Euro am Sonntag-Meinung

Profitieren vom Ellsberg-Paradoxon: So geht's!

25.11.16 15:00 Uhr

Profitieren vom Ellsberg-Paradoxon: So geht's! | finanzen.net

Anleger suchen Sicherheit und wenig Schwankung der Kurse - und verzichten deshalb oft auf Chancen mit volatileren Wertpapieren. Mit der richtigen Strategie klappt genau das.

Werte in diesem Artikel
Aktien

1.563,00 EUR 10,00 EUR 0,64%

39,88 EUR 0,04 EUR 0,10%

65,06 EUR 0,86 EUR 1,34%

30,48 EUR 0,29 EUR 0,94%

281,00 EUR -1,00 EUR -0,35%

74,62 CHF 0,20 CHF 0,27%

Rohstoffe

74,15 USD 0,15 USD 0,20%

70,53 USD 0,26 USD 0,37%

von James Clunie, Gastautor von Euro am Sonntag

Eine Analyse der aktuellen Marktökologie zeigt, dass anleiheähnliche Aktien mit niedrigem Beta, sogenannte Bond Proxies, besonders gefragt sind. Denn Anleger mögen keine allzu großen Schwankungen in ihren Depots - und das Beta ist die Kennzahl, welche die relative Schwankungsbreite eines Wertpapiers im Verhältnis zum Gesamtmarkt aufzeigt. Diese Situation erinnert an ein ungewöhnliches Phänomen, das als Ellsberg-Paradoxon bekannt ist. Danach werden bekannte Wahrscheinlichkeiten häufig Situationen vorgezogen, in denen die Wahrscheinlichkeiten ungewiss sind - selbst dann, wenn der Nutzen im ersteren Fall gering ist. Wir sehen Möglichkeiten, von diesem Verhalten zu profitieren.



Die Beschäftigung mit der Ökologie eines Markts kann aufschlussreich sein. Eines der ausgeprägtesten Verhaltensmuster unter dem derzeitigen Marktregime ist, dass die Anleger seit Jahren ein wachsendes Interesse an Qualitätswerten einschließlich der anleiheähnlichen sogenannten Bond Proxies zeigen. Die langfristige Flucht in Qualität hat eine Reihe von Geldverwaltern veranlasst, neue Fonds für Qualitätsaktien aufzulegen. Dadurch ist ein Rückkopplungskreis entstanden, bei dem die Mittelzuflüsse dazu beitragen, die Bewertungen dieser Titel in die Höhe zu treiben, was wiederum zusätzliche Gelder anlockt.

Lieber Sicherheit bei der Anlage als Chancen auf einen Vorteil Es scheint zwar nichts oder nur wenig darauf hinzudeuten, dass die Aktienmärkte Qualität langfristig mit einem Aufschlag honorieren, doch dieser Rückkopplungskreis und die Outperformance, die er gefördert hat, tragen offenbar zur Verfestigung der Überzeugung bei, dass Qualitätswerte auf längere Sicht zuverlässig eine überdurchschnittliche Performance liefern.


Dieses Verhalten ist sinnbildlich für ein Phänomen, das manchmal auftritt, wenn Entscheidungen unter Bedingungen der Unsicherheit getroffen werden. Bekannt als Ellsberg-Paradoxon, beschreibt es eine spezielle Form des Risikoverhaltens, bei dem Menschen die bekannte Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ergebnisses einer uneindeutigen Situation vorziehen, selbst wenn sie davon im Hinblick auf das erwartete Ergebnis keinen Vorteil haben.

Ist das erhebliche Interesse von Anlegern an sicheren Aktien ein Beispiel dafür, dass Menschen eher jene Investments bevorzugen, die sie als weniger unsicher erachten? Einige sehen es so, dass qualitativ gute Bond Proxies den besten Schutz vor Ungewissheit bieten. Aktien im Depot zu haben, deren weitere Entwicklung besonders ungewiss ist, kann psychischen Stress bewirken, der wiederum am Selbstvertrauen des betreffenden Anlegers nagt.


Ganz anders sieht die emotionale Seite von Anlagen in Qualität aus. Wer Aktien eines Unternehmens wie Procter & Gamble hält, das offenbar bombensichere Geschäfte macht und hohe Cashflows erwirtschaftet, kann mit der Welt zufrieden sein. Man kann sich leicht vorstellen, welches Gefühl der Sicherheit ein solcher Titel verleiht.

