Euro am Sonntag-Interview

Edelstein-Experte Harebottle: "Für Gemfields ist das nicht so schrecklich"

29.04.13 03:00 Uhr

Der gebürtige Südafrikaner, Ian Harebottle, ist Chef von Gemfields, dem weltweit größten Smaragdproduzenten. Ein Gespräch über Rechtsunsicherheiten in Afrika, farbige Steine und das Vorbild De Beers.

von Michael Braun, Euro am Sonntag

Dafür, dass er in Eile ist, klingt der Mann gelassen, fast fröhlich. Wir sind mit Ian Harebottle zum Gespräch verabredet, telefonisch, am Flughafen Delhi. Der gebürtige Südafrikaner steht schon am Gate, bereit zum Einchecken für den Flug nach Mumbai. Harebottle macht in farbigen Edelsteinen: als Chef von Gemfields. In London börsennotiert und im süd­lichen Afrika am Schürfen, ist der Konzern mit einem Börsenwert von 175 Millionen Euro der größte Smaragdproduzent der Welt.

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Aus der weltweit ertragreichsten Smaragdmine, Kagem in Nordsambia (75 Prozent gehören Gemfields, der Rest der Regierung in Lusaka), kommt fast ein Drittel der Weltjahresproduktion. Auf Auktionen in Singapur, London oder Johannesburg werden die grünen Klunker von Gemfields versteigert. Seit Juli 2009 hat der Konzern auf zwölf Auktionen über 125 Millionen Euro erlöst. Und Gemfields expandiert: Das Montepuez-Projekt in Mosambik könnte sich schon bald zur größten Rubinmine der Welt entwickeln.

Auch am anderen Ende der Wertschöpfungskette, im Einzelhandel, hat Harebottle große Pläne. Ende vergangenen Jahres übernahm Gemfields die traditionsreiche Luxusmarke Fabergé. Sie wurde 1842 von Gustav Fabergé in Sankt Petersburg gegründet und ist vor allem dank der 50 gleichnamigen „Zareneier“, entstanden zwischen 1885 und 1916, legendär.

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Indes: Nicht alles funkelt und glänzt bei Gemfields. Anfang April verkündete Yamfwa Mukanga, Sambias Minister für Bergbau, Energie und Wasserversorgung, ein Verbot aller Auktionen sambischer Edelsteine im Ausland. Gemfields könnte das empfindlich treffen, da die Verkaufserlöse bei Versteigerungen in Lusaka deutlich niedriger ausfallen dürften als etwa in Singapur.

Noch ist unklar, ob Sambia seinem südlichen Nachbarn Simbabwe folgt, wo unter Diktator Mugabe rechtliche Willkür herrscht. Oder ob es den Weg Botswanas einschlägt, welches die Erlöse aus dem Diamantenverkauf zum Großteil in die Entwicklung des Landes steckt. Botswana gilt als Musterland Afrikas.

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€uro am Sonntag: Herr Hare­bottle, nach Mukangas Verbot ausländischer Auktionen brach der Aktienkurs von Gemfields um 25 Prozent ein. Wie schlimm ist die Entscheidung wirklich?
Ian Harebottle:
Für Gemfields ist das nicht so schrecklich, wie es klingt. Gemfields befindet sich in einer ziemlich starken Position. Unsere Kagem-Mine arbeitet sehr gut, unsere Rubinmine steht kurz vor dem Start. Wir haben Chancen und sind dabei, andere Vermögenswerte im Bereich farbige Edelsteine in anderen Rechtsräumen zu erwerben. Aus Gemfields’ Sicht war die Nachricht also überhaupt nicht schlecht.

Was hat sich die sambische Regierung dabei gedacht?
Wir arbeiten seit Langem mit der sambischen Regierung zusammen — ich persönlich habe mit verschiedenen Ministerien gesprochen. Erst diese Woche war der Präsident von Sambia, Michael Sata, in China, wo er Direktinvestitionen aus dem Ausland begrüßt hat. Sie wollen die Wirtschaft ankurbeln, die Industrie, ausländischen Investoren Garantien geben und so weiter. Wann immer ich die Regierung treffe, sagt sie mir: ‚Sie haben bei Kagem einen fantastischen Job gemacht.‘ Die Mine warf vorher nie einen Gewinn ab, zahlte nie Steuern. Jetzt, nach vier Jahren, sind wir profitabel, zahlen Lizenz­gebühren und Steuern. Wir haben einen Turnaround geschafft.

