Reaktion auf US-Zölle: EU bietet USA Freihandelsabkommen - plant Vergeltungsmaßnahmen - Trump bleibt hart

Die EU hat den USA eine Vereinbarung zur gegenseitigen Aufhebung aller Zölle auf Industriegüter angeboten.
Im Zollstreit mit den USA bemüht sich die Europäische Union um Deeskalation: Die EU bietet den USA eine Vereinbarung zur gegenseitigen Aufhebung aller Zölle auf Industriegüter an. Trotz der Zollentscheidungen von US-Präsident Donald Trump sei die Europäische Union bereit zu verhandeln, sagte EU-Kommissionspräsident Ursula von der Leyen in Brüssel.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wurde das Angebot bereits vor Trumps Zollentscheidungen unterbreitet und zuletzt am Freitag erneuert. Auf Nachfrage ergänzte von der Leyen, vor allem das Thema Freihandel für Autos sei bereits mehrfach auf dem Tisch gewesen, es habe allerdings keine adäquate Antwort gegeben.
Vorbereitungen für Gegenmaßnahmen
Von der Leyen machte deutlich, dass die EU neben ihren Bemühungen um Verhandlungen mit den USA weiterhin mögliche Gegenmaßnahmen für den Fall eines Scheiterns von Verhandlungen vorbereitet.
Dies war auch Gegenstand von Beratungen der EU-Handelsminister in Luxemburg. Der geschäftsführende Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warnte dort vor überhasteten Reaktionen, sprach sich zugleich aber für die Vorbereitung von umfangreichen Gegenmaßnahmen aus.
Wichtig sei, dass Europa sich nicht spalten lasse, betonte der Grünen-Politiker. Auch eine Eskalation sollte aus Sicht seiner Sicht möglichst verhindert werden. "Es geht aus meiner Sicht darum zu vermeiden, dass wir in einen Zollkrieg, Zollwettlauf einsteigen", sagte Habeck.
Verluste an den Börsen
Als Reaktion auf das von Trump in der vergangenen Woche vorgelegte XXL-Paket von Importzöllen gingen die Börsen weltweit auf Talfahrt. Der deutsche Leitindex DAX stürzte in den ersten Minuten am ersten Handelstag der neuen Woche um rund zehn Prozent ab.
Der Zollstreit überlagert auch die positive Februar-Bilanz der deutschen Exporteure. Der Aufwind dürfe nicht täuschen, sagt Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA): "Der Handelskrieg ist entfacht."
Gerade für die Exportnation Deutschland sind steigende Zölle Gift. "Sollten Verhandlungen wider Erwarten überhaupt nichts bringen, droht für dieses Jahr erneut eine Rezession", warnt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Es wäre für Europas größte Volkswirtschaft das dritte Jahr in Folge ohne Wirtschaftswachstum.
"Deutschland und die EU müssen in der neuen Weltordnung rasch ihre Rolle finden", mahnt BGA-Präsident Jandura. "Nicht nur die asiatischen, sondern auch die afrikanischen Märkte bieten erhebliches Potenzial für Wachstum und Geschäfte in der Zukunft."
US-Regierung bereit zu Deals?
Trump signalisierte zwar Bereitschaft, unter bestimmten Bedingungen mit Handelspartnern über eine Lockerung der neuen Zölle zu reden. Sein Handelsminister Howard Lutnick hatte zuvor aber angekündigt, dass die US-Regierung ihren harten Kurs mit hohen Einfuhrgebühren auf Waren aus fast allen Staaten der Erde durchziehen wolle.
Auf der von Trump präsentierten Liste stehen 185 Handelspartner, für die deutlich höhere Importzölle gelten sollen. Einfuhren aus Ländern der Europäischen Union will die USA mit 20 Prozent Zoll belegen.
Trump will mit Zöllen angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren und Produktion in die USA verlagern. Zugleich sollen die Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren.
