Gerüchte um Osram: Voll im Scheinwerferlicht

von Florian Westermann, Euro am Sonntag

Mit Osram steht nach dem Anlagenbauer Aix­tron und dem Roboterspezialisten Kuka offenbar das nächste deutsche Technologieunternehmen auf der Einkaufliste eines chinesischen Investors. Neue Übernahmegerüchte katapultierten die Aktie des Lichttechnikspezialisten auf ein neues Rekordhoch. Seit Ende September - hier waren bereits anderslautende Übernahmespekulationen aufgekommen - legte die Osram-Aktie um ein Fünftel zu.

Laut einem Bericht der "Wirtschaftswoche", die sich auf Informationen aus Verhandlungskreisen beruft, ist der chinesische Halbleiterkonzern San’an Optoelectronics an den Münchnern interessiert. Noch bis Mitte Oktober wollen die Chinesen ein "qualifiziertes Angebot" vorlegen, heißt es. Die Offerte könnte bei rund 70  Euro liegen und damit deutlich über dem aktuellen Kurs. Im September hatte bereits das "Handelsblatt" über mögliche Interessenten aus China berichtet.

Für Siemens-Chef Joe Kaeser wäre eine Übernahme eine elegante und zugleich lukrative Möglichkeit, die verbleibenden Anteile an der ehemaligen Tochter ab­zustoßen. Siemens hält nach der Osram-Abspaltung vor drei Jahren noch gut 17 Prozent. Mit Osram-­Lenker Olaf Berlien hatte sich Kaeser überworfen, nachdem Berlien Mitte November 2015 eine neue Ausrichtung bekannt gegeben hatte. Berlien kündigte damals Milliardeninvestitionen in die LED-­Fertigung und den Bau einer neuen Fabrik in Malaysia für drei Milliarden Euro an. An der Börse sorgte das für Unmut. Die Osram-Aktie brach drastisch ein. Die Beteiligung von Siemens verlor, sehr zu Kaesers Ärger, über Nacht 260 Millionen Euro an Wert.

Seit dem Verkauf der Lampen­sparte Ledvance mit über 9.000 Beschäftigten und rund zwei Milliarden Euro Umsatz im Sommer an ein Konsortium um den chinesischen LED-Spezialisten MLS konzentriert sich Osram auf LED-­Technik und Spezialbeleuchtung für Autos. Schon mit Bekanntwerden von Berliens Umbauplänen schien es, als würde Kaeser die Reißleine ziehen und die verbleibenden Anteile abstoßen. Längst zählt Osram nicht mehr zum Kerngeschäft des Industriekonzerns, ein Verkauf ist deshalb durchaus vorstellbar. Zu Kursen von über 60 Euro pro Aktie dürften sich ­weder Kaeser noch die Osram-Aktionäre lange bitten lassen.

Als Interessent am Aktienpaket wird immer wieder der chinesische Investor GSR Go Scale Capital gehandelt, der zuvor wegen Sicherheitsbedenken aus den USA mit der Übernahme der Beleuchtungssparte Lumileds des Siemens-Rivalen Philips gescheitert war. Auch eine Komplettübernahme von Osram durch GSR ist denkbar. GSR könnte damit einen Bieterwettstreit mit San’an Optoelectronics lostreten, sollte der Halbleiterkonzern offiziell Interesse an Osram anmelden.

Bei den Osram-Aktionären - und wohl auch bei Kaeser - sorgen die Gerüchte für strahlende Gesichter. Anleger der ersten Stunde blicken inzwischen auf ein Kursplus von 150 Prozent. Sollte um Osram ein Übernahmekampf entbrennen, dürfte das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sein.