Euro am Sonntag-Titel

Bärenmarkt: Strategien für die Durststrecke

07.09.11 06:00 Uhr

Wie lege ich mein Geld an in Zeiten der Schuldenkrise und Börseneinbrüche? Die besten Tipps der Finanzexperten bei der großen Telefonaktion von €uro am Sonntag.

Werte in diesem Artikel
ETFs

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Rohstoffe

2.616,54 USD -9,11 USD -0,35%

979,00 USD -3,00 USD -0,31%

930,50 USD -9,00 USD -0,96%

30,26 USD -0,08 USD -0,26%

Der Einbruch der Aktienmärkte im August hat viele Anleger überrascht. Die Verunsicherung ist groß angesichts extrem schwankender Börsenkurse, ungelöster Staatsschuldenkrisen und düsterer Zeichen von der Konjunkturfront. Grund genug für die Redaktion von €uro am Sonntag, drei renommierte Experten zu bitten, unseren Lesern am Telefon Rede und Antwort zu stehen. Dabei ging es um die Themen Anlagestrategie mit Aktien, Fonds und Rohstoffen, um Gold und Edelmetalle sowie um Steuern, insbesondere die Abgeltungsteuer. Im Folgenden haben wir die interessantesten Fragen und Antworten aus der zweistündigen Aktion zusammengestellt.

Anlagestrategie (Markus Bendner)

zur Person:
Markus Bendner
Der gelernte Bankkaufmann und Dip­lom-Bankbetriebswirt arbeitete viele Jahre im Privatkundenbereich sowie Portfoliomanagement der Deutschen Bank. Seit Anfang 2007 ist er bei der Vermögensverwaltung Wilhelm von Finck Deutsche Family Office (DFO) als Senior-Portfoliomanager im Aktienbereich beschäftigt. Zu seinen Schwerpunkten zählen Finanzen, Pharma, zykli­scher Konsum und Telekommunikation.
Die Wilhelm-von- Finck-DFO-Vermögensverwaltung betreut mit 40 Mitarbeitern rund 4,3 Milliarden Euro ­Anlagevermögen von Privatpersonen, Unternehmern und Stiftungen.

Frage: Herr Bendner, soll ich jetzt schon wieder in Aktien einsteigen?
Markus Bendner: Davor würde ich warnen. Denn es sind nach wie vor sehr hohe Risiken im Markt, und rein charttechnisch betrachtet, haben wir noch keine Bodenbildung, die wieder einen stabilen Aufwärtstrend erwarten lässt. Es besteht aktuell die Gefahr, dass wir in ein sehr schwaches Wirtschaftswachstum abgleiten. Die Ausblicke der Unternehmen im dritten und vierten Quartal dürften schlechter werden. Zwar hört man immer wieder das Argument, dass schon viel davon in den Kursen eingepreist sei. Aber im Moment hat man einfach noch kein Gefühl, wie schlimm es werden könnte.

Frage: Ich habe derzeit viel Kapital in Tages- und Festgeld geparkt. Ist das wirklich sinnvoll?
Bendner: Es ist kein Fehler, das zu tun. Denn die Situation ist sehr un­übersichtlich. Wir haben die Schuldenkrisen diesseits und jenseits des Atlantiks. Außerdem reagieren die Märkte derzeit sehr irrational. Dazu kommen die Ängste, dass wir wieder in eine Rezession zurückfallen. Ich wäre zurzeit vorsichtig mit risiko­behafteten Anlagen. Als Vermögensverwalter halten wir derzeit auch eine relativ hohe Bargeldquote.

Frage: Was halten Sie aktuell von Rohstoffinvestments?
Bendner: Rohstoffe haben in den ­vergangenen Jahren eine sehr hohe Korrelation zu Aktien aufgebaut. Sie müssen sich bewusst sein, dass es mit dieser Anlageklasse meist auch nach unten geht, wenn die Aktienmärkte einbrechen. Die große Ausnahme ist Gold, das in Krisenzeiten vom Sicherheitsbedürfnis der Anleger profitiert.

