Vodafone-Aktie gewinnt: Vodafone mit Umsatzsteigerung - Ex-SAP-Finanzchef kommt
Der kriselnde Vodafone-Konzern hat sich zum Auftakt des neuen Geschäftsjahres etwas besser geschlagen als erwartet.
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Zwar übertrafen die Briten die Erwartungen von Analysten leicht. In ihrem wichtigsten Markt Deutschland hadern sie aber weiter und müssen erneut mehr Kündigungen bei ihren Internetprodukten hinnehmen. Spätestens im Herbst soll der Ex-SAP-Manager Luka Mucic dann das Ruder herumreißen - der frühere Finanzchef des Walldorfer Softwareunternehmens heuert zum September in selber Funktion bei Vodafone an. An der Börse fanden die Nachrichten Anklang:
Wie Vodafone am Montag weiter mitteilte, kletterte der Konzernumsatz des bis Juni laufenden ersten Quartals gegenüber dem Vorjahreszeitraum organisch um 3,7 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro. Dabei klammert das Unternehmen Wechselkurseffekte, die Hyperinflation in der Türkei und andere Sondereffekte aus. Branchenkenner hatten mit etwas weniger gerechnet. Auch der Zuwachs des werthaltigeren Service-Umsatzes legte deutlicher zu als in den vergangenen Monaten. Damit sind Erlöse gemeint, an denen Telekomunternehmen tatsächlich etwas verdienen, während Umsätze mit Mobilfunkgeräten wie Smartphones und Tablets als margenarm gelten.
In seinem wichtigsten Markt Deutschland kämpft der Wettbewerber der Deutschen Telekom und Telefonica Deutschland aber weiter mit Herausforderungen. So muss Vodafone hierzulande deutlich mehr Kündigungen bei seinen Internetprodukten (DSL und Kabel) verkraften. Seit Monaten verliert Vodafone von Quartal zu Quartal mehr und mehr Internetkunden - an der Negativtendenz ist kein Umschwung zu erkennen.
Anders sieht es dagegen bei Mobilfunkverträgen aus: Selbst nach Abzug von Kündigungen konnte Vodafone 24 000 Menschen zum Abschluss entsprechender Geschäftsbeziehungen animieren. Verglichen mit den beiden Konkurrenten Deutsche Telekom und Telefonica Deutschland dürfte die Kennziffer allerdings erneut verschwindend gering sein. Zum Vergleich: Im Vorquartal hatten beide sechsstellige Zahlen für ihre Netto-Neukunden vermeldet, als Vodafone einen Rückgang von 11.000 bekannt gab. Als Reaktion darauf kündigte Deutschlandchef Philippe Rogge jüngst an, sich von vollmundigen Werbeversprechen verabschieden und als "ehrliches Unternehmen" wahrgenommen werden zu wollen.
Die neue Konzernchefin Margherita Della Valle lobte die jüngste Entwicklung in Deutschland und sieht eine Trendwende. Für das restliche Jahr dürften die Geschäfte hierzulande deutlich zum Jahresumsatz beisteuern. Die Managerin sprach in einer Telefonkonferenz von einem "zunehmenden Rückhalt aus Deutschland."
Angesprochen auf den potenziell wegfallenden Umsatz in Höhe von 800 Millionen Euro durch Kabelfernsehen hierzulande zu Mitte 2024 sagte Della Valle, dass sie die Gesetzesneuregelung als "Chance" sehe, um Kunden für sich zu gewinnen. So wolle sie mit gezielten Marketingaktionen dem entgegentreten. Jahrelang kassierte Vodafone von Millionen von Haushalten Gelder über das sogenannte "Nebenkostenprivileg" Kabelgebühren, unabhängig davon, ob Mieter diese tatsächlich nutzten oder nicht. Seit Dezember 2021 ist damit Schluss, Vermieter haben aber noch bis Mitte 2024 Zeit, um entsprechende Verträge umzustellen.
