ESG-Modeerscheinung

Nachhaltigkeit: Ist nachhaltiges Investieren nur eine Blase?

20.05.24 23:28 Uhr

ESG: Nachhaltiges Investieren als Modeerscheinung? | finanzen.net

Das Thema Nachhaltigkeit wird von Investoren bei ihren Entscheidungen zunehmend berücksichtigt. Doch es gibt auch kritische Stimmen, die davor warnen, dass es sich bei diesem Trend nur um eine Blase handelt.

• Nachhaltiges Investieren liegt im Trend
• Jared Dillian glaubt nicht an Paradigmenwechsel
• ESG-Blase befürchtet

Nachhaltige Investitionen und langfristige Unternehmensstrategien gewinnen zunehmend an Bedeutung. Investoren, welche die sogenannten ESG-Kriterien beim Asset-Management berücksichtigen, handeln umweltfreundlicher, nachhaltiger und beachten darüber hinaus soziale Faktoren. Denn die ESG-Kriterien umfassen beispielsweise Umweltmanagement, CO2-Bilanz, Chancengleichheit, soziale Auswirkungen des Produktportfolios und die Unternehmensethik.

Doch Kolumnist Jared Dillian sieht diese Entwicklung skeptisch. In einem Beitrag für "Bloomberg" kritisiert er, dass die ESG-Kriterien zu subjektiv seien. Denn jede ESG-Rating-Agentur habe ihre eigenen Bewertungsstandards für soziales und umweltbewusstes Handeln sowie gute Unternehmensführung. Dass nun Milliarden Dollar derart subjektiv investiert werden, sei besorgniserregend, schließlich sei alles andere in der Finanzwelt quantifizierbar.

Zwar hätten sich ESG-Anlagen in den letzten Jahren besser entwickelt als Investments, die diese Kriterien nicht berücksichtigt haben, doch Dillian glaubt, dass dies nur ein "Zufall" gewesen sein könnte. Er begründet diese Einschätzung damit, dass ESG-Fonds stark in Tech-Unternehmen investieren würden, deren Rally jedoch höchstwahrscheinlich nichts mit ESG zu tun habe. Andererseits würden viele ESG-Fonds Investments in Fossile Brennstoffe vermeiden, deren schlechte Kursentwicklung aber ebenfalls nicht mit ESG in Verbindung stehen müsse.

Selbsterfüllende Prophezeiung

Der "Bloomberg"-Kolumnist vertritt die Meinung, dass der ESG-Trend so etwas wie eine selbsterfüllende Prophezeiung geworden ist, angetrieben von Liquidität und der Strömung, anstatt einer effektiven Strategie.

Dazu verweist er auf Daten des Analyseunternehmens Morningstar, wonach ESG-Fonds weltweit im ersten Quartal 2020 Zuflüsse in Höhe von 45,7 Milliarden US-Dollar verzeichnen konnten, wogegen das breitere Fonds-Universum Abflüsse in Höhe von von 384,7 Milliarden US-Dollar verkraften musste. Insgesamt seien nun schon 40 Billionen US-Dollar in ESG-Assets angelegt. Das schiere Ausmaß dieser Kapitalströme könne Kurse in die eine oder andere Richtung bewegen, so Jared Dillian.

Dabei erkennt er durchaus an, dass das investieren nach ESG-Kriterien den gewünschten Effekt hat: Es macht die Kapitalbeschaffung für "schlechte" Unternehmen teurer und für "gute" Unternehmen billiger. Falls sich dies fortsetzt, könne es sogar dazu führen, dass die Industrie für fossile Brennstoffe verschwinden wird - eine Entwicklung die er nicht bedauern würde.

Modeerscheinung

Doch Jared Dillian glaubt nicht, dass der ESG-Trend anhält, vielmehr hält er ihn nur für eine vorübergehende Modeerscheinung. Denn er ist überzeugt, dass Investmentmanager, die keinen Beschränkungen unterliegen, letztlich besser abschneiden als solche, die Einschränkungen wie die ESG-Kriterien akzeptieren.

Zwar hätten ESG-Investments in den letzten Jahren dank der derzeitigen starken Strömung viel Zuspruch gefunden, doch auf Dauer werde sich das auch wieder ändern. Denn wenn ESG-Anlagen anfangen schlechter zu performen, dann würden sich die Anleger wieder jenen Unternehmen zuwenden, denen es in erster Linie darum geht, Geld zu verdienen, gibt sich der Kolumnist überzeugt.

Blase am Aktienmarkt

Zwar sei es verlockend, von einem Paradigmenwechsel auszugehen, doch daran glaubt Dillian nicht. Vielmehr denkt er, dass nachhaltiges Investieren nur eine weitere Aktienmarktblase ist, wie es in der Vergangenheit schon viele gegeben habe. Konkret geht er davon aus, dass sich ESG im frühen Stadium der Blasenbildung befindet, was bedeute, dass sich der Hype wahrscheinlich noch einige Jahre fortsetzen werde, bevor ein irrwitzig übertriebenes Niveau erreicht ist und die Blase letztlich platzt.

Redaktion finanzen.net

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