Aus dem Nichts in den DAX
Mal ehrlich, kennen Sie die Steinhoff-Aktie? Wenn nicht, sind Sie in bester Gesellschaft.
Denn selbst unter eingefleischten Börsianern sind die Anteile des erst Ende 2015 an die Börse gegangenen Möbelhändlers kaum bekannt. Das dürfte sich jedoch bald ändern. Denn Steinhoff könnte bereits im März der Sprung in den MDAX gelingen. Sollte es Steinhoff in den Index der mittelschweren Unternehmen schaffen, wäre der Konzern, zu dem auch der deutsche Möbelhändler Poco gehört, mit einem Börsenwert der frei handelbaren Aktien von rund 9,5 Mrd. Euro neben dem Flugzeugbauer Airbus das neue Schwergewicht im Index.
Die Entscheidung darüber fällt am 3. März. An diesem Tag kommt in Frankfurt der Arbeitskreises Aktienindizes zu seinen Beratungen zusammen. Etwaige Änderungen gibt noch am selben Abend die Deutsche Börse bekannt. Umgesetzt würden die Änderungen dann per 21. März. "Ob Steinhoff in den MDAX kommt, wird sich wohl in letzter Minute entscheiden", erwartet Index-Experte Uwe Streich von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Denn allein die enorme Marktkapitalisierung reicht als Kriterium nicht aus, die Aktie von Europas zweitgrößtem Möbelhändler nach Ikea muss auch ausreichend gehandelt werden. Per Ende Januar lag die Aktie beim Kriterium Börsenumsatz jedoch erst auf Platz 61 der Aktien-Rangliste. Für die MDAX-Mitgliedschaft wäre jedoch Position 60 notwendig.
Analysten sind positiv gestimmt
Bisher wurden die Aktien des Konzerns mit seinen 90.000 Mitarbeitern und knapp zehn Mrd. Euro Umsatz primär an der Börse im südafrikanischen Johannesburg gehandelt. Jetzt soll Frankfurt der wichtigste Börsenplatz werden. Dazu hat sich Steinhoff im Dezember 2015 im Prime Standard listen lassen. Dabei stand der Börsengang unter keinem guten Stern. Denn wenige Tage vorher haben Ermittler die Büroräume des Konzerns in Westerstede durchsucht. Dabei gehe es unter anderem um die bilanzielle Bewertung von Anteilsverkäufen der Steinhoff Europe Group Services GmbH. Steinhoff ist sich keiner Fehler bewusst und halte die konsolidierten Abschlüsse der Gruppe für zutreffend, teilte das Unternehmen mit.Geschäftszahlen legt das 1964 in der Nähe von Bremen gegründete Unternehmen erstmals seit dem Börsengang am 29. Februar vor - also wenige Tage vor der Indexentscheidung der Deutschen Börse. Im letzten Geschäftsjahr (per Ende Juni 2015) lag der Umsatz von Steinhoff bei umgerechnet 9,3 Mrd. Euro - ein Plus von 15 Prozent. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) kletterte um 20 Prozent auf 1,3 Mrd. Euro nach oben.
Einstweilen bleiben nur Analysteneinschätzungen, um sich ein Bild von den Chancen der Aktie zu machen. JPMorgan hat das Kursziel für Steinhoff vor den Zahlen von 5,86 auf 5,82 Euro gesenkt, die Einstufung aber auf "Overweight" belassen. Der Gewinn je Aktie werde durch die Pepkor-Akquisition verwässert. Der Markt unterschätze aber die Dividende. Das Papier des Möbelhändlers sei günstig bewertet. Die Analysten der Commerzbank vergibt das Urteil "Add" und sieht Potenzial bis 5,20 Euro. Ebenfalls die Commerzbank hat neben Lang & Schwarz erste Hebelprodukte auf die Aktie aufgelegt. Mutige Anleger setzen auf kurzfristige Impulse im Zuge der möglichen Aufnahme in den MDAX. Das Investoreninteresse an der Aktie dürfte klar zunehmen.
Christian Scheid ist seit rund 18 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist tätig, davon seit circa zehn Jahren als freier Autor. Aktuell schreibt er für mehrere deutschsprachige Fachmagazine und -zeitungen in den Bereichen Aktien und Derivate, darunter Börse Online, Capital, Euro am Sonntag und Zertifikate // Austria. Per 1. Juli 2014 kehrte er zum ZertifikateJournal zurück, wo er bis Ende 2009 schon einmal tätig war und die damalige Österreich-Ausgabe des ZJ verantwortete. Hier können Sie sich zum Gratis-Newsletter anmelden: ZertifikateJournal" target="_blank">ZertifikateJournal
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