Aber warum macht Ihnen die ­Regierung dann das Leben schwer?
In Gesprächen hat der Minister mehrere Male klar zu mir gesagt: ‚Ian, wir werden den Export nicht verbieten. Ihr habt einen guten Job gemacht. Wir hätten es gern, wenn ihr eine eurer Auktionen in Sambia abhaltet.‘ Die Aussage von Anfang April war völlig anders. Wir glauben nicht, dass das im besten Interesse für Sambia oder für die Smaragd­industrie insgesamt ist.

Wird Gemfields später im Jahr eine Auktion im Ausland abhalten?
Wir würden niemals etwas aus Trotz tun. Wir haben die Direktive der Regierung nie gesehen. Wenn es eine präsidiale oder ministerielle Direktive ist, werden wir sie befolgen. Wir folgen den Gesetzen der Regierung. Ich vertraue darauf, dass das, was sie mir ins Gesicht gesagt haben, wahr ist. Ich sehe nicht, warum jemand mir eine Sache ins Gesicht sagen würde und etwas anderes zu den Medien.

Einen Schritt zurück: Generell scheint es Ihrer Branche gut zu gehen. Es gibt bei Edelsteinen einen Trend hin zu Farbe, oder?
Es gibt definitiv einen Trend zurück zur Farbe, in der ganzen Welt. Das ist gewissermaßen eine Rückkehr zu dem, was historisch normal war. In den mehreren Tausend Jahren der Menschheitsgeschichte lagen farbige Edelsteine immer vorn. Erst in den letzten 60 bis 100 Jahren ging es weg von der Farbe hin zu Dia­manten.

Wie kam das?
Die entscheidende Wertschöpfung liegt heute im Marketing, in der Werbung und der Markenbildung. Das erste Unternehmen, das so vorging, war De Beers, und sie haben einen sehr, sehr guten Job gemacht. Gemfields will mit farbigen Steinen tun, was De Beers mit Diamanten ­erreicht hat, und dabei sicherstellen, dass es ein verlässliches Angebot gibt.

In unserer Wahrnehmung steigen die Preise und die Nachfrage ist groß — etwa nach Smaragden und Tansanit, aber auch nach vielen Halbedelsteinen. Was ist Ihr Eindruck?
Absolut, ja. Aber man muss hier anfügen, dass „halbedel“ ein Begriff ist, der von De Beers geprägt wurde  — ausgerichtet daran, welche Art von Steinen sie selbst hatten. Es gab nie einen historischen Grund für diese Bezeichnung. Alle Steine sind edel, alle sind echt.

Es heißt, viele Chinesen mögen Farbiges, vor allem Grün und Blau. Eigentlich müssten China oder ­Indien doch wichtige Märkte für sambische Smaragde sein?
Sie haben vollkommen recht. Afrika, Asien, die arabischen Staaten und China haben nie ihre Vorliebe für Farbe verloren — in den Schwellenmärkten ist Farbe jetzt allerdings ­besonders gefragt. Nur: Wenn man heute auf der Bond Street in London spazieren geht, liegen in 50 Prozent der Juwelierschaufenster auch farbige Steine.

Gemfields will demnächst auch Rubine aus Mosambik verkaufen und später vielleicht Saphire aus Madagaskar. Wo planen Sie die Erschließung neuer Minen?
Wir werden mehr und mehr als das führende Minenunternehmen der Welt im Bereich farbiger Edelsteine gesehen. Eine Reihe von Leuten hat uns kontaktiert, und wir sind seit ­einer Weile in Gesprächen. Aber die Analyse eines Unternehmens ist sehr wichtig. Wir können nichts verkünden, bevor das nicht abgeschlossen ist.

zur Person:

Schöne Steine,
ein Leben lang

Ian Harebottle, 50, stammt aus Johannesburg und hat sein gesamtes Leben in der Edelsteinindustrie verbracht — schon sein Vater war in der Diamantenbranche tätig. Harebottle haben es indes farbige Steine angetan. 2001 fing er bei ­TanzaniteOne an, das er zuletzt als Vorstandschef führte. Seit Anfang 2009 ist er in gleicher Position bei Gemfields mit Sitz in London tätig. Harebottle hat zwei Söhne und ist begeisterter Motorradfahrer.

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