Frage: Trotz der jüngsten Börsenturbulenzen bin ich weiter von der Anlage in Aktien überzeugt. Wie kann ich dennoch das Risiko reduzieren?
Bendner: Am besten durch Diversifikation, also indem Sie Ihr Vermögen auf viele Werte streuen. Sie können sich entweder einen gemanagten Aktienfonds ins Depot legen oder Sie entscheiden sich für sogenannte Indexfonds, sprich ETFs.

Frage: Aber ETFs können sich doch nie besser als der zugrunde liegende Index entwickeln.
Bendner: Das ist richtig. Sie sind ein passives Instrument, bei dem keine aktiven Wetten eingegangen werden. Aber damit schalten Sie auch größere Risiken aus. Denn sobald der Fondsmanager versucht, seinen Vergleichsindex zu schlagen und entsprechend die Gewichtung in seinem Fonds verschiebt, wächst auch die Gefahr, dass er mit seiner Meinung danebenliegt und schlechter als der Vergleichsindex abschneidet. Wenn Sie dagegen nur den Index kaufen, haben Sie alle unsystematischen Risiken ausgeschaltet. Sie müssen sich dann nicht darauf verlassen, dass der Fondsmanager immer Top-Ideen hat. Nicht zu vergessen sind die günstigen Kosten dieser Anlagevehikel.

Frage: Was muss ich bei der Aktienanlage grundsätzlich bedenken?
Bendner: Früher hieß es immer: Man kauft sich eine Aktie und legt sie fünf oder sechs Jahre ins Depot. Diese Strategie funktioniert nicht mehr. Man muss heute sehr aktiv handeln und auch mal rechtzeitig Gewinne sichern. Oder Verluste vermeiden, indem man zeitig verkauft und in Tages- oder Festgeld geht. Wenn man merkt, dass es aktuell sehr turbulent und irrational zugeht, sollte man lieber mal an der Seitenlinie stehen.

Frage: Ich bin konservativer Anleger und interessiere mich für Offene Immobilienfonds. Eine gute Anlage?
Bendner: Offene Immofonds sind keinesfalls Witwen- und Waisenpapiere. Es sind eigentlich recht asymmetrische Produkte. Soll heißen: Sie als Anleger stellen dem Fonds kurzfristiges Kapital zur Verfügung, ­damit er langfristige Assets kaufen kann. Wenn nun plötzlich viele Anleger ihr Kapital abziehen, kommen diese Fonds in ernste Bedrängnis, wie die Schließungen bei diversen Offenen Immofonds im Zuge der Finanzkrise gezeigt haben. Grundsätzlich sollte man diese Fonds genauso wie eine Aktie beobachten und die Rechenschaftsberichte genau lesen. Ich empfehle Offene Immofonds bei der gesamten Vermögensaufstellung lediglich als Beimischung.

Frage: Ich besitze griechische An­leihen mit den Laufzeiten 2012 und 2013. Sie sollen unter dem Rettungsschirm stehen, mit einem 21-prozentigen Abschlag. Ist das schon verbindlich?
Bendner: Der Vertrag über den zweiten Rettungsschirm wurde am 21. Juli von den Staats- und Regierungschefs unterzeichnet. Er muss jedoch noch von den Parlamenten der einzelnen Euromitgliedsstaaten ratifiziert werden. Voraussichtlich wird jedoch Mitte bis Ende September ein Umtauschangebot Griechenlands veröffentlicht werden. Grundsätzlich werden vier Varianten des Umtauschs möglich sein, die alle einen Barwertverlust von jeweils etwa 21 Prozent darstellen. Über eine Garantiestruktur werden aus den neuen Anleihen quasi Zerobonds, also Nullkuponanleihen, da die Garantie des Rettungsschirms ESFS nur für den Nominalwert zum Laufzeitende gilt. Die zwischenzeitlichen Zinszahlun­gen oder Kupons der umgetauschten Anleihen werden nur von Griechenland selbst garantiert. Natürlich haben Sie auch die Möglichkeit, nicht am Umtausch teilzunehmen. Dies ist jedoch riskant, da möglicherweise Ihre Anleihen bei Fälligkeit nicht zurückgezahlt werden.

