Euro am Sonntag-NEMAX-Serie

Paulus Neef: Der Poster-Boy der New Economy

03.03.18 20:15 Uhr

Paulus Neef: Der Poster-Boy der New Economy | finanzen.net

Erst Lichtgestalt, dann vom eigenen Hof gejagt: Aufstieg und Fall des Gründers von Pixelpark, Paulus Neef, den sein Absturz damals nicht wirklich überraschte.

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von Peter Balsiger, Euro am Sonntag

Er galt als das Gesicht des Neuen Markts, die Verkörperung der Internetbranche, das digitale Zeitalter in Person. Mit seiner Firma Pixelpark, in den 90er-Jahren Europas führender Multimedia-Dienstleister, machte Paulus Neef Milliarden, und alles schien ihm zu gelingen: "Manchmal hatte ich das Gefühl, ich könnte über Wasser gehen." Nach dem Crash der New Economy verlor er alles, wofür er gekämpft hatte. "Ich wurde mit Schimpf und Schande vom eigenen Hof gejagt." Das Rampenlicht vermisst er heute nicht mehr, der einstige Börsen­star hat sein Leben geändert.

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Neef, 1960 in Gütersloh geboren, wuchs in Deutschland und Spanien auf. Er studierte Hispanistik, Germanistik und Publizistik in Madrid und Berlin. 1991 gründete er zusammen mit seinem Freund Eku Wand in einem Wilmersdorfer Gartenhaus die Internetfirma Pixelpark Multimedia Agentur GmbH. Die Jungunternehmer hatten anfänglich weder ein schlüssiges Konzept noch nennenswertes Kapital, sie produzierten und verkauften CD-ROMs, ein damals neues Medium, und programmierten Computergrafiken und Websites.

Das Geschäft entwickelte sich gut. Pixelpark stellte Mitarbeiter ein und zog in eine Fabriketage um. Im ersten Geschäftsjahr betrug der Umsatz 70.000 Mark, im Jahr darauf waren es bereits 2,5 Millionen. Das lag vor allem an einem Mega-Deal über eine Million mit dem Karstadt-Konzern, für den Pixelpark ein interaktives, computergestütztes Verkaufssystem entwickelt hatte.
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1996 übernahm Bertelsmann rund 58 Prozent an Pixelpark. Neef: "Wir hatten eine gefährliche Größe erreicht und brauchten einen starken Partner." Am 4. Oktober 1999 ging das Unternehmen an den Neuen Markt. Der Aktienkurs stieg vom Emissionspreis 15 Euro innerhalb eines Monats auf über 30 Euro.

Der Börsengang wurde mit einem rauschenden Fest gefeiert. 1.500 Gäste waren in den Dresdner Bahnhof in Berlin geladen. "Da habe ich einmal innegehalten und zurückgeschaut", erzählte Neef der "Welt". Ihm wurde klar, was für einen Kultstatus seine Firma inzwischen erlangt hatte. Er war gerührt und überwältigt. "Als ich auf der Bühne stand, kamen mir echt die Tränen."
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Der Börsengang brachte das Geld für eine Reihe von Übernahmen. Neef und Thomas Middelhoff, damals Vorstandschef von Bertelsmann, heizten zusammen mit Übernahmen die Spekulationen an. Man flog in Privatjets um die Welt, traf sich auf Golfplätzen zu Besprechungen, kreuzte in Limousinen durch Metropolen. Pixelpark hatte Dependancen und Tochtergesellschaften in 16 Ländern und 22 Städten.

Neef arbeitete 18 Stunden täglich, fühlte sich "wie in einem goldenen Käfig". Der Kurs der Aktie stieg und stieg. Zu Weihnachten 1999 durchbrach er die 100er-Marke. Neefs Anteile waren über 350 Millionen Mark wert. Im Frühjahr 2000 stieg der Kurs auf über 180 Euro. Neef war jetzt sehr reich. Zumindest auf dem Papier. "Mir schienen diese Summen immer unwirklich." Im gleichen Jahr wurde er zum "Agenturmann des Jahres" gekürt. Die "New York Times" widmete ihm zwei Seiten.

Der Neue Markt - das war die größte Party der Welt. Zwar fragten sich damals viele, wann die Blase platzen würde. Aber keiner wollte etwas verpassen. Also machten alle weiter, in diesem heißen Sommer 2000, als das goldene Zeitalter kurz vor dem Zusammenbruch stand. Auf dem Höhepunkt der New Economy wurde Pixelpark mit fast vier Milliarden Euro bewertet. Kurz darauf stürzte die Aktie ab.

