thyssenkrupp: Hiesinger geht, die Zerschlagung naht
thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger wirft hin, der Druck der mächtigen Großaktionäre um Cevian wurde offenbar zu groß. Die Investoren wollen nun endlich Werte heben, die Aktie springt an.
Werte in diesem Artikel
von S. Bauer und K. Schachinger, Euro am Sonntag
In dieser Woche wollte Heinrich Hiesinger die neue Strategie von thyssenkrupp vorstellen - endlich, denn das sollte bereits im Mai der Fall sein. Doch daraus wird nichts. Hiesinger, der den Konzern seit Anfang 2011 führt, bat den Aufsichtsrat um die Auflösung seines Vertrags. Dabei hatte er zuletzt Erfolge zu verzeichnen: Die Ausgliederung der Stahlsparte in ein Joint Venture mit dem indischen Branchenriesen Tata ist in trockenen Tüchern.
Allen voran die mächtigen Großaktionäre Cevian Capital und der US-Hedgefonds Elliott hatten den thyssenkrupp-Chef dennoch mehrfach hart kritisiert, sie verlangten mehr Effizienz und Wertsteigerungen. Jetzt scheint auch eine Zerschlagung nicht mehr ausgeschlossen.
Spekulationen ranken sich etwa seit geraumer Zeit um die Zukunft des Materialhandels. Hier wäre eine Veräußerung samt dem Edelstahlhersteller Terni den Analysten der Schweizer Bank UBS zufolge der nächste Schritt, um Werte zu heben.
Lars Förberg, Mitgründer von Cevian Capital, forderte zuletzt, dass "industrielle Logik und nicht Tabus oder persönliche Ambitionen" die Maßgabe für die Restrukturierung des Portfolios sein müssten. Der aktivistische Fonds ist der zweitgrößte Aktionär der Essener. Aus Förbergs Sicht sind die Teile thyssenkrupps mehr wert als das Ganze, der Grund für den Einstieg der Schweden 2013. Das könnte stimmen: Der Konzern samt seiner Ertragsperle, der Aufzugsparte Elevator Technology, ist an der Börse etwa 13 Milliarden Euro wert. Zum Vergleich: Der Schweizer Aufzughersteller Schindler bringt es mit knapp zehn Milliarden Euro Umsatz auf eine Börsenbewertung von 19,6 Milliarden Euro.
Wert der Aufzugsparte
Elevator dürfte in diesem Geschäftsjahr mit geschätzten sieben Milliarden Euro Umsatz auf knapp 75 Prozent des Geschäftsvolumens der etwas margenschwächeren Schweizer kommen. Daran gemessen könnte die Aufzugsparte etwa nach einem Börsengang über 14 Milliarden Euro auf die Waage bringen.
Somit wird thyssenkrupps Börsenwert rechnerisch schon durch Elevator abgedeckt. Den Industrieanlagenbau (geschätzt 4,6 Milliarden Euro Jahresumsatz, zuletzt leicht defizitär), das Komponentengeschäft (knapp fünf Prozent Marge, 7,6 Milliarden Euro Umsatz) und den profitablen Materialhandel mit zwei Prozent Marge und geschätzten 14 Milliarden Euro Volumen gibt es derzeit quasi umsonst.
Werte soll zudem das neue Stahl-Joint-Venture liefern. Die in Aussicht gestellten Synergien von fünf Milliarden Euro sind laut UBS in der aktuellen Bewertung ebenfalls nicht enthalten. Allein deren Berücksichtigung würde ein Kursniveau von 30 Euro rechtfertigen, so die Schweizer. Schon daraus ergibt sich ein Kurspotenzial von deutlich über 30 Prozent.
Dass die Stahlhochzeit pünktlich wie geplant bis Ende des Geschäftsjahres im September umgesetzt wird, ist aber nicht sicher. Das sei ein sehr ambitionierter Zeitplan, warnt Jens Steger, Kartellrechtspezialist der renommierten Kanzlei Simmons & Simmons. Stegner beriet den US-Saatgutkonzern Monsanto bei der Übernahme durch Bayer. Bei thyssenkrupp wollten viele Parteien Teil eines Verfahrens gegen die Stahlfusion werden. Verzögert sich die Umsetzung, werden auch die Synergien erst später gehoben.
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