Gold und Edelmetalle zur Person:
David Reymann
David Reymann ist Betriebswirt und seit 2008 Vertriebschef des Münchner Edelmetall-Handelshauses Pro Aurum. Seine Passion für Edelmetalle entdeckte Reymann, als er 1998 als Schüler einen Kilobarren Silber für 356 Mark kaufte. „Der Silberpreis schien mir damals unangemessen niedrig zu liegen. Rückmeldungen von unbefangenen Menschen haben mir das damals bestätigt“, sagt der Experte. Im Jahre 2006 initiierte er die Gründung der Deutschen Edelmetall-Gesellschaft (DEG). Im Münchner FinanzBuch Verlag hat Reymann „Das Edelmetallhandbuch“ veröffentlicht.

Frage: Wir besitzen eine größere Position physisches Gold, das wir bei 1100 Euro pro Unze gekauft haben. Für Silber haben wir 20 Euro pro Unze bezahlt. Wir wollen den physischen Bestand nicht verringern und suchen jetzt nach Möglichkeiten, die Buchgewinne abzusichern.
David Reymann: Grundsätzlich müssen physische Positionen nicht abgesichert werden, weil sie die eigentliche Absicherung des Vermögens selbst sind. Allerdings sollten Sie überprüfen, ob alle Edelmetallpapiere im Depot tatsächlich zuverlässig mit physischem Edelmetall hinterlegt sind. In Amerika wurden Emittenten erfolgreich wegen Nichteinlagerung verklagt, weil sie entgegen den Angaben im Prospekt kein Edelmetall hinterlegt hatten.

Frage: Wir halten unsere Positionen in Gold und Silber in Schweizer Franken. Sollten wir jetzt auch währungsgesicherte Quanto-Papiere kaufen?
Reymann: Nein. Mit dem starken Schweizer Franken fahren Sie ja schon sehr gut. Prinzipiell müssen Sie Gold gegen Währungsschwankungen nicht absichern. Alle führenden Währungen, auch der Kanadi­sche und Australische Dollar sowie der Schweizer Franken, haben im Vergleich zu Gold in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt zwölf Prozent und mehr pro Währung an Wert verloren.


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Frage: Wo sehen Sie die Preise für eine Unze Gold und Silber auf Sicht der nächsten zwölf Monate?
Reymann: Ich sehe Prognosen zu Kurszielen skeptisch. Grundsätzlich erwarte ich aber sowohl bei Gold als auch bei Silber einen weiteren kräftigen nominalen Kursanstieg. Der Grund dafür ist die starke und kontinuierliche Wertverwässerung bei Papiergeld im Vergleich zu den Edelmetallen.

Frage: Warum sehen wir bei Silber im Vergleich zu Gold deutlich stärkere Preisschwankungen?
Reymann: Weil bei Silber ein erheblich größerer Anteil der Nachfrage aus der industriellen Verwendung kommt. Erst seit dem Jahr 2006 wird zunehmend mehr Silber für die Herstellung von Münzen und Barren verwendet.

Frage: Bisher habe ich in meinem Depot ausschließlich Aktienfonds. Die möchte ich jetzt mit Edelmetallen absichern. Wie soll ich vorgehen?
Reymann: Der Anteil der Absicherung durch Gold und Silber hängt von Ihrer Einschätzung der Marktentwicklung ab. Je stärker Sie mit Edelmetallen Ihr Vermögen absichern, desto stärker schränken Sie Ihre Strategie ein, mit Aktien auf Wirtschaftswachstum zu setzen.

Frage: Mich beunruhigt der schnelle Goldpreisanstieg. Was halten Sie als Experte von dieser Entwicklung?
Reymann: Solange das Problem mit der uferlos erscheinenden Staatsverschuldung der USA und des Euro­währungsraums nicht gelöst ist, wird über die Notenbankpressen weiter viel zusätzliches Geld in die Märkte fließen. Denn Papiergeld ist – wenn die Politiker dies anstreben – einfacher zu produzieren als Gold. Solange diese starke Expansion der Geldmenge anhält, steigt der Goldpreis. Über die Absicherung mit ­physischem Edelmetallbesitz steigen Sie jedoch aus diesem beschleunigten Verschuldungskreislauf aus. Dazu kommt, dass beim Verkauf von physischem Gold, anders als bei Wertpapieren, keine Abgeltungsteuer fällig wird.

