Citi-Kolumne Dirk Heß

Öl-Aktien: Bereit für die Aufholjagd?

02.03.21 15:03 Uhr

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Während der Ölpreis einen erstaunlichen Höhenflug erlebt, stehen Öl-Aktien weiterhin tief unter Wasser. Dauerhaft stabile Ölpreise auf aktuellem Niveau könnten das ändern. Worauf es jetzt ankommt.

Ein reduziertes Rohölangebot und abnehmende Lagerbestände haben beim Ölpreis in den vergangenen Monaten zu einer starken Erholung geführt. Zurzeit kostet das Barrel der Nordseesorte Brent mit rund 62 US-Dollar wieder so viel wie vor Beginn der Corona-Pandemie. Auch das US-Öl WTI hat mit 60 US-Dollar pro Barrel wieder Vorkrisenniveau erreicht (Stand: jeweils 12. Februar 2021). Entscheidend zum Comeback beigetragen haben auch institutionelle Investoren wie Hedgefonds und Vermögensverwalter. Diese haben an den Terminmärkten ihre Netto-Long-Positionen auf Öl-Kontrakte im Januar um elf Prozent erhöht und damit den Anstieg mitgetragen.

Desaströse Performance

Während Öl als Rohstoff bei Investoren wieder angesagt ist, kann man das von den Aktien der Ölkonzerne nicht behaupten. Diese konnten bisher kaum vom steigenden Ölpreis profitieren. Zwar hat sich der STOXX Europe 600 Oil & Gas Index, der europäische Ölmultis wie Total, BP oder Royal Dutch Shell enthält, von seinen Tiefständen aus dem vergangenen Jahr schon ein wenig erholt. Doch die Bilanz seit Januar 2020 fällt mit einem Minus von rund 20 Prozent noch immer desaströs aus. Obwohl sich die Erholung in den letzten Wochen beschleunigte, besteht noch einiges Aufholpotential bis zum Erreichen des Vorkrisenniveaus. Ähnlich schwach entwickelte sich der US-Ölsektor. Mit rund 20 Prozent steht der Dow Jones Oil & Gas Index im selben Zeitraum unter Wasser.

OPEC ist das Zünglein an der Waage

Die ausgeprägte Underperformance gegenüber dem Ölpreis ist in gewisser Weise nachvollziehbar. Denn immerhin leiden die meisten Ölkonzerne unter enormen Investitionsdruck. Allerdings mangelt es an der notwendigen Kapitalausstattung, um die Investitionen zu finanzieren. Dennoch ist die Vehemenz des schlechten Momentums schon überraschend. Da stellt sich die Frage, ob Potenzial für eine ausgedehntere Aufholbewegung besteht. Vieles wird davon abhängen, ob sich der Ölpreis auf dem aktuellen Niveau dauerhaft stabilisieren oder sogar noch zulegen kann. Dies dürfte wiederum stark von der Förderdisziplin der OPEC+, also der OPEC und im Wesentlichen Russland, abhängen.

Steigende Ölnachfrage erwartet

Die Organisation erdölexportierender Länder geht in ihrem frisch veröffentlichten Monatsbericht für Februar davon aus, dass die globale Ölnachfrage in diesem Jahr um täglich 5,8 Millionen Barrel auf durchschnittlich 96,1 Millionen Barrel pro Tag steigen wird. Begründet wird das mit der zu erwartenden Erholung der Weltwirtschaft infolge der billionenschweren Konjunkturprogramme. Noch interessanter ist aber, was die OPEC zum Angebot sagt bzw. nicht sagt. So wird geschätzt, dass sich die Öl-Produktion in den Nicht-OPEC-Staaten nur ganz moderat um 0,7 Millionen Barrel pro Tag auf durchschnittlich 63,3 Millionen Barrel pro Tag erhöht. In den USA wird sogar ein Rückgang der Ölproduktion um 0,7 Millionen Barrel pro Tag auf durchschnittlich 11,2 Millionen Barrel pro Tag erwartet. Als Grund wird die Schließung zahlreicher durch den Ölpreisverfall unrentabel gewordener Fracking-Förderstellen genannt. Tatsächlich: Nach den Daten von Baker Hughes wurden in den USA in den vergangenen zwölf Monaten 398 Oil Rigs (Ölpattformen) dichtgemacht. Eine Halbierung.

Am 4. März wird es spannend

Worüber die OPEC schweigt, sind Prognosen zur eigenen durchschnittlichen Fördermenge in diesem Jahr. Aus dem jüngsten Monatsbericht geht lediglich hervor, dass im Januar 2021 rund 25,5 Millionen Barrel pro Tag gefördert wurden. Das entspricht in etwa dem Niveau der vorangegangenen Monate. Dennoch lässt sich aus dem Bericht etwas Interessantes schlussfolgern. Denn auf der Basis der Prognose der weltweiten Ölnachfrage (96,1 Millionen Barrel pro Tag) und der Ölförderung der Nicht-OPEC-Länder (63,3 Millionen Barrel pro Tage) dürfte die OPEC Ihre eigene Fördermenge bis auf durchschnittlich 32,8 Millionen Barrel pro Tag steigern können, ohne einen Angebotsüberhang zu erzeugen. Zur besseren Einordnung: Im vergangenen Jahr lag die OPEC-Ölförderung im Schnitt bei 25,6 Millionen Barrel pro Tag. Weitet sie ihr Angebot nicht zu weit aus, dürfte das den Ölpreis in diesem Jahr auf hohem Niveau halten. Das nächste OPEC-Treffen ist übrigens für den 4. März 2021 geplant. Dann wird über die Förderquoten für April entschieden.

Wovon Ölaktien wirklich profitieren könnten

Das Gros der Analysten geht momentan davon aus, dass sich der Ölpreis in diesem Jahr über der 50 US-Dollar-Marke festsetzen wird. Für die darauffolgenden Jahre 2022 und 2023 wird weiteres Steigerungspotenzial als wahrscheinlich erachtet. Dies sollte früher oder später auch den Ölkonzernen in die Hände spielen. Aber: Prognosen haben in diesen unsicheren Zeiten oft nur kurze Halbwertszeit. Daher sollte man nicht in Kurseuphorie verfallen, auch wenn einige der Ölförderer sich aus Expertensicht besser entwickeln könnten als ihre Peergroup. Dazu gehören etwa BP, Eni und Royal Dutch Shell. Aber nicht nur wegen des höheren Ölpreises. Nein, sondern weil diese Konzerne laut Marktbeobachtern ihren Rivalen beim Umrüstungsprozess in erneuerbare Energien voraus sind.

Dirk Heß, Finanzexperte der Citigroup, schreibt zu aktuellen Markt- und Derivate-Themen. Als Co-Head EMEA Public Listed Products Sales & Distribution bei der Citi besitzt er langjährige Expertise in allen Fragen rund um Börse und Investments. In seinem regelmäßigen Kommentar gibt Dirk Heß fundiertes Fachwissen weiter. Die Citigroup ist seit dem Jahr 1989 als Emittent von strukturierten Produkten permanent am deutschen Markt vertreten und feierte 2014 ihr 25-jähriges Jubiläum.

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