Saudi-Arabien: Interessante Perspektiven - auch für Anleger!
Der neue politische Führer Saudi-Arabiens, Mohammed bin Salman, stößt zahlreiche Reformen an. Damit wird das Land auch als Anlageziel interessant.
von Ross Teverson, Gastautor für €uro am Sonntag
In Saudi-Arabien ist es unübersehbar, dass weitreichende Reformen stattfinden. Zum Beispiel wird gegen Korruption vorgegangen, ultrakonservative Gesellschaftsteile werden isoliert, und es darf sich mittlerweile
ein Unterhaltungssektor entwickeln. Außerdem gibt es wichtige Verbesserungen bei den Frauenrechten (obgleich auf einem sehr niedrigen Niveau) sowie eine Zunahme des Frauenanteils an der Erwerbsbevölkerung.
Mit Blick auf die Börse ist festzustellen, dass der geplante IPO der staatlichen Ölgesellschaft Saudi Aramco sie zu einem der wertvollsten börsennotierten Unternehmen der Welt machen würde. Darüber hinaus wird Saudi-Arabien durch die Aufnahme in den MSCI-Emerging-Markets-Index, die voraussichtlich im Jahr 2019 erfolgen wird, stärker in den Fokus globaler passiver und aktiver Investoren rücken.
Saudi-Arabien hat eine junge Bevölkerung - die Hälfte ist jünger als 25 Jahre. Es hat den Anschein, dass die meisten Menschen die Maßnahmen zur Diversifikation der Wirtschaft befürworten. Kronprinz Mohammed bin Salman arbeitet daran, die Wirtschaft des Landes weg vom Öl hin zu einer sozial nachhaltigeren Wirtschaft zu entwickeln.
Oft ist zu hören, dass Saudi-Arabien für den Nahen Osten genauso wichtig ist wie China für Asien. Das klingt zunächst ein wenig vermessen, aber es gibt sicherlich einige interessante Parallelen. Saudi-Arabien wird Gastgeber des G-20-Gipfels im Jahr 2020 sein, und wir haben schon einige Zeit im King Abdullah Financial District verbracht, wo er stattfinden wird. Heute ist ein großer Teil des Gebiets eine Baustelle, aber der Distrikt hat früher stark an Peking und Shanghai erinnert, wo oft der politische Wille den Anstoß zur schnellen Fertigstellung von Projekten gibt.
Außerdem scheint sich Saudi-Arabien an Chinas Investitionsmodell zu orientieren, indem es in Infrastrukturprojekte investiert, um Engpässe beim Wirtschaftswachstum zu beseitigen. So befinden sich zum Beispiel ein neues U-Bahn-System in Riad und eine Hochgeschwindigkeitsschienenverbindung zum Flughafen im Bau. Eine weitere mögliche Parallele ist die Vorstellung, dass Mohammed bin Salman seine eigene Autorität durch Antikorruptionsmaßnahmen gestärkt hat, ähnlich wie Präsident Xi in den ersten Jahren seiner Amtszeit. Bisher ist ihm dieses Vorgehen nicht zum Verhängnis geworden, aber zweifellos hat es unter den hochrangigen Mitgliedern der königlichen Familie und den betroffenen Geschäftsleuten einigen Unmut hervorgerufen.
Obwohl es offensichtlich ist, dass Veränderungen notwendig sind, um Saudi-Arabien auf einen wirtschaftlich nachhaltigeren Weg zu bringen, sind auf diesem Weg Herausforderungen zu meistern. Deshalb werden Investoren selektiv handeln müssen, um die besten Chancen zu identifizieren.
Gesundheitswesen bietet interessante Perspektiven
Ein interessanter Sektor ist das Gesundheitswesen, in dem wir eine Reihe von wenig analysierten, gut geführten Unternehmen identifizieren können, die von einem signifikanten Strukturwandel profitieren sollten. Die Gesundheitsausgaben in Saudi-Arabien werden steigen, da die Krankenversicherung in den privaten Sektor übergeht. Wenn darüber hinaus mehr qualitativ hochwertige Versorgung im Inland entsteht, können einige Patienten, die zuvor zur Behandlung ins Ausland gereist sind, diesen Bedarf nun im Inland befriedigen.
In anderen Bereichen ist jedoch Vorsicht geboten. Zum Beispiel sieht der saudische Bankensektor auf den ersten Blick attraktiv aus. Dennoch bin ich der Meinung, dass es für einige Banken Qualitätsrisiken geben könnte. Bei der Analyse muss besondere Aufmerksamkeit auf die Qualität der Kreditbücher gelegt werden. Des Weiteren könnten einige dringend notwendige Wirtschaftsreformen, wie die Abschaffung von Treibstoffsubventionen, die Einführung der Mehrwertsteuer und Abgaben auf ausländische Arbeitnehmer, kurzfristig negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben.
Bis heute ist die Beteiligung ausländischer Investoren am saudischen Aktienmarkt gering. Allerdings dürfte er eine immer wichtigere Rolle in der Anlageklasse der Schwellenländer spielen.
Ross Teverson
Fondsmanager bei Jupiter Asset Management
Teverson studierte Geografie und Soziologie in Oxford und hält ein Diplom als Chartered Financial Analyst. Nach verschiedenen Stationen bei Banken weltweit leitet er seit 2014 bei Jupiter die Anlagestrategie für den Bereich Schwellenländer. Jupiter AM ist ein börsennotierter Investmentmanager mit Boutique-ähnlichem Anlagestil und Sitz in London, wurde 1985 gegründet und beschäftigt weltweit mehr als 400 Mitarbeiter.
____________________
Weitere News
Bildquellen: iStockphoto, Jupiter Asset Management