Schäuble gegen immer expansivere Geldpolitik und Schuldenfinanzierung
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat eine immer expansivere Geldpolitik kritisiert und auf Fiskalkonsolidierung und Strukturreformen in der Eurozone bestanden.
Nur auf der Basis ökonomischer Stärke werde es schließlich auch gelingen, den Konflikt mit Russland über die Ukraine zu lösen, meinte Schäuble in einer Rede bei der Brookings Institution in Washington.
In einer anschließenden Fragerunde bekräftigte der deutsche Finanzminister, dass er wegen der Entwicklung in Griechenland keine Gefahr eines Flächenbrandes sieht. Über einen Austritt des Landes aus der Eurozone wollte Schäuble aber nicht spekulieren.
"Nach meiner Ansicht sind eine expansive Geldpolitik und eine schuldenfinanzierte Fiskalpolitik nicht die Lösung", erklärte Schäuble in der auf Englisch gehaltenen Rede. "Im Gegenteil: Ich betrachte sie als einen der Hauptgründe der Finanz- und Schuldenkrisen, die sich in den jüngsten Jahrzehnten ereignet haben, und für das schwache Wachstum, das wir sehen."
Eine Wirtschaftspolitik, die nachhaltiges Wachstum vorantreibe, werde auf lange Sicht erfolgreicher sein, als eine, die zu starken Auf- und Abschwüngen führt, zeigte sich der Finanzminister überzeugt. Denn sie berücksichtige unter anderem stärker die zentrale Rolle, die die Psychologie der Markteilnehmer spiele - Unternehmer, Anleger und Verbraucher erwarteten einen stabilen Politikrahmen.
Deshalb zeigte sich Schäuble beunruhigt über das hohe Niveau der weltweiten Verschuldung, die deutlich höher sei als zu Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007. "Die Schuldenstände in der Weltwirtschaft geben weiterhin Anlass für Besorgnis", sagte er. Allein die öffentlichen Verbindlichkeiten seien seitdem um 25 Billionen US-Dollar angewachsen, und eine "alarmierende" Summe an Unternehmensanleihen werde von Firmen mit schwachem Kreditrating ausgegeben.
Europa müsse "an den Regeln festhalten", die Fiskalkonsolidierung und Strukturreformen im Euroraum vorschrieben, so Schäubles Schlussfolgerung. Ohne Griechenland direkt zu nennen, warnte er ausdrücklich vor dem Problem eines "Moral Hazard" in dem Sinne, dass den Akteuren Anreize für leichtsinniges Verhalten gesetzt werden könnten. "Eine Reihe von Leuten unterschätzen das Problem des Moral Hazard", betonte der deutsche Finanzminister.
"Gewährt man wieder und wieder Schuldenerlass und permanente Transfers, wird dies einer Gesellschaft nicht helfen, die langfristige Verfassung ihrer Wirtschaft zu verbessern", sagte er. Die monetären und sozialen Kosten wären für die Gläubigerstaaten "ohnehin nicht akzeptabel". Schuldenerlässe und permanente Transfers lösten kein einziges strukturelles Problem.
In der Fragerunde verteidigte Schäuble das Beharren der Eurozone auf Reformen in Griechenland im Gegenzug für Finanzhilfen. "Ich will nichts von Griechenland, aber Europa will, dass jeder sich an das hält, was beschlossen wurde", sagte er. "Was immer in Europa passieren wird - wir werden nicht das Risiko eingehen, die Stabilität der Weltwirtschaft zu gefährden", betonte der Bundesfinanzminister.
Auf eine Position zu einem eventuellen Austritt des Landes aus der Eurozone wollte sich der Finanzminister nicht festlegen. "Es ist allein eine Entscheidung Griechenlands."
Bereits am Mittwoch hatte Schäuble in einer Rede in New York mit Blick auf Griechenland gesagt, man könne "keine Ansteckung an den Märkten" sehen. "Die meisten Finanzmarktteilnehmer sagen uns, die Märkte haben bereits eingepreist, was immer passieren kann", hatte er betont.
Eine Restrukturierung von Schulden sei derzeit nicht das drängendste Problem Athens, sondern "die Wiedererlangung von Wettbewerbsfähigkeit", meinte er in der Washingtoner Debatte. Die Schulden des Landes seien für eine lange Zeit sehr moderat finanziert. Mit Blick auf die griechische Wettbewerbsfähigkeit kritisierte Schäuble den Mindestlohn in Griechenland, der immer noch höher sei als in manch anderem EU-Land, und eine hohe Zahl öffentlicher Beschäftigter. "Da ist es schwer, wettbewerbsfähig zu werden."
Fordere Europa Strukturreformen im Gegenzug für Finanzhilfen, so sei dies deshalb "nicht irgendein engstirniges Mantra", das etwa Leute wiederholen, denen der Sinn für die großen strategischen Zukunftsfragen abhanden gekommen sei. "In der Tat könnte dies vielmehr die wichtigste langfristige Strategiefrage sein, der wir uns heutzutage gegenübersehen." Nur mit starken Volkswirtschaften und widerstandsfähigen Gesellschaften würden die Europäer wirklich die weltweiten Krisen bewältigen können, warnte Schäuble.
Er bezog dies ausdrücklich auch auf den Ukraine-Konflikt. "Auf lange Sicht wird der Konflikt mit Putins Russland nur auf der Basis ökonomischer Stärke entschieden werden", konstatierte der Finanzminister. Die europäischen Sanktionen hätten definitiv Auswirkungen. "Aber wir können uns diese Sanktionen nur leisten, weil - und so lange - wir eine starke Wirtschaft haben."
DJG/ank/mgo
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Von Andreas Kißler
WASHINGTON (Dow Jones)
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