Frage: Worauf sollte ich bei Edelmetall in Form von Münzen achten?
Reymann: Dass es bekannte Münzen sind, die häufig gehandelt werden. Also keine Exoten, Medaillen oder ähnliche Kunstprägungen aus Edelmetallen.

Frage: Ich habe im Juni für 800 Euro eine 16-Gramm-Goldmünze mit Papst-Motiv erworben. Mein Sohn kritisierte mich dafür und sagte, ich hätte das Gold als Unze wesentlich billiger kaufen können.
Reymann: Bei einer Medaille bezahlen Sie auch für das Kunstwerk. Beim Wiederverkauf sind Käufer aber selten bereit, diesen zum Teil erhebli­chen Aufschlag zu zahlen. Ich bin geneigt, Ihrem Sohn recht zu geben.

Frage: Wie kann ich bei einem geplanten Investment von 50.000 Euro in physisches Edelmetall innerhalb dieser Kategorie differenzieren?
Reymann: Das hängt von Ihren persönlichen Erwartungen ab. Für ein Szenario mit stark steigender Teuerung würde ich wegen des geringeren Aufschlags empfehlen, größere Blöcke zu kaufen. Das sind dann 250-Gramm-Barren. Es ist jedoch auch so, dass Sie mit Goldbarren von 250 Gramm in Zukunft voraussichtlich einen kleineren Kreis potenzieller Abnehmer haben werden, bedingt durch den weiter steigenden Goldpreis im Vergleich zu heute. Wenn Sie weiter denken und selbst einen Kollaps des Finanzsystems nicht ausschließen, dann sieht die Empfehlung anders aus: Bei 50.000 Euro würde ich dann 20.000 Euro in Silber-Philharmoniker-Münzen anlegen und den Rest in Gold mit Barren von allerhöchstens 100 Gramm.

Frage: Einige Fonds werben damit, dass sie physisches Edelmetall außerhalb der EU-Grenzen lagern.
Reymann: Das ist ein riesiges Verkaufsargument. Physische Depots können gegen staatliche Eingriffe, auch innerhalb der Eurozone, nicht versichert werden. Wir bei Pro Aurum haben seit 2008 in der Schweiz ein Speziallager für Edelmetalle eingerichtet, in das zoll- und steuerfrei Weißmetall gekauft werden kann. Zusätzlich unterhalten wir ein Lager in Hongkong. Das ist vor allem für große Adressen interessant, die Summen von mehr als einer Million Euro anlegen wollen. In Hongkong wird Gold in Barren von einem Kilo zumeist in großer Menge eingelagert.

Frage: Lohnt es sich, das Engagement bei Goldminen jetzt auszubauen?
Reymann: Ja. Bisher ist die Kursentwicklung der Minenaktien im Vergleich zum Preis physischen Golds stark hinter den Erwartungen zurückgeblieben, obwohl die Konzerne ihre Kosten im Griff haben und sich hohe Dividenden leisten.

Frage: Aus welchen Förderländern sollte ich Minenaktien kaufen?
Reymann: Nur aus soliden Ländern wie Australien oder Kanada, die auf einem stabilen politischen Fundament stehen. Minenwerte und Fonds mit Schwerpunkt Südafrika, wo zum Beispiel aktuell über eine Verstaat­lichung von Goldminen diskutiert wird, würde ich meiden.