Der britische Konzern befindet sich im grundlegenden Umbau. In den kommenden drei Jahren sollen 11.000 Arbeitsplätze gestrichen werden. Derweil hat Della Valle mit dem Ex-SAP-Manager Luka Mucic einen Nachfolger für ihre vorherige Position bei Vodafone gefunden. Er startet am 1. September. Mucic gilt als ausgewiesener Zahlenexperte.
Für das laufende Geschäftsjahr peilt Della Valle ein stabiles, um Sondereffekte bereinigtes operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von rund 13,3 Milliarden Euro an. Im Vorjahr hatte Vodafone noch 14,7 Milliarden Euro ausgewiesen. Angepasst an Fremdwährungen und andere Sondereffekte seien beide Gewinnzahlen dann aber in etwa gleich.
Vodafone-Zahlen und Zinsunsicherheit treiben Telekom-Aktien an
Telekomaktien haben am Montag europaweit deutlich zugelegt. Die Branche setzte bei positiven Überraschungen im Quartalsbericht der britischen Vodafone sowie erfreulichen Ergebnissen der niederländischen KPN ihre jüngst gestartete Erholung fort. Am Markt wurde abgesehen von den Quartalsberichten auch auf die defensive Qualität des Sektors verwiesen, die derzeit Auftrieb gebe.
Vodafone legten in London als Favorit unter den europäischen Telekomaktien um 3,85 Prozent auf 76,34 Pence zu und KPN stiegen um 0,67 Prozent auf 3,309 Euro.
Hierzulande gewannen Deutsche Telekom als DAX-Spitzenwert 1,14 Prozent auf 19,89 Euro. Im MDAX waren vor allem die Anteile der Telefonica Deutschland gefragt mit plus 1,32 Prozent auf 2,46 Euro. Es folgten freenet mit plus 0,70 Prozent auf 22,80 Euro und im SDAX rückten United Internet um 2,31 Prozent auf 13,27 Euro vor.
Im europäischen Branchentableau zeigten sich zudem auch Telia, Swisscom, SES Global oder auch Telefonica im Plus.
Für das erste Geschäftsquartal 2023/24 meldete Vodafone an diesem Morgen höhere Umsätze als erwartet, sowohl auf Konzernebene als auch in Europa, wie Deutsche-Bank-Analyst Robert Grindle konstatierte. Zudem wuchsen im Mobilfunkbereich die Geschäftsabschlüsse in Deutschland. Die verbesserten operativen Trends dürften dem im Umbau befindlichen Telekomunternehmen helfen, und da sei das Auftaktquartal des neuen Geschäftsjahres "ein guter Anfang". Die Wachstumssteigerungen nannte Grindle zudem "eine gute Nachricht". Skeptiker könnten zwar womöglich mehr Beweise für nachhaltige Fortschritte fordern, er jedoch sieht ausreichend Gründe für die Kursgewinne an diesem Tag.
Das Zahlenwerk von Vodafone bringe "Schwung in die zuletzt eher wenig beachteten Aktien der Telekommunikationsunternehmen", sagte zudem Marktexperte Andreas Lipkow. Nachdem den Aktien in letzter Zeit "wenig Fantasie und damit zu wenig weiteres Kurspotenzial" attestiert wurde, scheine sich das nun - auch angesichts einer von Unsicherheitsfaktoren geprägten Handelswoche - umzukehren.
Anleger sind derzeit vorsichtig und halten sich vor den Zinsentscheidungen der US-Notenbank Fed am Mittwoch und der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag mit Engagements eher zurück. Zu groß ist die Gefahr, auf falschem Fuß erwischt zu werden. Das treibt derzeit defensive Werte wie Telekomwerte an, denn unsicheren Zeiten stellen sie einen vergleichsweise "sicheren Hafen" dar. Defensive Aktien leiden etwa deutlich weniger unter einer schwachen Konjunktur und legen in der Regel zu, wenn der US-Dollar schwächelt oder die Ölpreise steigen.
LONDON / FRANKFURT (dpa-AFX)
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