Euro am Sonntag

Brauerei-Titel: Diese Aktien versprechen Genuss!

26.04.16 03:00 Uhr

Brauerei-Titel: Diese Aktien versprechen Genuss! | finanzen.net

Zum 500. Jubiläum des Reinheitsgebots stehen Bierkonzerne wie AB Inbev vor einem Problem: Die Zahl der Brauereien wächst - der Bierkonsum sinkt aber.

von Andreas Höß, Euro am Sonntag

Eingekeilt zwischen der katholischen Heilig-Kreuz-Kirche und der evangelischen Luther-Kirche liegt auf dem Giesinger Berg im gleichnamigen Münchner Stadtteil das Giesinger Bräu. Unter weiß-blauem Himmel kann man dort von der Terrasse aus zusehen, wie Münchner ihren Kasten Bier direkt vom Rampenverkauf der Brauerei abholen, im Bräustüberl blickt man durch Panoramafenster auf die Kessel, in denen das kühle Bier entsteht, das hier auf den Tisch kommt. Ruhe, Gemütlichkeit, Tradition - so schön kann Biertrinken sein.



Das perfekte Bieridyll: Nicht nur die Werbespezialisten der Großbrauereien träumen davon. Derzeit laufen sie zu Hochform auf, denn es gilt ein Jubiläum zu begehen: Am 23. April 1516 erließen die bayerischen Herzöge Ludwig X. und Wilhelm IV. eine Landesordnung, die vorschrieb, dass "zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gerste, Hopfen und Wasser verwendet werden sollen". Das sollte Panschereien mit Zusätzen wie Ochsengalle verhindern, Getreide wie Roggen ausschließlich für das Brotbacken sichern, aber auch Geld in die Staatskassen spülen. Hopfen und Gerste wurden damals hoch besteuert.

500 Jahre wird diese Lebensmittelvorschrift nun alt, die gern als Qualitätsmerkmal "Made in Germany" beworben wird. Trotzdem ist die Feierlaune bei vielen großen Bierherstellern in Deutschland gedämpft. Immer mehr kleine Brauereien drängen auf den Markt und nehmen den großen einen gehörigen Schluck aus der Pulle weg, die ohnehin immer leerer wird. Zu Beginn der 90er-Jahre trank jeder Deutsche im Schnitt 140 Liter Bier pro Jahr, 2005 waren es noch 115 Liter, bis 2015 sank der Wert aber auf 106 Liter. Zugleich stieg die Zahl der Brauereien in Deutschland in den letzten zehn Jahren laut Deutschem Brauer-Bund um 107 auf 1.388. Etwa die Hälfte davon sind sogenannte Mikrobrauereien, die weniger als 1.000 Hektoliter im Jahr produzieren. Dieser Trend - weniger Bier­durst, mehr Brauereien - zeigt sich auch in anderen wichtigen Absatzmärkten wie den USA.

Die Revolution der Kleinen

Craft-Brauer nennt man diese lokalen Kleinbrauereien, die nach eigener Auffassung eine Revolution gegen das industrielle Einheitsbräu der Großkonzerne anzetteln und hierzulande oft mit viel Experimentierfreude am Reinheitsgebot rütteln. Auch das Giesinger Bräu gehört zu dieser Fraktion. Die Stadtteilbrauerei bezeichnet sich selbst als "Biermanufaktur & Spezialitäten Braugesellschaft", wobei Manufaktur auf das Handwerk verweist, mit dem sich auch das Wort "Craft" übersetzen lässt.


Ans Reinheitsgebot hält man sich trotzdem. "Wir sind Münchner", sagt Steffen Marx vom Giesinger Bräu. "Das Reinheitsgebot ist Teil der Kultur und Tradition unserer Stadt." Für dieses Glaubensbekenntnis bürgt schon sein Unterarm. Dort hat sich der 38-Jährige vor vielen Jahren einen Maibaum tätowieren lassen, auf dessen Schildern die erlaubten Ingredienzien prangen.

