Euro am Sonntag-Analyse

Merck: Im Klub der Quartalsmilliardäre

24.05.16 03:00 Uhr

Merck: Im Klub der Quartalsmilliardäre | finanzen.net

Der DAX-Konzern Merck KGaA überzeugt mit seinen Zahlen. Der neue Chef muss jetzt aber alles daransetzen, die Pharmasparte endlich voranzubringen.

von Florian Westermann, Euro am Sonntag

Die Übernahme des US-­Laborausrüsters Sig­ma-­Ald­rich macht sich für die Merck KGaA bezahlt. Erstmals in der Geschichte knackte der deutsche Pharma- und Chemiekonzern beim bereinigten operativen Gewinn die Marke von einer Milliarde Euro in einem Quartal. Das Plus von 27 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro überzeugte auch die Aktionäre. Die Merck-Aktie legte nach Bekanntgabe der Quartalszahlen kräftig zu. Beim Umsatz verzeichneten die Hessen einen Anstieg um 21 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro. Organisch belief sich das Wachstum auf fünf Prozent.



"Wir sind gut ins Jahr 2016 gestartet und profitabel gewachsen. Die Integration von Sigma-Aldrich geht zügig voran, und auch beim Schuldenabbau sind wir voll im Plan. Für 2016 erwarten wir für den Konzern weiterhin ein leichtes organisches Umsatzwachstum", sagte Stefan Oschmann, der die Konzernführung Anfang Mai von seinem Vorgänger Karl-Ludwig Kley übernommen hat.

Für das Gesamtjahr präzisierte Merck die Prognose. Beim Umsatz strebt der Konzern einen Zuwachs auf 14,8 bis 15 Milliarden Euro an - mehr als doppelt so viel wie zu Kleys Amtsantritt vor neun Jahren. Das bereinigte operative Ergebnis soll zwischen 4,1 und 4,3 Milliarden liegen. Bisher war von einem Anstieg von Umsatz und bereinigtem Betriebsgewinn im niedrigen zweistelligen Prozentbereich die Rede. Im vergangenen Jahr erlöste Merck 12,8 Milliarden Euro und erzielte einen bereinigten operativen Gewinn von 3,6 Milliarden. Analysten gehen davon aus, dass die Erfolgsgeschichte der Darmstädter noch nicht zu Ende ist. Im Schnitt rechnen sie bis 2019 mit einem jährlichen durchschnittlichen Plus beim operativen Ergebnis um sechs Prozent auf dann knapp fünf Milliarden Euro.

Fokus auf der Pharmasparte

Dazu muss Oschmann aber Erfolge in der Pharmasparte vorweisen. Statt eigene Medikamente zu entwickeln, setzte der Konzern bisher meist auf Zukäufe. Oschmann hat in der Pharmasparte, die er vor seinem Wechsel auf den Chefposten leitete, schon viel in Gang gebracht.


Doch das muss nun Früchte tragen. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits: Die zusammen mit dem US-­Pharmakonzern Pfizer entwickelte Krebsimmuntherapie Avelumab lieferte jüngst positive Studienergebnisse. Im zweiten Halbjahr will der DAX-Konzern einen Zulassungsantrag stellen. Avelumab soll aber nicht der einzige Hoffnungsträger der Darmstädter bleiben. Ab dem kommenden Jahr will Merck jedes Jahr ein neues Medikament auf den Markt bringen.

Merck muss in Zukunft aus eigener Kraft wachsen. Geld für Übernahmen ist nach dem Zukauf von Sigma-Aldrich im vergangenen Herbst schlicht nicht mehr vorhanden. Auf dem vormals schuldenfreien Konzern lasten nach dem Deal Verbindlichkeiten von gut zwölf Milliarden Euro.


Im ersten Quartal senkte Merck die Schulden aber bereits um knapp 600 Millionen Euro. Geht es in diesem Tempo weiter, ist der Konzern in fünf Jahren wieder komplett schuldenfrei. Und womöglich bereit für den nächsten großen Deal. Gelingt es Oschmann, in die großen Fußstapfen seines Vorgängers zu treten und den Konzern im selben Tempo wie Kley voranzubringen, dürfte auch die Merck-Aktie in neue Höhen vorstoßen - unter Kleys Führung verdoppelte sich der Kurs.

Fazit: Fundamental attraktiv, wenn auch mit dem Risiko, dass Pharmaerfolge ausbleiben. Charttechnisch soeben über 200-Tage-Linie.

Bildquellen: Merck KGaA, Africa Studio / Shutterstock.com