Berlin beharrt auf Mietendeckel - Wirtschaft will sich wehren
Ungeachtet heftiger Kritik hält der rot-rot-grüne Berliner Senat an seinem Ziel fest, den Anstieg der Wohnkosten mittels eines Mietendeckels zu stoppen.
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"Wir wollen ein Stoppzeichen setzen gegen Spekulationen, für leistbare Mieten und eine soziale Stadt", sagte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) am Montag. Allerdings ist offen, ob die am Wochenende bekanntgewordenen Eckpunkte aus ihrem Hause mit strengen Mietobergrenzen von maximal acht Euro je Quadratmeter unverändert in den geplanten Gesetzentwurf einfließen. Die beiden anderen Koalitionspartner SPD und Grüne mahnten rechtssichere und verhältnismäßige Lösungen an.
Die Wohnungswirtschaft kündigte Widerstand gegen die bundesweit einmaligen Pläne in der Hauptstadt an, die mit steigenden Mieten und guten Renditechancen auf dem Wohnungsmarkt seit Jahren auch internationale Konzerne anlockt. "Wir werden uns wehren", sagte der Präsident des Zentralen Immobilien-Ausschusses, Andreas Mattner. Er sprach von "Enteignung durch die Hintertür" und forderte die Bundestagsfraktionen auf, das Vorhaben per Normenkontrollklage vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Auch aus Sicht des Immobilienverbands IVD und der Eigentümerverbandes Haus & Grund wäre ein Mietendeckel verfassungswidrig.
Derweil gerieten Immobilienaktien einmal mehr unter Druck. Vor allem bei den Papieren der auf Berlin fokussierten Konzerne Deutsche Wohnen (Deutsche Wohnen SE) und Ado Properties hinterließen die Ideen für den Mietendeckel Spuren - mit neuen Tiefstständen seit Ende 2016 und Mitte 2017. "Dieser Entwurf zu einem Berliner Mietendeckel ist ein Frontalangriff auf den Rechtsstaat und den Zusammenhalt in der Stadt", erklärte Deutsche Wohnen. Der Berliner Mieterverein teilte hingegen mit: "Die hohen Mieten sind eine Gefahr für die Stadt und nicht der Mietendeckel."
Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes in Berlin will der Senat alle Mieten für fünf Jahr per Gesetz einfrieren. Nach den Eckpunkten aus dem Hause Lompscher, die seit Sonntag die Runde machen, sollen Wohnungen je nach Alter und Ausstattung künftig nicht mehr als 3,42 bis 7,97 Euro Kaltmiete je Quadratmeter kosten dürfen. Die Lage soll dabei keine Rolle spielen. Liegen Mieten über dieser Obergrenze, sollen Mieter dem Vorschlag zufolge die Möglichkeit haben, diese zu senken. Bei Modernisierungen sind Zuschläge angedacht, die aber die Mietgrenze um nicht mehr als 20 Prozent überschreiten dürfen. Ausgenommen vom Mietendeckel sollen lediglich Neubauten ab 2014 sein.
Die zuständige Senatorin Lompscher sprach von einem Akt der "Notwehr". Viele Menschen hätten Angst, sich die Miete in Zukunft nicht mehr leisten zu können. Ziel sei, eine sozial gemischte Stadt zu sichern. "Dazu ist es erforderlich, in die Bestandsmieten einzugreifen." Bei den Eckpunkten indes handele es sich um einen "Vorbereitungstand für einen Referentenentwurf". Zur Ausgestaltung des Gesetzentwurfes laufe derzeit ein "Arbeitsprozess", in den Experten, Vertreter der Koalition und der Wohnungswirtschaft eingebunden seien. In einigen Tagen soll der Entwurf fertig sein.
Der rot-rot-grünen Koalition in Berlin ist klar, dass sie mit dem Mietendeckel rechtliches Neuland betritt und Klagen zu erwarten sind. Sie will den Weg aber gehen, um die "spekulative Gier auf dem Wohnungsmarkt" zu stoppen. Entscheidend ist die Ausgestaltung. Die Grünen präferieren wie der Mieterverein mit Blick gerade auf Genossenschaften oder kleine Vermieter "atmende" Obergrenzen, die auch Mieterhöhungen nicht ausschließen, etwa zum Inflationsausgleich.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) mahnte, nicht das Augenmaß zu verlieren. "Nicht der radikalste Vorschlag ist der beste, sondern der wirksamste Vorschlag." Nötig sei ein Mietendeckel, der Mietern schnell und rechtssicher helfe, anstatt jahrelang vor Gericht darüber zu streiten. Vize-Regierungschefin und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) sagte: "Wir müssen einen vernünftigen Interessenausgleich zwischen Mieterschutz und einem rechtmäßigen Eingriff in den überhitzten Berliner Mietenmarkt erreichen." Nicht jeder Vermieter dürfe unter Generalverdacht der Spekulation gestellt werden.
Rückendeckung erhielten Berliner Parteien von ihren Bundesvorsitzenden. "Mit dem Mietendeckel wollen wir die explodierenden Mieten in Berlin eindämmen", erklärte Grünen-Chef Robert Habeck. Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping sagte, das Vorhaben sei "genau das, was das Land Berlin jetzt braucht".
/kr/DP/fba
BERLIN (dpa-AFX)
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