Nestlé: Warum Anleger dabei sein sollten
25.02.17 23:30 Uhr
Ex-Fresenius-Chef Ulf Mark Schneider, seit Januar an der Spitze des Nahrungsmittel-Riesen, kappt das Wachstumsziel. Bevor er große Zukäufe angeht, will er interne Reserven mobilisieren.
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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Das war absehbar. Mit 3,2 Prozent mehr Umsatz im Vergleich zum Vorjahr bleibt der weltweit größte Lebensmittelkonzern, Nestlé, zum vierten Mal in Folge klar unter dem eigenen Ziel von fünf bis sechs Prozent.
Enttäuschend war für viele Beobachter, dass der Konzern mit Sitz im schweizerischen Vevey 2016 mit dem geringsten Zuwachs seit zehn Jahren auch die Prognose der Analysten von 3,4 Prozent Plus nicht schaffte.
Auf dem Parkett geriet die Aktie unter Druck. Langfristig orientierte Aktionäre sollten jedoch nicht nervös werden. Ulf Mark Schneider, der Neue an der Spitze des Konzerns mit gut 87 Milliarden Euro Umsatz, steht für langfristige Wertzuwächse. Der Manager, der sich bevorzugt "Mark" nennen lässt, hat davor den Gesundheitskonzern Fresenius zu einem der besten Langfristinvestments im DAX gemacht.
Ähnliches soll der 51-Jährige bei Nestlé schaffen. Dafür haben die Eidgenossen alte Gepflogenheiten ausgesetzt und zum ersten Mal in hundert Jahren einen Externen an die Spitze beordert.
Der Neue kappt nun das alte Wachstumsziel von fünf bis sechs Prozent, das schon mehr als zehn Jahre gilt. Zwei bis vier Prozent mehr Umsatz pro Jahr sollen es im Zeitraum bis 2020 werden. Manche Analysten beurteilen das neue Maß sogar positiv: "Der Konzern ist in der Wirklichkeit angekommen. Der Ausblick zeigt, dass es viel zu tun gibt", sagt Pierre Tegner von der französischen Bank Natixis.
Die Schweizer sind in ihrem Kerngeschäft breit aufgestellt. Das Markenportfolio im Konsumbereich reicht von der Babypflege mit Bübchen bis zu Lebensmitteln wie KitKat, Maggi oder Nespresso-Kapseln.
Die Liste der Faktoren, die den Riesen bremsen, ist jedoch ebenfalls lang: sinkende Nachfrage und Preise in Europa, schwächelnde Verkäufe von Babynahrung in China, Inflation in Brasilien und Russland mit negativen Auswirkungen auf die Kaufkraft der Verbraucher.
Einkaufstour kommt noch
Die langfristige Strategie sieht vor, dass der in der Branche erfahrene Schneider die Gesundheitssparte mit Zukäufen in profitablen Nischenmärkten zwischen Pharma- und Lebensmittelgeschäft ausbaut. Im Sommer investierte Nestlé etwa in die Medizintechnikfirma Phagenesis. Die Briten entwickeln ein Gerät, mit dem Schlaganfallpatienten lebensgefährliche Schluckbeschwerden loswerden. Nestlé will das Unternehmen, je nach Fortschritt des Apparats, bis 2019 übernehmen.Darüber hinaus könnte Nestlé auch Hersteller von Spezialnahrung für ältere Menschen kaufen. "Ein Deal muss groß genug sein, damit er ins Gewicht fällt", fordern indes Investoren wie Antoine Hamoir vom US-Vermögensverwalter Candriam.
Schneider spricht von "großartigen Kaufgelegenheiten" in den Märkten für Gesundheit, Lebensmittel oder der Getränkeindustrie. Zunächst müssten jedoch Nestlés schwache Segmente saniert werden. Der Konzern ist bei Lebensmitteln weltweit in sieben der zehn Bereiche mit dem höchsten Wachstum die Nummer 1. Segmente abseits sollen verkauft werden, wenn sie nicht auf Wachstum getrimmt werden können. Nicht zur Disposition steht indes der Anteil von gut 20 Prozent am Kosmetikkonzern L’Oréal. Diese Sparte habe "einen hohen strategischen Wert".
Das alles kostet Geld: 2017 umgerechnet 470 Millionen Euro. Auf Basis konstanter Wechselkurse soll die operative Marge gleich bleiben. Die Dividende wurde dennoch moderat angehoben. Damit gehört Nestlé in Europa zu den wenigen Unternehmen, die mindestens zehn Jahre in Folge die Dividende gesteigert haben. Geduld zahlt sich hier für Aktionäre aus.
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