Corona-Krise

Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Pandemie haben begonnen

03.03.21 17:27 Uhr

Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Pandemie haben begonnen | finanzen.net

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder haben am Mittwoch ihre Beratungen über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise begonnen.

Vor den Corona-Beratungen von Bund und Ländern sind auch Lockerungen für Regionen im Gespräch, in denen lediglich eine Sieben-Tage-Inzidenz von 100 stabil unterschritten wird. Es könnte dann etwa eingeschränkte Öffnungen des Einzelhandels mit festen Einkaufsterminen geben. Das geht aus einem aktualisierten Beschlussentwurf für die Gespräche der Länder-Regierungschefs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hervor. Diese begannen am Mittwochnachmittag etwas später als ursprünglich geplant. Zuvor hatten sich die Ministerpräsidenten ohne Merkel besprochen.

Merkel hob zu Beginn der Verhandlungen die besondere Bedeutung der Beratungen hervor. Es sei ein "wichtiger Tag", sagte Merkel am Mittwoch nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen zu Beginn der Online-Beratungen mit den Länderchefs. Sie wurde mit den Worten zitiert: "Wir können den Übergang in eine neue Phase gehen."

Das Papier trägt die Uhrzeit 7.30 Uhr und liegt der dpa aus mehreren voneinander unabhängigen Quellen vor. Nach dem neuen Entwurf sollen von kommender Woche an wieder Treffen des eigenen Haushalts mit einem weiteren Haushalt möglich sein - beschränkt auf fünf Teilnehmer, Kinder bis 14 Jahre nicht mitgezählt. Derzeit sind private Zusammenkünfte nur im Kreis des eigenen Hausstands mit einer weiteren Person gestattet. Eine Perspektive für eine weitere Lockerung der Kontaktregeln bei stabilen Inzidenzen ist in dem Entwurf dagegen nicht mehr enthalten, ebenso wenig wie eine pauschale zeitweise Lockerung der Kontaktregeln über Ostern.

Das Papier wurde nach dpa-Informationen vom Kanzleramt verschickt, ist dem Vernehmen nach aber noch nicht mit allen Ländern vorabgestimmt. Über die einzelnen Öffnungsschritte und wie diese ausgestaltet werden, dürfte es viele Diskussionen geben. Entscheidungen werden erst am Ende des Bund-Länder-Gesprächs erwartet.

Bislang waren nach einem früheren Entwurf breitere Öffnungen lediglich für Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 35 - also maximal 35 Corona-Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner binnen einer Woche - in Aussicht gestellt gewesen: Dort sollen der Einzelhandel mit einer Beschränkung der Kundenzahl je nach Verkaufsfläche sowie Museen, Galerien, zoologische und botanische Gärten geöffnet werden und kontaktfreier Sport in kleinen Gruppen bis zehn Personen im Freien erlaubt werden.

Nach dem aktualisierten Entwurf könnte es nun also eingeschränkte Öffnungen schon in Regionen geben, in denen lediglich die 100er-Marke unterschritten wird. Neben Terminshopping-Angeboten könnten dann Museen, Galerien, zoologische und botanische Gärten "für Besucher mit vorheriger Terminbuchung" geöffnet werden. Ebenso könnte dort "Individualsport alleine oder zu zweit und Sport in Gruppen von bis zu zehn Kindern bis 14 Jahren im Außenbereich" erlaubt werden.

Auch der nächste Öffnungsschritt - von Außengastronomie, Theatern, Konzert- und Opernhäusern, Kinos sowie kontaktfreiem Sport im Innenbereich und Kontaktsport im Außenbereich - könnte dem neuen Entwurf zufolge schon bei Sieben-Tage-Inzidenzen bis 100 erfolgen. Liegt die Inzidenz zwei Wochen nach dem vorherigen Öffnungsschritt unter 35, soll es dafür keine Beschränkungen geben. Bei einer Inzidenz bis 100 sollen dagegen tagesaktuelle negative Corona-Tests zwingende Bedingung für die jeweiligen Gäste und Teilnehmer sein.

Zudem sieht die aktualisierte Fassung nun einen fünften Öffnungsschritt vor: Wenn weitere zwei Wochen nach den vorhergehenden Lockerungen die Inzidenz stabil unter 35 bleibt, sollen Freizeitveranstaltungen mit bis zu 50 Teilnehmern im Außenbereich erlaubt werden, ebenso Kontaktsport in Innenräumen. In Regionen mit einer stabilen Inzidenz bis 100 soll dann auch der Einzelhandel über Terminshopping-Angebote hinaus geöffnet werden dürfen, mit einer Beschränkung der Kundenzahl je nach Verkaufsfläche.

