Xing: Beachtliche Börsenkarriere

von Birgit Haas, €uro am Sonntag



Facebook ist ein weltumspannender Gigant. Das größte soziale Netzwerk des Globus kauft einfach alles auf, was ihm irgendwann einmal gefährlich werden könnte. Das Karrierenetzwerk Linkedin ging 2016 jedoch an Microsoft. Der deutsche Wettbewerber Xing werkelt noch selbstständig - trotz der Internationalisierung der Arbeitswelt. "Das Thema Beruf ist für die allermeisten Menschen ein lokales Thema", sagt Chef Thomas Vollmoeller.

Das Geschäftsmodell ist offensichtlich erfolgreich. In den ersten neun Monaten des Jahres konnte das TecDAX-Mitglied ­ 1,5 Millionen neue Mitglieder anwerben. So viele waren es in diesem Zeitraum in den 14 Jahren seit der Gründung noch nie gewesen. Insgesamt zählt das Netz nun 13 Millionen Mitglieder, von denen etwa ein Zehntel für Ex­tra-Services zahlt. Damit ist Xing hier Branchenprimus, das amerikanische Linkedin zählt in der gleichen Region rund zehn Millionen Nutzer.

Die Mitglieder seien Schlüssel des Wachstums, sagt Robert Berg, Analyst der Privatbank ­Berenberg. Die Wachstumsstory sei intakt, schließlich habe Xing im dritten Quartal im Segment mit Privatkunden den Umsatz um 14 Prozent auf 65,1 Millionen Euro steigern können. Berg sieht hier zudem keine Anzeichen für Wettbewerbsdruck.

Um im Gesamtjahr beim Mitgliederzuwachs noch eine Schippe draufzulegen, will Vollmoeller im vierten Quartal in Marketing investieren. Die Zielgruppe, die er im Visier hat, umfasse 25 Millionen Menschen: "Da ist noch viel Wachstumspotenzial." Locken will er sie mit möglichst maßgeschneiderten Angeboten. Seit September et­wa erhalten Jobsuchende wöchentlich zu ihrem Profil passende Stellenangebote über den Nachrichtendienst Whatsapp.

Spielwiese für Personaler
Erfolgversprechend sind überdies die neuen Dienste für Personalabteilungen und Headhunter. Über eine digitale Rekrutierungsplattform können Personaler bereits nach potenziell spannenden Kandidaten Ausschau halten, bevor eine Stelle vakant ist. Die Köpfe sammeln die Rekruter in einem Talentpool. Es scheint, als hätten einige Bewerberscouts nur auf dieses Werkzeug gewartet. Im jüngsten Quartal ist der Umsatz hier um 41 Prozent auf 55,2 Millionen Euro gestiegen und liegt damit in Reichweite des noch umsatzstärksten Segments Privatkunden.

Die Plattform soll 2018 mithilfe des für 17 Millionen Euro erworbenen Start-ups Prescreen erweitert werden. Die Wiener bieten Systeme an, mit denen sich Bewerbungsprozesse von der Anwerbung bis zur Einstellung verwalten lassen. "So sieht angesichts von Fachkräftemangel die Personalgewinnung der Zukunft aus", sagte Vollmoeller. Die Plattform sei ein Grundstein, um in diesem Bereich auch künftig stark zu wachsen.

Weiteres Potenzial bietet der Kauf des Netzwerks Internations im Sommer. Darauf können sich im Ausland arbeitende Menschen miteinander vernetzen und zum Sport oder anderem verabreden. Xing wolle davon lernen, wie sich ein digi­tales Netzwerk als Marke in die reale Welt umsetzen lässt, so Vollmoeller. An Wachstums­ideen fehlt es dem Chef jedenfalls nicht.

Xing
Hohe Bewertung
Nach dem dritten Quartal hat Xing die Prognose angehoben: Mit bis zu 59 Millionen Euro operativem Ergebnis rechnet das Karriere­netzwerk 2017, ursprünglich waren 57 Millionen Euro angepeilt. Das Unternehmen ist regional stark positioniert. Der Kurs hat in den vergangenen zwölf Monaten bereits um mehr als 40 Prozent zugelegt. Die Bewertung ist auch im Vergleich zu einem Wettbewerber wie Facebook hoch. Die Aktie bietet Wachstumsperspektiven und Übernahmefantasie.