Mit unserer Strategie versuchen wir in zweierlei Hinsicht von den Begleiterscheinungen des Ellsberg-Paradoxons zu profitieren. Zum einen suchen wir nach Situationen, in denen die Präferenz für Gewissheit gegenüber Ungewissheit, die das Paradoxon unterstellt, ins Spiel kommt. So versuchen wir Unternehmen ausfindig zu machen, die niedrig bewertet und bei den Marktteilnehmern unbeliebt sind, weil ihre Risikobilanz etwas unübersichtlich ist. Unsere Argumentation lautet dabei: Wenn sich einige dieser Ungewissheiten lichten, werden wieder Anleger Interesse zeigen, die zurzeit offenbar bereit sind, für Gewissheit einen zu hohen Preis zu bezahlen.

Beim Reeder Mærsk ist die
Unsicherheit besonders groß

Ein Beispiel ist der dänische Reederei- und Energiekonzern Mærsk, ein konjunkturabhängiges Unternehmen: Der starke Rückgang der Frachtraten im Schiffsverkehr und der Absturz der Ölpreise hat an den Börsen verständlicherweise Sorgen geweckt und die Aktie deutlich fallen lassen. Aktuell notiert der Titel unter seinem Buchwert. In diesem Sektor ist die Stimmung düster, und die Anleger fragen nervös, wie weit es wohl noch abwärts gehen und wann sich die Konjunktur erholen wird.

Von der Warte des Ellsberg-Paradoxons aus betrachtet scheint Mærsk wohl für mehr Ungewissheit zu stehen. Doch wir bevorzugen genau diese Art von zyklischen Werten: Titel mit niedrigem Aktienkurs, die nicht von Pleite bedroht sind. Man mag ein ungutes Gefühl dabei haben, zum gegenwärtigen Zeitpunkt Mærsk-Aktien zu kaufen. Im Endeffekt bietet ein solches Investment jedoch die besten Erfolgschancen.

Lebensmittelsektor hat
riskant hohe Bewertungen

Die zweite Möglichkeit, das Paradoxon für lukrative Anlagen zu nutzen, ist der Aufbau von Short-Positionen in ausgewählten Qualitätsaktien, die nach verschiedenen Kriterien überteuert wirken und deren Marktökologie fragil erscheint. Unserer Ansicht nach fallen in diese Kategorie Unternehmen aus dem Lebensmittel- und Getränkesektor wie Campbell Soup, Diageo, McDonald’s, Nestlé und Danone. Wir haben festgestellt, dass einige scheinbar sichere Unternehmen ihre Ergebnisse so kräftig steigern müssten wie nie zuvor, um die hohen Bewertungen zu rechtfertigen. Unseres Erachtens handelt es sich um Firmen mit vielleicht sicheren Cashflows, aber unsicheren Bewertungen.

Das Ellsberg-Paradoxon scheint Methoden der Aktienbewertung mit Storytelling und Interpretationen von Fondsmanagern zu vereinen. Möglicherweise hat dies zu einer Überbewertung von sicheren Aktien und einer potenziell fragilen Marktökologie für diese Titel geführt. Das Resultat muss nicht zwangsläufig eine verhängnisvolle Entwicklung sein.

Allerdings scheint es mehrere Faktoren zu geben, welche die Auffassung verändern könnten, die Wahrscheinlichkeiten sprächen eindeutig für Bond Proxies. Gemeint sind steigende Anleiherenditen, ein unvorhergesehener Schock oder dass den Käufern einfach nur die Lust vergeht. Wir sind überzeugt, dass sich dadurch interessante Möglichkeiten bieten, von verhaltenspsychologischen Mechanismen an den Märkten gezielt zu profitieren. Insofern ist jetzt die Zeit, Ungewissheit zu akzeptieren.

Kurzvita

James Clunie,
Fondsmanager bei Jupiter AM
Clunie studierte Mathematik und Statistik sowie Management an der University of Edinburgh. Bevor er 2013 zum Team von Jupiter stieß, arbeitete er unter anderem als Fondsmanager und Universitätsdozent. Der börsennotierte Investmentmanager Jupiter mit boutiqueähnlichem Anlagestil und Sitz in London wurde 1985 gegründet und beschäftigt weltweit mehr als 400 Mitarbeiter. Das verwaltete Vermögen beläuft sich auf rund 44,5 Milliarden Euro.

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Bildquellen: TunedIn by Westend61 / Shutterstock.com, Jupiter AM

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