Coronavirus & Co.

Dr. Doom warnt vor "Weißen Schwänen"

02.03.20 21:45 Uhr

Dr. Doom warnt vor "Weißen Schwänen" | finanzen.net

Nassim Taleb schrieb in der Vergangenheit, wenn es um seltene, höchst unwahrscheinliche Ereignisse in der Finanzgeschichte ging von "Schwarzen Schwänen". Und so warnt Nouriel Roubini heute vor dem Gegenteil, vor "Weißen Schwänen".

• Einige Ereignisse könnten die Märkte 2020 belasten
• Dr. Doom spricht hinsichtlich sehr wahrscheinlicher Ereignisse von "Weißen Schwänen"
• Coronavirus ist nur einer von vielen Faktoren

"Schwarze Schwäne" stehen für äußerst seltene und unwahrscheinliche Ereignisse. So schrieb Nassim Taleb in seinem Buch "Fooled By Randomness" zum ersten Mal von diesem Phänomen und widmete ihm sogar ein Buch: "The Black Swan: The Impact of the Highly Improbable". Nun warnt Marktexperte Nouriel Roubini, auch Dr. Doom genannt, vor dem Hintergrund einiger Unsicherheitsfaktoren für die Wirtschaft, vor sogenannten "Weißen Schwänen".

Das bereitet Roubini Sorgen

Der Experte weist auf verschiedene "Weiße Schwäne" am Markt hin - das Coronavirus sei nur einer davon, wenngleich er die Märkte womöglich so sehr erschüttert, wie sonst keine andere Problematik in der jüngsten Vergangenheit. Neben den Pandemiesorgen nennt er geopolitische Unruhen an mehreren Fronten, eine potenziell turbulente Präsidentschaftswahl, wieder entfachende Handelsstreitigkeiten mit China, durch den Klimawandel verursachte möglicherweise katastrophale Schäden und ein zunehmendes Potenzial für Cyberkriege als Ereignisse, deren Eintreten 2020 sehr wahrscheinlich sei. "Diese Liste ist kaum vollständig, zeigt aber, was man für 2020 gerechtfertigt erwarten kann", schrieb Roubini in einem Essay für Project Syndicate.

Coronavirus verschreckt die Märkte

Seine Aussage, dass die Finanzmärkte weiterhin selig die Risiken leugnen und überzeugt sind, dass ein ruhiges, wenn nicht glückliches Jahr auf die großen Volkswirtschaften und globalen Märkte wartet, widerlegten die Börsen inzwischen jedoch. Das Coronavirus lehrte sie das Fürchten: Sowohl in Asien, als auch in Europa und in den USA befinden sich die Märkte in einer Abwärtsspirale, nachdem sie noch vor wenigen Wochen und Monaten immer wieder neue Höchststände erreicht hatten. Unternehmen zeigen sich zunehmend vorsichtig, aufgrund der nach wie vor nicht vorhersagbaren wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus.

Politische Probleme an vier Fronten

Doch nicht nur das sich immer weiter ausbreitende Virus zählt Roubini zu den "Weißen Schwänen" 2020. Er betrachtet ebenfalls die geopolitischen Unruhen an vier Fronten, dazu zählt er China, Russland, den Iran und Nordkorea, kritisch. US-Präsident Trump versuche, in all diesen Ländern einen Wechsel der Staatenlenker, unter anderem mit Hilfe von wirtschaftlichen Sanktionen, herbeizuführen. Im Gegenzug würden es Putin, Kim Jong-un und Co. womöglich begrüßen, wenn ein anderer im Herbst Donald Trumps Präsidentenamt übernehmen würde.

Die Ruhe zwischen den USA und dem Iran erachtet er nur als die allerseits bekannte Ruhe vor dem Sturm. "Die akute Bedrohung, die er [Trump] für das iranische Regime darstellt, gibt allen Anlass, den Konflikt mit den USA in den kommenden Monaten zu eskalieren - auch wenn dies das Risiko eines umfassenden Krieges bedeutet - wenn die Chance besteht, dass der sich daraus ergebende Anstieg der Ölpreise den US-Aktienmarkt zum Absturz bringt, eine Rezession auslöst und Trumps Aussichten auf eine Wiederwahl senkt", erklärt Roubini in seinem Aufsatz.

Verhältnis zwischen USA und China

Auch wenn der US-chinesische Handelskrieg, der die Märkte über mehr als ein Jahr plagte, mit dem Phase-1-Abkommen in den Köpfen vieler schon wieder abgehakt war und derzeit andere Themen, die die Märkte bewegen, in den Vordergrund gerückt sind, ist Roubini der Meinung, dass der Konflikt erneut aufflammen könnte. Der Experte traut China sogar zu, mehr in die neue Krise hineinzudeuten: "Für einige chinesische Politiker kann es kein Zufall sein, dass ihr Land gleichzeitig einen massiven Ausbruch der Schweinegrippe, eine schwere Vogelgrippe, eine Coronavirus-Epidemie, politische Unruhen in Hongkong, die Wiederwahl des taiwanesischen Präsidenten für die Unabhängigkeit und gesteigerte US-Marineoperationen im Ost- und Südchinesischen Meer erlebt". Roubini befürchtet, dass der Frieden zwischen den USA und China nicht lange währen wird und China gegen die USA vorgehen könnte - nicht mit direkter Konfrontation, sondern im Rahmen eines Cyberkriegs. Hacker könnten sich seiner Meinung nach zum Beispiel bei der US-Wahl einmischen.

Sollte es erneut zu Problemen mit China kommen, könnte dies zudem einen Schock auf dem US-Anleihenmarkt zur Folge haben und womöglich zu einer wirtschaftlichen Abkühlung in den USA führen. Denn Roubini erklärt, dass China Dumping mit US-Staatsanleihen betreiben könnte. Die daraus entstehende Belastung des chinesischen Wirtschaftswachstums könnte man in Fernost dann mit Kapitalgewinnen aus Gold - denn China hat einige offene und verdeckte Goldreserven - wieder ausgleichen.

Der Klimawandel und seine Folgen

Neben den ganzen geopolitischen Risiken betrachtet Roubini auch die Entwicklung des Weltklimas kritisch. Er betrachtet den Klimawandel nicht als etwas, das irgendwann auf uns zukommt, sondern meint, dass wir schon mittendrin stecken: "Es ist eine Bedrohung im Hier und Jetzt, wie die zunehmende Häufigkeit und Schwere extremer Wetterereignisse zeigt". Durch den Klimanwandel könnte es zu kostspieligen Umweltkatastrophen kommen. Und dabei gebe es noch so viele einzelne Entwicklungen, die alle zu einem "Weißen Schwan"-Ereignis führen könnten.

Nun bleibt abzuwarten, wie die Entwicklung hinsichtlich des Coronavirus weitergeht und ob in diesem Jahr noch weitere Ereignisse, vor denen Dr. Doom warnt, eintreten werden.

Redaktion finanzen.net

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