Mehrere Eisen im Feuer: Heiße Wette auf Stahl-Aktien
Warum Amerikas Protektionismus Europas Stahlriesen kaum belastet und welche Aktien aus der Branche in der zweiten Jahreshälfte Favoriten sind.
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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Die Zeit drängt, die Spielräume sind eng. Bis Ende des Geschäftsjahres im September will thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff die Auslagerung der Stahlsparte in das Joint Venture mit der Europa-Tochter des indischen Stahlkonzerns Tata in trockene Tücher bringen.
Es bleibt schwierig. Aufsichtsratschef Ulrich Lehner wird thyssenkrupp in der kommenden Woche auf eigenen Wunsch verlassen. Kerkhoff, der die langjährigen Joint-Venture-Verhandlungen mit Tata zusammen mit Vorgänger Heinrich Hiesinger führte, verliert mit Lehner einen wichtigen Unterstützer seiner Strategie. Der Manager will den DAX-Konzern aus Essen zu einem Industriekonzern mit starker Aufzugsparte formen. Den Finanzinvestoren Cevian und Elliott, wegen deren Widerstand Hiesinger und Lehner das Handtuch warfen, reicht das nicht. Voraussichtlich dürften sie das Machtvakuum im Aufsichtsrat nutzen, um bei thyssenkrupp eine Holdingstruktur durchzusetzen, die den Spartenverkauf erleichtern würde.
Während im Aufsichtsrat um Einfluss gerungen wird, muss das Stahl-Joint-Venture an den Start. Mit 38 Werken und 21,2 Millionen Tonnen Jahresproduktion würde thyssenkrupp mit Tata Steel weltweit auf Platz 15 rangieren. In Europa wäre der fusionierte Stahlkocher die Nummer 2 nach Weltmarktführer ArcelorMittal. Den Zeitpunkt für den avisierten Börsengang des Unternehmens kann thyssenkrupp bestimmen.
Anleger machen die Spannungen in Amerikas Handelsstreit mit China, der auch die globale Konjunktur belasten könnte, nervös. Die Kurse europäischer Stahlkocher und Metallhändler sind deshalb schon seit Jahresbeginn unter Druck. Als die Vereinigten Staaten im Juni Zölle auf Stahl und Aluminium aus Europa verhängten, erreichten die Kurse neue Tiefstände.
Aktien ziehen wieder an
Inzwischen erholen sich die Notierungen. Die Aussichten sind gut, dass die Branche Amerikas Protektionismus besser wegstecken kann als erwartet. Stahl aus Europa bleibt trotz der Zölle bei US-Kunden begehrt, so der Tenor auf einem Branchentreffen in Belgien. Mit Rückenwind durch die US-Konjunktur erzielen auch die europäischen Unternehmen in Amerika gute Preise. Belastungen durch höhere Zölle werden weitgehend über Preise kompensiert.
Einen Beleg dafür lieferte Europas größter konzernunabhängiger Stahlhändler Klöckner & Co (KlöCo) mit seinen Quartalszahlen. Die Schutzzölle auf Stahl treiben die Preise - mehr Handelsvolumen durch höhere Preise aber bringt dem Händler bei gleichen Margen mehr Gewinn. "Wir haben eine sehr gute Entwicklung in den USA", sagt Chef Gisbert Rühl. KlöCo lieferte das beste Quartalsergebnis seit sieben Jahren.
Europas Stahlexporte nach Amerika dürften auf dem hohen Niveau von fünf Millionen Tonnen jährlich bleiben. Für Stahlkocher aus Deutschland sind die USA mit 965.000 Tonnen der größte Absatzmarkt.
Wegen der US-Zölle wird aus Regionen wie China voraussichtlich mehr Stahl nach Europa importiert. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl erwartet 2018 in der EU 47,8 Millionen Tonnen importierte Ware, 18 Prozent mehr als 2017.
Dennoch reagiert die EU auf Amerikas Protektionismus mit Augenmaß. Zunächst begrenzt auf 200 Tage werden nur jene Mengen aus dem Ausland mit 25 Prozent Zoll belegt, die über dem durchschnittlichen Gesamtvolumen der vergangenen drei Jahre liegen.
Sollte Amerika seine Zölle zurücknehmen, was nach dem Treffen von EU-Präsident Jean-Claude Juncker mit US-Präsident Donald Trump nicht ausgeschlossen ist, dürfte Europa die Gegenmaßnahmen auslaufen lassen. Bislang jedenfalls hat der Protektionismus keine negativen Spuren bei europäischen Stahlkochern hinterlassen. Deutschlands Nummer 2 Salzgitter erzielt die Hälfte des Umsatzes auf dem boomenden Heimatmarkt, weitere 23 Prozent in der EU. Der Konzern erhöhte erst im April seine Jahresprognose.
thyssenkrupp-Chef Kerkhoff dürfte derweil schon über den nächsten Schritt nach Abschluss des Stahl-Joint-Ventures nachdenken. Die Handelssparte Material Services etwa könnte Kerkhoff KlöCo anbieten. Vorstandschef Rühl hat mehrfach Interesse signalisiert.
Investor-Info
Salzgitter
Gute Aufstellung
Deutschlands zweitgrößter Stahlkonzern nutzt den Umbruch in der Branche und bietet für Stahlwerke des Primus ArcelorMittal in Belgien und Luxemburg. Mit dem Löwenanteil des Geschäfts in Deutschland und Europa und einer signifikanten Präsenz in den USA profitiert Salzgitter von der guten Konjunktur. Bei den Zahlen am 13. August sind positive Überraschungen möglich.
thyssenKrupp
Weg frei
Nach dem Aus von Chef Heinrich Hiesinger und Aufsichtsratslenker Ulrich Lehner steigt die Wahrscheinlichkeit umfassenderer Schritte unter dem Einfluss der Finanzinvestoren. Auch wegen der Synergien aus der Stahlfusion sollte die Aktie laut UBS bei 30 Euro notieren. Verkauf der Handelssparte Material Services möglich, Ausgliederung der Aufzüge auch. Kursfantasie, kaufen.
Klöckner & Co
Kurzfristiger Impuls
Ein höheres Handelsvolumen im US-Geschäft durch die höheren Stahlpreise bescherte dem Duisburger Stahl- und Metallhändler ein starkes zweites Quartal. Unter dem Strich wurden 33 Millionen Euro verdient, fast 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Effekt geht aber auch auf die US-Zölle zurück und könnte bald verpuffen. Bisher ist noch kein nachhaltiger operativer Aufwärtstrend erkennbar.
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