Die Geschichte des Giesinger Bräu ist typisch für viele Craft-Brauereien. Weil ihm sein Studium als Vermessungstechniker zu trocken war, probierte sich Steffen Marx 2006 mit einem befreundeten Brauer in einer Doppelgarage in Untergiesing an ersten Bieren. Die schmeckten immer besser, aber Abfüllung und Etikettierung liefen per Hand ab, und der Platz war begrenzt, weshalb das junge Unternehmen acht Jahre lang rote Zahlen schrieb. Der nächste Schritt war überfällig. Das Giesinger Bräu lieh sich bei Anlegern mehr als eine halbe Million Euro, zunächst direkt, dann -weil die Finanzaufsicht Bafin Ärger machte - über eine Crowdfunding-Plattform im Internet. Das Geld investierten sie in die Brauerei am Giesinger Berg.


Dort gärt das Bier auf traditionelle Art in offenen Bottichen, die Zutaten stammen von kleinen Zulieferern aus der Region. Trotzdem gibt es auf der Getränke­karte neben klassischen Sorten wie Helles, Dunkles, Weißbier, Pils und Bock auch Ausgefallenes wie Baltic Rye Porter, Wheat Stout oder Lemondrop Triple - ganz nach dem Motto "Think global, drink local", das auf die Shirts der Brauer gedruckt ist. Der Erfolg dieser Mixtur aus Tradition und Moderne ist groß. Mit über 10.000 Hektolitern (eine Million Liter) Jahresausstoß ist das Giesinger Bräu in kürzester Zeit dem Status als Mikrobrauerei um das Zehnfache entwachsen und nach Augustiner heute sogar die zweitgrößte Privatbrauerei in der Bierstadt München.

Das ärgert Platzhirsche wie Spaten, Löwenbräu oder Franziskaner, weil es sie in einem schrumpfenden Markt Anteile kostet. Und es ärgert auch Anheuser-Busch Inbev, zu dem diese Münchner Traditionsbrauereien seit einigen Jahren gehören. Mit fast 45 Milliarden US-Dollar Umsatz und über 200 Marken wie Budweiser, Beck’s oder Corona ist die belgische Gruppe der größte Brauereikonzern der Welt. Sie hat auch in den USA, dem umsatzstärksten Biermarkt, mit wachsender Konkurrenz zu kämpfen. Dort haben Craft-Biere schon einen Marktanteil von zehn Prozent erreicht.

Der Durst der Großen

Die Folge: 2015 sind Umsatz und Gewinn von AB Inbev um je rund zehn Prozent gesunken, in Europa und Nordamerika liefen die Geschäfte zäh. Deshalb schluckt AB Inbev nun einen Konkurrenten nach dem anderen. Im Herbst kündigten die Belgier die rund 100 Milliarden US-Dollar teure Übernahme von SABMiller an, der zweitgrößten Brauereigruppe der Welt. Genehmigen die Aufsichtsbehörden dies, stammt künftig etwa jedes dritte weltweit getrunkene Bier von AB Inbev, derzeit ist es jedes vierte. Gleichzeitig wildert man bei den Craft-Herstellern. Gerade verleibte sich der Konzern die Devils Backbone Brewing Company aus Virginia ein.

Allerdings hat AB Inbev längst verloren, was kleine Brauer für viele Biertrinker so sympathisch macht: eine spannende Geschichte, Authentizität und Lokalkolorit, mit dem man sich identifizieren kann. Und so kaufen selbst ernannte Kenner den Kleinen nicht nur ihre Produkte ab, sondern vertrauen ihnen auch zunehmend Kapital an - obwohl die Geschäftszahlen und Strategien vieler lokaler Brauer intransparent sind und die meisten Investments in diesem Bereich eher einem Abenteuer als einer Altersvorsorge ähneln.

Lokalpatriotismus mit Prozenten

Manche Anleger versenkten dabei Geld. Wer etwa vor fünf Jahren Aktien der Moninger Holding aus Karlsruhe kaufte, verlor bis heute fast die Hälfte des Geldes. Die börsennotierten Aktien des Allgäuer Brauhauses in Kempten, der Bayreuther Bierbrauerei oder der Aktienbrauerei Kaufbeuren brachten hingegen rund 50 Prozent Gewinn. Letztere wurde bereits 1885 eine der ersten Aktiengesellschaften Bayerns.

Für viele Geldgeber sind die Prozente aber ohnehin zweitrangig. Um die Jahrtausendwende ging die 1822 gegründete Brauerei in Königseggwald pleite. Bierliebhaber aus der Region retteten das insolvente Unternehmen, indem sie es in eine Aktiengesellschaft umwandelten, die nun fast 1.500 Kleinaktionäre hat.

