Erwartungen verfehlt

Deutsche Wirtschaft steuert 2017 auf 2 Prozent Wachstum zu

15.08.17 12:01 Uhr

Deutsche Wirtschaft steuert 2017 auf 2 Prozent Wachstum zu | finanzen.net

Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal 2017 zwar etwas weniger stark als erwartet gewachsen, steht aber nach der Aufwärtsrevision früherer Quartale deutlich besser da als bisher angenommen.

Volkswirte halten vor diesem Hintergrund trotz diverser außenwirtschaftlicher Risiken ein Wachstum von knapp oder sogar gut 2 Prozent für möglich, nachdem die deutsche Wirtschaft 2014 bis 2016 um revidiert 1,9, 1,7 und 1,9 Prozent gewachsen war.

Das Wirtschaftswachstum in Deutschland hat sich im zweiten Quartal 2017 entgegen den Erwartungen nicht verstärkt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal preis- und saisonbereinigt um 0,6 Prozent. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten einen Anstieg um 0,7 Prozent prognostiziert.

Das zunächst für das erste Quartal gemeldete Plus von 0,6 Prozent revidierten die Statistiker auf 0,7 Prozent. Für die Wachstumsannahmen zum Gesamtjahr ist von Bedeutung, dass auch die Quartalszahlen des Jahres 2016 nach oben revidiert wurden.

Commerzbank prognostiziert 2,2 Prozent kalenderbereinigtes Wachstum

"Das hat die Ausgangsbasis für die 2017er Prognose um stolze 0,3 Prozentpunkte nach oben verschoben. Das ist der Hauptgrund, warum wir unsere Wachstumsprognose für 2017 von 1,6 auf 2,0 Prozent anheben", kommentiert Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Bereinigt um die niedrigere Anzahl von Arbeitstagen läuft die Commerzbank-Prognose sogar auf 2,2 Prozent Wachstum hinaus. Auch die Dekabank erwartet 2,2 Prozent Wachstum, und Unicredit 2,1 Prozent - mit Aufwärtsrisiken.

Im zweiten Quartal stieg das BIP gegenüber dem Vorjahresquartal um 2,1 (Vorquartal: 2,0) Prozent. Erwartet worden waren nur 1,9 Prozent.

Gestützt wurde das Wachstum laut Destatis vom privaten wie auch vom Staatskonsum. Auch die Investitionen legten zu - in Ausrüstungen, Bauten und sonstige Anlagen wurde mehr investiert als im ersten Quartal. Nach vorläufigen Berechnungen wurde das Wachstum dagegen von der außenwirtschaftlichen Entwicklung gebremst, weil die Importe im Vergleich zum Vorquartal erheblich stärker zunahmen als die Exporte.

Die Wirtschaftsleistung wurde von 44,2 Millionen Erwerbstätigen im Inland erbracht, das waren 664.000 Personen oder 1,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Krämer erwartet für das dritte Quartal kein schwächeres Wachstum, sondern erneut eine Quartalsrate von 0,6 Prozent. So optimistisch sind allerdings nicht alle Ökonomen. "Ich glaube nicht, dass sich diese Raten jetzt so fortsetzen werden", sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. Wachstumsraten von 0,4 Prozent im dritten und vierten Quartal wären schon "super". Krüger rechnet für das Gesamtjahr mit einem kalenderbereinigten Wachstum von 2 Prozent.

ING erwartet etwas weniger Wachstumsschwung

Auch ING-Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski ist eher vorsichtig. "Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass das Wachstum plötzlich abbricht, aber eine gewisse Verlangsamung ist nahezu unausweichlich", schrieb er. Brzeski erwartet, dass die aktuellen Wachstumstreiber - hohe Beschäftigung, höhere Löhne, Staatskonsum, niedriger Euro - etwas an Schwung einbüßen werden, ohne jedoch gleich negative Beiträge zu liefern. Allerdings sieht er in Gestalt der Investitionen eine neue Wachstumsstütze herannahen.

Details zur Zusammensetzung des Wachstums wird Destatis im Rahmen der zweiten Veröffentlichung am 25. August mitteilen. Am Mittwoch veröffentlicht Eurostat eine zweite Schätzung der BIP-Entwicklung im Euroraum.

FRANKFURT/WIESBADEN (Dow Jones)

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