Bessere Geschäfte für Deutschlands Exporteure im Februar
Der Februar brachte aus deutscher Sicht zumindest bei den Exportzahlen einen Hoffnungsschimmer: Waren "Made in Germany" im Gesamtwert von 131,6 Milliarden Euro wurden ins Ausland geliefert. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 1,8 Prozent mehr als im Januar 2025 und 0,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Im Januar und Februar zusammengenommen lagen die Ausfuhren mit 260,8 Milliarden Euro unverändert auf Vorjahresniveau.
Die meisten deutschen Exporte gingen im Februar 2025 in die Vereinigten Staaten: Waren im Wert von 14,2 Milliarden Euro lieferten deutsche Hersteller in die USA und damit kalender- und saisonbereinigt 8,5 Prozent mehr als im Januar. Die Importe aus den Vereinigten Staaten sanken indes um 3,9 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro. Deutsche Ausfuhren in die EU-Partnerländer legten binnen Monatsfrist um 0,5 Prozent auf 70,2 Milliarden Euro zu.
Jüngste Stimmungsumfragen hatten Hoffnung gemacht
Trumps Zollpaket hat in der deutschen Exportwirtschaft die aufkeimende Hoffnung auf bessere Zeiten im Keim erstickt. Noch Ende März hatte das Ifo-Institut anhand seiner regelmäßigen Befragungen von wachsender Zuversicht in der deutschen Exportwirtschaft berichtet: Die Anzahl der Branchen, die mit steigenden Auslandsumsätzen rechnen, habe deutlich zugenommen.
Seit Trump sein XXL-Zollpaket verkündet hat, ist die Handelswelt eine andere. "Der Welthandel befindet sich in einem grundlegenden Umbruch, der sich spürbar auf deutsche Unternehmen auswirken wird", sagt Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). 70 Prozent der Unternehmen erwarten nach DIHK-Angaben negative Auswirkungen der US-Handelspolitik auf ihre Geschäfte. Ein möglicher Aufschwung werde "komplett ausgebremst", sagt Treier.
Exportwirtschaft in der "Abwärtsspirale"
Das Gesamtjahr 2024 hatten Deutschlands Exporteure trotz Zuwächsen im Dezember mit einem Minus abgeschlossen. Insgesamt exportierte Deutschland im vergangenen Jahr Waren im Gesamtwert von 1.556 Milliarden Euro und damit 1,2 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Zehn Prozent der deutschen Ausfuhren (161,4 Mrd Euro) gingen 2024 in die USA. BGA-Präsident Jandura sieht die Exportwirtschaft, die in guten Zeiten ein Wachstumsmotor für die deutsche Wirtschaft ist, schon seit längerem in einer "Abwärtsspirale".
Trump hält an harter Zollpolitik fest
US-Präsident Donald Trump zeigt keine Bereitschaft, von seiner aggressiven Zollpolitik abzurücken. Die "seit langem geschundenen USA" nähmen bereits jetzt "wöchentlich Milliarden von Dollar" durch bestehende Zölle gegen Länder ein, die Amerika "ausnutzen", schrieb der Republikaner auf seiner Plattform Truth Social.
Als "größten Übeltäter" nannte Trump China. Die dortigen Märkte befänden sich auf Talfahrt, obwohl Peking Gegenzölle in Höhe von 34 Prozent auf US-Importe angekündigt habe, schrieb er.
Trumps Kurs sorgt weltweit für Verunsicherung. Die Märkte sind unter Druck. US-Notenbankchef Jerome Powell warnte zuletzt vor steigender Inflation und einem verlangsamten Wirtschaftswachstum.
Wie Trump die Lage sieht
Der US-Präsident schrieb hingegen, die Preise für Öl und Lebensmittel seien gesunken - es gebe außerdem "keine Inflation". Die gefallenen Ölpreise sind Experten zufolge allerdings eher Ausdruck wachsender Rezessionsängste und damit rückläufiger Nachfrage. Zudem rechnen Ökonomen damit, dass die neuen Zölle die Lebensmittelpreise in den USA steigen lassen werden.
