalb ist weiterer Fortschritt nötig." Die Regierung in Athen müsse deshalb die Umsetzung der noch ausstehenden "Meilensteine" für die Reformen beschleunigen, an die die Auszahlung von Hilfen gekoppelt sind. "Der Druck ist zurück", hatte der Niederländer bereits bei seinem Eintreffen zu der Sitzung in der slowakischen Hauptstadt konstatiert. "Wir brauchen wirklich Fortschritte."
Auch EU-Währungskommissar Pierre Moscovici räumte ein, es sei "einige Zeit verloren" worden. "Die griechische Regierung muss wissen, dass wir auf sie warten." Allerdings müsse auch gesehen werden, dass es in den vergangenen Tagen beschleunigte Bemühungen gegeben habe. Es sei immer noch möglich, die geforderten Reformen rechtzeitig zu erreichen. "Es gibt den politischen Willen", hob der Franzose hervor.
Hilfen von 2,8 Milliarden Euro unter Bedingungen Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling zeigte sich in Bratislava hingegen deutlich verstimmt über die Verzögerungen bei den griechischen Reformen. Die sollten eigentlich bis Ende September erfüllt sein, damit Athen Hilfen über 2,8 Milliarden Euro erhalten kann. "Vereinbarungen sind dazu da, dass wir sie einhalten", sagte Schelling bei seinem Eintreffen. Dies wollte Österreich bei dem Treffen klarstellen, bei dem Griechenlands Geldgeber-Institutionen über den Umsetzungsstand berichteten. "Wir werden sehr deutlich darauf hinweisen, dass die Auszahlung von Mitteln an Bedingungen hängt."
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gab sich gelassen und verwies auf die bisherigen Erfahrungen mit der Regierung in Athen.
"Es ist ja nicht neu, dass wir bei Griechenland die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen immer erst in der Endphase der vereinbarten Zeit erleben", sagte der Bundesfinanzminister vor den Beratungen in der slowakischen Hauptstadt. Die Auszahlung der 2,8 Milliarden erfolge, "sobald Griechenland erfüllt hat, wozu es sich verpflichtet hat". Er warte nun erst einmal ab, was die Troika berichtet. "Es bleibt noch Zeit für Griechenland", meinte Schäuble aber.
Schäuble will Kampf gegen Steuervermeidung Der irische Finanzminister Michael Noonan hatte für das Treffen in Bratislava Diskussionen zu Griechenland "eher auf der offiziellen Seite als auf der politischen" vorausgesehen. "Ich glaube nicht, dass an diesem Morgen irgend eine größere Entscheidung zu Griechenland getroffen werden wird", sagte Noonan. Ausdrücklich verteidigte er den Willen der irischen Regierung, gegen die Entscheidung der EU-Kommission im Steuerfall Apple zu klagen. Da man sich nun in einer gerichtlichen Phase befinde, erwartete er für die Sitzung in Bratislava "nicht viele Kommentare in offizieller Runde".
Schäuble erhofft sich von dem Fall Apple allerdings eine Beschleunigung der Bemühungen im Kampf gegen die Steuervermeidung von Konzernen, gegen die die internationalen Staatengemeinschaft inzwischen mit den so genannten Beps-Vereinbarungen gegen eine Aushöhlung der Steuergrundlagen und Gewinnverlagerungen vorgeht. "Hätte es damals das, was da vereinbart worden ist, schon gegeben, dann wäre dieser Fall so nicht eingetreten", betonte Schäuble. "Also ist das ein Anstoß, auf diesem Weg, den Deutschland maßgeblich initiiert hat, entschlossen voranzugehen."
Auf Widerstand stoßen hingegen Pläne der slowakischen Gastgeber, einen gemeinsamen Euro-Finanztopf für Krisenzeiten einzurichten. Österreichs Finanzminister Schelling kritisierte das Vorhaben, das neben der Slowakei vor allem Italien und Frankreich fordern und das in Bratislava auf der Tagesordnung steht, wenn sich die Eurogruppe und danach die Finanzminister der gesamten Europäischen Union (EU) bis zum Samstag zu informellen Beratungen treffen.
"Wir hören uns das selbstverständlich an", sagte Schelling, "Aber ich bin hier sehr pessimistisch." Er sehe "keine unmittelbare Notwendigkeit" für einen solchen Krisenfonds, betonte der österreichische Finanzminister. "Wir haben erstens keine Krise, zweitens sind ausreichend Geldmittel dotiert für solche Schocks", sagte er. Würden solche Fonds errichtet, könnten sie immer zweckentfremdet werden.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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September 09, 2016 08:13 ET (12:13 GMT)
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Der irische Finanzminister Michael Noonan sah für das Treffen in Bratislava Diskussionen zu Griechenland "eher auf der offiziellen Seite als auf der politischen" voraus. "Ich glaube nicht, dass an diesem Morgen irgend eine größere Entscheidung zu Griechenland getroffen werden wird", sagte Noonan. Ausdrücklich verteidigte er den Willen der irischen Regierung, gegen die Entscheidung der EU-Kommission im Steuerfall Apple zu klagen. Da man sich nun in einer gerichtlichen Phase befinde, erwartete er für die Sitzung in Bratislava "nicht viele Kommentare in offizieller Runde".
Schäuble erhofft sich von dem Fall Apple allerdings eine Beschleunigung der Bemühungen im Kampf gegen die Steuervermeidung von Konzernen, gegen die die internationalen Staatengemeinschaft inzwischen mit den so genannten Beps-Vereinbarungen gegen eine Aushöhlung der Steuergrundlagen und Gewinnverlagerungen vorgeht. "Hätte es damals das, was da vereinbart worden ist, schon gegeben, dann wäre dieser Fall so nicht eingetreten", betonte Schäuble. "Also ist das ein Anstoß auf diesem Weg, den Deutschland maßgeblich initiiert hat, entschlossen voranzugehen."
Auf Widerstand stoßen hingegen Pläne der slowakischen Gastgeber, einen gemeinsamen Euro-Finanztopf für Krisenzeiten einzurichten. Österreichs Finanzminister Schelling kritisierte das Vorhaben, das neben der Slowakei vor allem Italien und Frankreich fordern und das in Bratislava auf der Tagesordnung steht, wenn sich die Eurogruppe und danach die Finanzminister der gesamten Europäischen Union (EU) bis zum Samstag zu informellen Beratungen treffen.
"Wir hören uns das selbstverständlich an", sagte Schelling, "Aber ich bin hier sehr pessimistisch." Er sehe "keine unmittelbare Notwendigkeit" für einen solchen Krisenfonds, betonte der österreichische Finanzminister. "Wir haben erstens keine Krise, zweitens sind ausreichend Geldmittel dotiert für solche Schocks", sagte er. Würden solche Fonds errichtet, könnten sie immer zweckentfremdet werden.
(mit Material von AFP)
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