IWF senkt globale Wachstumsprognosen wegen Pandemie weiter
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Prognose für die Entwicklung der Weltwirtschaft im laufenden Jahr erneut gesenkt.
Wie aus der jetzt veröffentlichten Aktualisierung seines Weltwirtschaftsausblicks hervorgeht, rechnet der IWF nicht damit, dass diese schwächere Entwicklung durch eine entsprechend stärkere Erholung im Folgejahr ausgeglichen wird.
Für 2020 rechnet der IWF mit einem Rückgang des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 4,9 Prozent. Im April war ein Minus von nur 3,0 Prozent vorausgesagt worden. Für 2021 wird nun ein Wachstum von 5,4 (5,8) Prozent vorausgesagt. Damit läge das BIP 2021 um rund 6,5 Prozent niedriger als in den Prognosen von Januar 2020 unterstellt.
"Die COVID-19-Pandemie hat die Aktivität im ersten Halbjahr 2020 stärker als erwartet gedämpft, und die Erholung dürfte langsamer als bisher angenommen verlaufen", schreibt der IWF. Er weist darauf hin, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie für einkommensschwache Haushalte besonders schlimm seien.
Deutsche Wirtschaft im Euroraum am wenigsten betroffen
Für die USA erwartet der IWF im laufenden Jahr einen BIP-Rückgang von 8,0 (April: minus 5,9) Prozent, auf den ein BIP-Anstieg von 4,5 (4,7) Prozent folgen dürfte. Für den Euroraum prognostiziert der IWF BIP-Veränderungsraten von minus 10,2 (minus 7,5) Prozent und plus 6,0 (plus 4,7) Prozent, für Deutschland minus 7,8 (minus 7,0) und plus 5,4 (plus 5,2) Prozent, für Frankreich minus 12,5 (minus 7,2) und plus 7,3 (plus 4,5) Prozent und für Italien minus 12,8 (minus 9,1) und plus 6,3 (plus 4,8) Prozent.
Für Japan sagt der IWF BIP-Raten von minus 5,8 (minus 5,2) und plus 2,4 (plus 3,0) Prozent voraus, für Großbritannien von minus 10,2 (minus 6,5) und plus 6,3 (plus 4,0) Prozent, für Russland minus 6,6 (minus 5,5) und plus 4,1 (plus 3,5) Prozent und für Brasilien minus 9,1 (minus 5,3) und plus 3,6 (plus 2,9) Prozent. China traut der IWF noch Wachstumsraten von 1,0 (1,2) und 8,2 (9,2) Prozent zu.
Konjunkturerholung fällt gemessen am vorherigen Absturz schwächer aus
Laut IWF dürfte die Erholung 2021 in vielen Ländern aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr im bisher erwarteten Maß mit der vorherigen Rezession Schritt halten. In Volkswirtschaften mit sinkenden Infektionsraten sind das bis ins zweite Halbjahr 2020 anhaltende Abstandsmaßnahmen, größere langfristige Schäden am Angebotspotenzial und eine geringere Produktivität der überlebenden Unternehmen aufgrund notwendiger Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Arbeitsplatzsicherheit und Hygiene. In Ländern, die die Infektionsraten nicht unter Kontrolle bekommen, dürfte ein anhaltender Lockdown die Aktivität zusätzlich bremsen.
Der IWF geht bei seinen Prognosen von der Annahme aus, dass die Finanzkonditionen so locker wie bisher bleiben. "Vom Basisszenario abweichende Verläufe sind gut denkbar, nicht nur wegen der Entwicklung der Pandemie", merkt der IWF an. Das Ausmaß der jüngsten Finanzmarkterholung ist laut IWF allerdings nicht von den fundamentalen Gegebenheiten gedeckt. Der IWF sieht daher in einem alternativen Szenario das Risiko, dass es zu einer Straffung der Konditionen kommt.
In dauerhaft kleineren Sektoren Nachfragestützung reduzieren
Staaten mit Lockdown sollten die Verluste bei den Haushaltseinkommen laut IWF "spürbar" und "gezielt" abfedern. Das Gleiche gilt für Unternehmen, die unter Schließungsmaßnahmen leiden. In wieder öffnenden Volkswirtschaften sollten die Stützungsmaßnahmen dagegen langsam zurückgefahren werden. Konzentrieren sollten sich diese Maßnahmen dann auf eine Stützung der Nachfrage, wobei die Allokation von Mitteln in Sektoren, die nach der Krise dauerhaft kleiner sein dürften, nicht mehr unterstützt werden sollte.
Von Hans Bentzien
FRANKFURT/WASHINGTON (Dow Jones)
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