Steuern (Stefan Thiem)

zur Person:
Ohne die Abgeltungsteuer wäre das Leben des Steuerberaters und Rechtsanwalts von der Münchner Kanzlei Ebner Stolz Mönning Bachem sicher ­ruhiger. Zentimeterdicke Anwendungserlasse des Bundesfinanzministeriums hin oder her: „Wir haben im deutschen Steuerrecht mehr und mehr ein Recht, das von Urteilen geprägt ist“, sagt Thiem, der oft den Telefonhörer zwischen Ohr und Schulter einklemmen musste, um einen Sachverhalt nachzuschlagen. Sein Tipp für Anleger, die sich ungerecht besteuert fühlen: wachsam sein. Gerade wenn es um strittige Steuerfragen geht, können Anleger ihre Steuererklärung offenhalten und am Ende von einem günstigen Richterspruch profitieren.

Frage: Ich habe ausländische thesaurierende Fonds in meinem Depot bei einer deutschen Bank. Die Anteile habe ich vor Einführung der Abgeltungsteuer gekauft. Wenn ich die seit 2009 gültige Regelung richtig verstanden habe, muss ich beim Verkauf der Anteile auf die Kursgewinne keine Steuern zahlen. Aber was ist mit den Gewinnen, die der Fonds inzwischen eingenommen hat?
Stefan Thiem: Ihre erste Annahme ist richtig. Da es sich um einen Altfondsanteil handelt, ist die Veräußerung nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerfrei möglich. Die Thesaurierungserträge haben Sie ja laufend besteuert. Hier bleiben jedoch insbesondere Veräußerungsgewinne aus Aktien und Stillhalterprämien zunächst steuerfrei. Wenn Sie einen thesaurierenden Fonds steuerpflichtig verkaufen, dann werden vom Veräußerungsgewinn die schon versteuerten Thesaurierungserträge abgezogen. Es empfiehlt sich, diese übersichtlich für das Finanzamt aufzu­­schreiben. Um dies zu erreichen, müssen Sie eine Steuererklärung abgeben, da die Banken dies im Rahmen der Abgeltungsteuer zumeist nicht berücksichtigen können. Mein Tipp: Machen Sie es den Finanzbeamten immer so einfach und übersichtlich wie möglich, dann werden Ihre Erklärungen schnell durchgewinkt.

Frage: Gold ist von der Umsatzsteuer befreit, gilt das auch für andere Edelmetalle und Diamanten?
Thiem: Leider nein. Platin, Palladium und Co, aber auch Diamanten unterliegen dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Gleiches gilt für Silberbarren. Auf Münzen aus Silber fallen nur sieben Prozent Steuer an.

Frage: Kann ich verfallene Optionsscheine als Verluste geltend machen?
Thiem: Diese Frage ist unter Steuerrechtlern strittig. Ein Urteil gibt es noch nicht und es gibt auch kein anhängiges Verfahren. Allgemein sieht der Fiskus verfallene Optionsscheine als „Privatvergnügen“ an – auch wenn es ein zweifelhafter Spaß ist, Verluste nicht geltend machen zu können. Gewinne, die Anleger mit Optionsscheinen machen, sind allerdings steuerpflichtig. Auch um die Situation, wenn ein Anleger einen Optionsschein verkauft, kurz bevor er verfällt, und die Verluste geltend macht, gibt es Streit. Die Oberfinanzdirektion Münster nennt solche Verkäufe Gestaltungsmissbrauch (Kurzinfo 021/2009). Allerdings muss der Fiskus diesen erst einmal nachweisen. Zudem gibt es ein Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. IX R 60/07), wonach es völlig in Ordnung ist, wenn Anleger Wertpapiere, die sie binnen Jahresfrist gekauft haben, mit Verlust veräußern und sie am ­selben Tag wieder zu einem unterschiedlichen Kurs zurückkaufen.

Frage: Ich habe Aktien, die ich im Jahr 2000 gekauft habe, mit Verlust verkauft. Kann ich die Verluste steuerlich geltend machen?
Thiem: Leider nein. Den Fiskus inte­ressieren Investments aus der Zeit vor Einführung der Abgeltungsteuer 2009 nicht mehr, wenn die Spekulationsfrist bereits verstrichen ist. Das hat den Vorteil, dass Gewinne steuerfrei sind, aber auch den Nachteil, dass Verluste nicht steuerlich geltend gemacht werden können.