Trump hatte jüngst ein weitreichendes Zollpaket vorgestellt, das Importe aus fast allen Ländern betrifft. Der erste Schritt wurde bereits am Wochenende umgesetzt - die nächste Runde soll am Mittwoch folgen.
EU will nächste Woche erste Vergeltungszölle in Kraft setzen
Die EU will am Dienstag kommender Woche erste Vergeltungsmaßnahmen für die US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte in Kraft setzen. Bei ihnen geht es um die bereits seit längerem geplante Wiedereinführung von EU-Sonderzöllen auf US-Produkte wie Jeans, Bourbon-Whiskey, Motorräder und Erdnussbutter.
Eine endgültige Einigung auf die Liste der betroffenen Waren solle am Mittwoch dieser Woche erfolgen, teilte der zuständige EU-Kommissar Maros Sefcovic nach einem EU-Handelsministertreffen in Luxemburg mit. Inkrafttreten sollten die Zölle dann eine Woche später.
Weitere US-Produkte werden nach Angaben von Sefcovic ab Mitte Mai betroffen sein. Bei ihnen handelt es sich um Waren, die im Gegensatz zu Produkten wie Motorrädern in der ersten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump noch nicht von EU-Sonderzöllen betroffen waren.
EU-Sonderzölle gab es bereits in erster Amtszeit von Trump
Damals hatte die EU erstmals auf US-Zölle auf Stahl- und Aluminium reagiert, die Gegenmaßnahmen dann aber nach einer Einigung mit dem von 2021 bis 2025 regierenden US-Präsidenten Joe Biden ausgesetzt.
Die neuen Sonderzölle sollen nach ersten Planungen zum Beispiel auch Unternehmen treffen, die amerikanische Agrarprodukte wie Geflügel, Rindfleisch, bestimmte Meeresfrüchte, Nüsse, Eier, Milchprodukte, Zucker und Gemüse in die EU verkaufen. Zudem werden EU-Extrazölle auf weitere Industrieprodukte wie Textilien, Lederwaren, Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Kunststoffe und Holz erwogen.
An einem weiteren Maßnahmenpaket für die in der vergangenen Woche von Trump angekündigten Zölle wird noch gearbeitet. Die EU hofft, dass die Drohung damit ausreichen wird, um die Amerikaner an den Verhandlungstisch zu bringen. Ob dies gelingen kann, ist allerdings umstritten.
Trump will mit Zöllen angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren und Produktion in die USA verlagern. Zugleich sollen die Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren.
EU will bei Zoll-Reaktion Geduld zeigen, aber nicht "endlos"
Die Europäische Union wird nicht "endlos" darauf warten, dass die USA Verhandlungen zur Lösung ihres Handelskonflikts aufnehmen, erklärte EU-Handelskommissar Maros Sefcovic am Montag. Die Erhöhung der Zölle auf Importe aus den USA als Reaktion auf die Anhebung der US-Zölle auf Stahl und Aluminium sei unaufschiebbar und werde am 15. April in Kraft treten.
Die in Luxemburg zu einer Dringlichkeitssitzung versammelten EU-Handelsminister befürworteten alle eine Auseinandersetzung mit den USA, anstatt überstürzt weitere Zollerhöhungen als Reaktion auf die von Präsident Trump in der vergangenen Woche angekündigten größeren Maßnahmen vorzunehmen. Dies werde "sowohl Zeit als auch Mühe kosten", sagte Sefcovic. Er fügte jedoch hinzu, dass die EU nicht "endlos warten" werde und über die Maßnahmen nachdenken werde, die sie als weitere Reaktion ergreifen könne.
Zuvor am Montag hatte die EU bekanntgegeben, dass sie ein "Null-für-Null"-Abkommen für Industriegüter wie Autos und Chemikalien angeboten habe, das die Abschaffung der Zölle auf beiden Seiten des Atlantiks vorsieht. Sefcovic sagte, er habe diese Lösung erstmals bei einem Treffen mit US-Handelsminister Howard Lutnick am 19. Februar erörtert.
BRÜSSEL (dpa-AFX) / Dow Jones
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