Die geplante "Notbremse" soll dem neuen Entwurf zufolge ebenfalls ab der 100er-Marke gelten: Sollte die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region an drei aufeinanderfolgenden Tagen wieder über 100 liegen, sollen die Öffnungsschritte dem Papier zufolge wieder zurückgenommen werden, also wieder die derzeitigen Lockdown-Bedingungen gelten.

Die geplanten Regelungen für Unternehmen in der Teststrategie wurden in der neuen Fassung entschärft. So ist nun nicht mehr von einer Verpflichtung für Firmen die Rede, ihren in Präsenz Beschäftigten kostenlose Schnelltests anzubieten. Vielmehr werde die Bundesregierung mit der Wirtschaft noch diese Woche abschließend beraten. Am Vorabend hatte es unter anderem zu dieser Frage noch Beratungen Merkels mit Spitzenverbänden der Wirtschaft gegeben.

Nach diesem aktualisierten Beschlussentwurf soll zudem allen, die noch keine Symptome zeigen, mindestens ein kostenloser Schnelltest pro Woche inklusive einer Bescheinigung über das Testergebnis ermöglicht werden. In einem früheren Entwurf war noch offen gelassen worden, ob es einen oder zwei Schnelltests geben soll. Die Kosten soll demnach der Bund übernehmen.

Auch die weitere Öffnung der Schulen soll mit Hilfe von Schnelltests flankiert werden. Die Länder sollen demnach sicherstellen, "dass das Personal in Schulen und Kinderbetreuung sowie alle Schülerinnen und Schüler pro Präsenzwoche das Angebot von mindestens einem kostenlosen Schnelltest erhalten". Auch hier hatte ein früherer Entwurf offen gelassen, ob es einen oder zwei Schnelltests wöchentlich geben soll.

Die Öffnungsschritte seien "mit Umsicht und Vorsicht" zu begleiten, sagte eine Regierungssprecherin am Mittwoch in Berlin. "Das, was wir aufmachen, sollte auch offen bleiben können", sagte die Sprecherin. "Es ist eine schwierige Aufgabe, da einen guten und verantwortungsvollen Weg für eine sichere und eben auch gerechte Öffnungsstrategie zu finden."

Opposition attackiert Corona-Kurs der Bundesregierung

Die Opposition hat das Vorgehen der Bundesregierung mit Blick auf weitere Lockerungen von Corona-Beschränkungen scharf attackiert. Der Linke-Gesundheitspolitiker Achim Kessler sprach am Mittwoch im Bundestag von Versagen und rief die Regierung auf: "Hören Sie endlich auf, immer nur auf Sicht zu fahren." Die Diskussion über Öffnungsszenarien ohne breiten Zugang zu Impfstoff und zu kostenlosen Schnelltests gefährde die mühsam erkämpften Erfolge der vergangenen Monate. Kessler kritisierte, dass das Parlament zwar debattiere, dies aber keine Wirkung habe. Denn zeitgleich entschieden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten über weitere Maßnahmen.

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen forderte dringend ein "Sicherheitsgeländer" als Voraussetzung für weitere Öffnungen. Dazu müssten bundesweit alle positiven Corona-Tests auf ansteckendere Virus-Varianten untersucht werden. Flächendeckende und regelmäßige Schnell- und Selbsttests müssten zu "Gemeingut" werden - nicht erst im April. Um beim Impfen vom Fleck zu kommen, müsse man Praxen und Betriebsärzte einbeziehen und sieben Tage die Woche impfen. Dass Millionen Dosen im Kühlschrank liegen, sei "ein Skandal".

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte mehr Tempo und verwies darauf, dass in den USA vergleichsweise "mit Lichtgeschwindigkeit" geimpft werde. Nötig sei auch mehr Ehrgeiz in der Teststrategie, um zu Öffnungen kommen zu können. Der AfD-Abgeordnete Bruno Hollnagel betonte mit Blick au Corona-Beschränkungen, Bewegungsfreiheit und die freie Berufsausübung seien "kein Privileg, sondern ein Grundrecht". Nötig sei ein Erstarken der Wirtschaft, dafür sollten unter anderem teure Maßnahmen der Energiewende ausgesetzt werden.

Die SPD-Abgeordnete Martina Stamm-Fibich begrüßte, dass es endlich Vorschläge des Gesundheitsministeriums etwa für zwei kostenlose Schnelltests pro Woche gebe. Es sei allerhöchste Zeit, das Angebot auszuweiten. Klaus-Peter Willsch (CDU) sagte, Selbsttesten helfe, Eigenverantwortung zu tragen. Es sei auch eine Chance etwa für Gastronomie und Hotels, Gästen solche Tests anzubieten.

BERLIN (dpa-AFX)

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