Frage: Ich würde gern Geld in einen Dividenden-ETF von iShares anlegen. Mein Favorit ist der Dow Jones U.S. Select Dividend. Ist es trotz der wahrscheinlich fälligen Quellensteuer sinnvoll, in diesen Indexfonds anzulegen, oder würden Sie zu einem Dividenden-ETF auf den DAX raten? Fällt die Quellensteuer nur auf die Dividenden an oder auch beim Verkauf der Anteile? Wenn ja, kann ich diese vom deutschen Fiskus zurückholen?
Thiem: Steuerlich betrachtet, unterscheiden sich die beiden Indexfonds nicht, da beide in Deutschland aufgelegt sind und die Fondsgesellschaft die Abgeltungsteuer direkt abführt. Sollten die USA dennoch die Quellensteuer einbehalten, wird zunächst Ihre Bank die Quellensteuer mit der Abgeltungsteuer verrechnen. Weitere Quellensteuer können Sie zurückfordern. Deutschland hat mit zig Staaten, so auch den USA, Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, die verhindern sollen, dass Anleger zweimal besteuert werden. Entsprechende Formulare zur Erstattung finden Sie beim Bundeszentralamt für Steuern (www.bzst.de).

Investor-Info

Ausgewählte Empfehlungen
Besser auf Nummer sicher
Aktienexperte und Anlagestratege Markus Bendner rät Investoren in der aktuellen Situation zur Vorsicht. Für ihn ist die Zeit noch nicht gekommen, wieder massiv in den Aktienmarkt einzusteigen. Auf jeden Fall sollten Anleger ihr Vermögen breit streuen. Als Basisinvestment empfiehlt er passiv gemanagte Indexfonds (ETFs), die kostengünstig breite Märkte abdecken. Eine Alternative sind für ihn auch Mischfonds, die eine „Vermögensverwaltung im Kleinen darstellen“ und bei flexibler Steuerung der Anlageklassen Börseneinbrüche abfedern. Für Sicherheitsbewusste ist Gold nach wie vor ein großes Thema. Edelmetallexperte David Reymann geht von weiter steigenden Notierungen aus, solange die Verschuldungsprobleme des Westens nicht gelöst sind. Chancen sieht er zudem bei Minenunternehmen. Im Folgenden einige aus­gewählte Empfehlungen zu den Tipps der Experten.

Global-Select-Dividend-ETF
Breit gestreut in Dividendentitel
Der ETF von db x-trackers bietet vorsichtigen Anlegern gleich zwei Vorzüge: Das Kapital wird breit gestreut und es fließt in Aktien von dividendenstarken Unternehmen. Diese schneiden in konjunkturellen Schwächephasen meist besser ab als andere Firmen. Mit dem Papier können Anleger an der Wertentwicklung der 100 Unternehmen mit der höchsten Dividendenrendite in ­Europa, Amerika und Asien partizipieren. Auf Jahressicht konnte sich der ETF trotz jüngster Verluste im Plus halten.

M & G Optimal Income Fund
Anleihen und Aktienkick
Zu den besten Mischfonds der Kategorie „defensiv“ gehört der M & G Optimal Income. Er wird von Richard Woolnough gelenkt, dem wohl erfahrensten britischen Anleihespezialisten. Dieser genießt bei der Auswahl von Bonds größte Freiheiten. Zusätzlich darf er bis zu 20 Prozent Aktien ins Depot nehmen. In der Regel liegt dieser Anteil aber bei etwa fünf Prozent. Auf Sicht von drei Jahren hat der Fonds um rund 40 Prozent zugelegt.

Julius Bär Gold Equity Fund
Glänzende Mischung
Mit diesem Fonds von Julius Bär können Anleger darauf setzen, dass die Kurse von Goldminenaktien gegenüber dem stark gestiegenen Goldpreis aufholen. Zu mindestens zwei Dritteln befinden sich Aktien aus der Gold­minenindustrie im Portfolio. Daneben dürfen aber auch ­Papiere wie ETFs und ETCs gekauft werden, die den Notierungen des physischen Golds folgen. Eine Verbindung also von Gold- und Goldmineninvestments.