Anfangs erhielt jeder Inhaber einer vinkulierten Namensaktie fünf Kästen Bier als Naturaldividende, doch das war damals " zu viel", sagt Vorstand Michael Schmid heute. Zuletzt konnte keine Dividende mehr ausgeschüttet werden, dafür gibt es im Anschluß an die Hauptversammlung Essen und Freibier sowie einen anständigen Aktionärsrabatt auf die Produkte. "Laufen die Geschäfte in den kommenden Jahren weiter so gut wie 2015, peilen wir aber auch wieder eine jährliche Ausschüttung an", sagt Schmid. Laufen die Geschäfte in den kommenden Jahren weiter so gut wie 2015, peilt man aber auch wieder eine jährliche Ausschüttung an. Noch spendabler ist die Grönwohlder Hausbrauerei in Schleswig-Holstein, die Geldgebern 7,5 Prozent Zinsen in Bierform und einmalig ein Brauseminar und ein Bierglas bietet.

Während man in diese Unternehmen investieren kann, sammelt das Giesinger Bräu derzeit kein neues Geld ein. Das könnte sich aber bald ändern: Das erst zwei Jahre alte Brauhaus arbeitet an der Kapazitätsgrenze, ein zweites soll her. Weil er damit gute Erfahrungen gemacht hat, will Steffen Marx wieder über Crowdfunding und Genussscheine an Kapital kommen. Das biete große Vorteile. Derzeit bekommen die Inhaber von Giesinger-Genussscheinen satte acht Prozent Zins, auszahlbar in Form von Bier und Essen. "Weil die Herstellungskosten niedriger als die Verkaufspreise sind, kommen wir billiger weg - je nachdem, ob jemand nur Bier trinkt oder Hirschgulasch isst", so Marx. "Wir finanzieren uns also günstig und gewinnen gleichzeitig Stammgäste."

Investor-Info

Anheuser-Busch Inbev
Gefräßiger Gigant

AB Inbev hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Bis 2020 will der Konzern seinen Jahresumsatz auf 100 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppeln. Das ist nur mit vielen kleinen und großen Übernahmen wie jener von SABMiller (20 Milliarden Umsatz) zu erreichen. Ob die Aufsichtsbehörden dieser zustimmen, ist noch offen. In den vergangenen fünf Jahren hatten Aktionäre Freude mit AB Inbev, der Aktienkurs stieg um 170 Prozent. Zum Vergleich: Die Aktie des Konkurrenten Heineken verdoppelte sich etwa, die von Carlsberg stieg nur um fünf Prozent. Auch die Dividendenrendite von AB InBev war mit zuletzt fast drei Prozent vergleichsweise hoch.

Kleine Brauereien
Genuss statt Geldanlage

Wer gern einen Schluck beim Königsegger Walderbräu trinkt, kann überlegen, ob er dort eine vinkulierte Namensaktie kauft, um beim Aktionärsfest in Genuss von Freibier zu kommen. Aber: Das Unternehmen ist nicht börsennnotiert. Anleger, die ihre Aktie verkaufen wollen, müssen selbst einen Abnehmer finden. Wer auf die Grönwohlder Naturaldividende schielt, muss eine Art Genussschein zeichnen. Börsennotiert sind dagegen die Brauereien in der Liste unten. Anders als bei Großkonzernen sind deren Pflichten gegenüber Aktionären geringer und Fehlentscheidungen der Unternehmensführung können fatal enden. Zudem halten Kleinanleger meist nur einen Teil der Papiere. Bei der Kulmbacher Brauerei sind vier Prozent in Streubesitz, bei der Bayreuther Bierbrauerei immerhin 50. Informationen zu Anschubfinanzierung sind über Crowdfunding-Plattformen erhältlich. Bei Startnext sammelt zum Beispiel gerade die Ravensberger Brauerei Kapital ein.

Name ISIN Wertent. 5 Jahre
Bayreuther Bierbr. DE0005199103 78,6 %
Allgäuer Brauhaus DE0005035505 51,1 %
Akt.-Br. Kaufbeuren DE0005013007 42,6 %
Park & Bellheimer DE0006902000 37,4 %
Kulmbacher Br. DE0007007007 10,0 %
BHB Brauholding DE000A1CRQD6 6,9 %
Einbecker Brauhaus DE0006058001 -19,8 %
Moninger Holding DE0005247308 -45,7 %

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