Er ahnte das Ende

Die Stimmung habe ihn damals gewissermaßen vor sich selbst hergetrieben, gestand er später. Er habe zwar geahnt, dass das nicht lange gut gehen könne. Aber er habe seine Zweifel nicht geäußert, um den geahnten Untergang nicht zu besiegeln.

Es ging steil abwärts. Immer mehr Großkunden geizten mit Folgeaufträgen. Neefs großer Wurf, die Übernahme der schwedischen Cell Networks, scheiterte, und Bertelsmann verlor die Geduld. Ende 2000 verkündete Middelhoff, dass Internetberatung nicht mehr in die Strategie des Medienriesen passe. Die Pixelpark-Aktie kostete am 4. April 2001 nur noch 3,20 Euro.

Die Ahnung, dieses Gefühl im Bauch, dass die Stimmung bald umschlagen und er vom Poster-Boy der New Economy zum Buhmann werden würde, sei das Schlimmste gewesen. Im März flog Neef mit seiner Frau für sieben Tage nach Malaysia - weit weg von Aktienkursen, Verlusten und dem Berliner Winter. "Doch die Ahnung flog mit, wuchs unter Asiens Sonne zur bitteren Gewissheit", schrieb die "Welt". In Berlin verkündete die Firma die Entlassung des Finanzchefs, die Faxe, die Neef erreichten, verkündeten nur Katastrophales.

Auf dem Rückflug schaute ihn das eigene Foto aus dem Bordmagazin an. Eine Stewardess sprach ihn an: "Herr Neef, wann geht es denn wieder aufwärts mit meinen Aktien?" Der Angesprochene nannte das später "ein fast traumatisches Erlebnis".

Ende 2002 wurde er vom Aufsichtsrat fristlos entlassen. Die Leser des einfluss­reichen Branchendienstes "iBusiness" wählten ihn zum "Absteiger des Jahres 2002". Es wurde jetzt einsam um die einst umjubelte Lichtgestalt. Neef fühlt sich noch heute ungerecht behandelt. In den USA werde nur bestraft, wer nach dem Sturz nicht wieder aufstehe. In Deutschland nehme man einem Unternehmer das Hinfallen ewig übel.

Zwei Jahre nach der Trennung im Streit verkaufte Neef seine Pixelpark-Anteile in Höhe von 16,1 Prozent. Sein nächstes Projekt - das Webportal Sportgate, das er zusammen mit Boris Becker realisieren wollte - endete mit einer Pleite. 2009 wagte er mit Mama Sustainable Incubation AG einen Neustart. Strategischer Partner und Ankerinvestor war das Dow-Jones-Unternehmen 3M. Mama versteht sich als eine Art Brutkasten, der erfolgversprechende nachhaltige Technologien kommerzialisiert.

Nach zwei Bandscheibenvorfällen mit Ende 40 entschied sich Neef, sein Leben umzukrempeln. Er achtete auf seine Ernährung, trainierte Taekwon­do, joggte regelmäßig und entdeckte Yoga. 2015 plante er den Aufbau einer Yoga-Kette, warb über eine Finanzierungsplattform bei 285 Kleinanlegern eine Anschubhilfe von knapp 200.000 Euro ein. Bis 2020 sollen rund 20 Studios in Deutschland, Österreich und der Schweiz eröffnen, hieß es. Geschehen ist bisher nichts - und die Kleinanleger fragen sich schon wieder, wo ihr Geld geblieben ist.

Investor-Info

Publicis
Die Pixelpark-Mutter

Im Jahr 2012 hat die französische Publicis-Holding die Mehrheit an der deutschen Digitalagenturgruppe Pixelpark übernommen. Das Unternehmen Publicis Pixelpark bietet heute nach eigenen Angaben "alle Dienstleistungen zur digitalen und klassischen Kommunikation aus einer Hand". Die Muttergesellschaft Publicis gehört auch dank zahlreicher Zukäufe weltweit inzwischen zu den drei größten globalen Werbedienstleistern. Die Publicis-Aktie hat aber trotz des Wachstums Anlegern in den vergangenen drei Jahren nur wenig Freude bereitet. Das Papier ist seit 2014 in einem Seitwärtstrend gefangen, ein Ausbruch nicht abzusehen.


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16.04.2021Publicis NeutralCredit Suisse Group
08.01.2021Publicis NeutralCredit Suisse Group
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