Cashkurs Weekly-Kolumne

Dirk Müller zum "Rekordhoch" des DAX

16.06.14 15:50 Uhr

Ein kurzes Wort zum "Rekordhoch" des DAX: Für den kundigen Börsianer ist das natürlich Mumpitz - mal wieder so ein Taschenspielertrick der Finanzmärkte.

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Guten Tag liebe Damen und Herren,

der DAX hat die ach so "magischen" 10.000 Punkte erreicht. Er spitzte sogar knapp darüber und markierte, wie sollte es anders sein, ein neues Allzeithoch. Die Euphorie stieg in der letzten Woche bereits parallel zu den Temperaturen, auch hier wurden im Übrigen Rekorde erreicht. Laut Wetterdienst hatten wir seit Messbeginn vor 138 Jahren die heißesten Pfingsttage bisher. Nach den heißen Tagen kommt der große Knall. Unwetter ziehen auf und in einigen Teilen Deutschlands durfte mit schwerem Hagelschlag, heftigen Starkregen und orkanartigen Böen gerechnet werden. Hoffen wir, dass das keine Vorlage für die Börse wird und sich an die hohen Kurse keine kräftigen Börsengewitter anschließen, die einem das Depot verhageln. Nach dem Erreichen der 10.000 Punkte also die ernüchternde Erkenntnis, dass sich die Erde ganz normal weiterdreht. Temperaturen schwanken, steigen im Sommer, sinken im Winter. Damit hat das Wetter einen großen Vorteil gegenüber dem DAX. Es ist valider zu prognostizieren. Auch die Unwetter nach Pfingsten wurden rechtzeitig angekündigt.
Da war so mancher Hausbesitzer froh, wenn er eine Elementarschadenversicherung hatte. Haben Sie schon Ihre Großschadenversicherung für Ihr Depot abgeschlossen? Man weiß ja nie….

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Aber noch mal ein kurzes Wort zum "Rekordhoch" des DAX. Für den kundigen Börsianer ist das natürlich Mumpitz. Mal wieder so ein Taschenspielertrick der Finanzmärkte. Der DAX ist als einer der wenigen weltweiten Indices ein "Performance Index". Das bedeutet nichts anderes, als dass er einfach komplett anders berechnet wird als die anderen bedeutenden Indices wie beispielsweise der Dow Jones. Beim DAX wird jede ausgeschüttete Dividende der Unternehmen anschließen in den Index mit hineingerechnet. Beim Dow Jones nicht. Dort wird nur die Kursentwicklung betrachtet. Das hat ganz drastische Konsequenzen. Wenn sich die Aktienkurse in den nächsten 20 Jahren überhaupt nicht verändern würden, die Unternehmen aber jedes Jahr im Schnitt (wie aktuell) etwa 3% Dividende bezahlen würden, stünde der DAX im Jahr 2034 bei 18.000 Punkten also 80% höher als heute. Obwohl keine einzige Aktie gestiegen ist! Der Dow Jones stünde bei gleicher Entwicklung im Jahr 2034 unverändert bei seinem heutigen Stand.

Wenn wir den DAX so berechnen, wie alle anderen Indices, dann stehen wir heute nicht bei 10.000 Punkten, sondern bei gerademal 5.100. Das ist noch unter dem Hoch des Jahres 2000 als er bei 6.266 Punkten stand. Sie sehen, die Kurse der Deutschen Standardaktien sind noch weit von ihren Höchstständen entfernt und die meisten Unternehmen verdienen heute besser als damals. Eine Siemensaktie kostete im Jahr 2000 130 Euro, heute 98 Euro. Dank 14 Jahren Inflation sind 98 Euro heute noch mal deutlich weniger als 98 Euro im Jahr 2000. Sind deutsche Aktien wirklich zu teuer nur weil der DAX bei 10.000 Punkten steht? Der Dow Jones hingegen stand im Jahr 2000 bei etwa 11.000 Punkten, heute bei 16.800. Oder anders ausgedrückt: amerikanische Aktien stehen heute 50% höher als vor 14 Jahren, deutsche Aktien stehen 20 Prozent tiefer als vor 14 Jahren. Wer will jetzt noch behaupten deutsche Aktien seien zu teuer?

Aber wie geht es nun kurzfristig weiter? Wie steht der DAX denn nun Ende des Jahres? 15.000 oder 6.000 Punkte? Diese Frage ereilt mich von Medienseite meist schon am Anfang eines Jahres. "Herr Müller, wo steht der DAX am Jahresende?". Woher soll ich das wissen? Niemand kann Ihnen diese Fragen seriös beantworten. Wir wissen in der Regel nicht einmal zuverlässig, wo der DAX in zwei Wochen steht. Wir können auch nur Wahrscheinlichkeiten abschätzen und ggf. bekannte marktbeeinflussende Ereignisse, wie die Veröffentlichungen von Konjunkturdaten oder ähnliches mit in unsere Überlegungen und Analysen einbeziehen. Alle unvorhersehbaren Entwicklungen sehen auch wir nicht in einer Glaskugel auf uns zukommen. Auch die Charttechnik bietet immer wieder Einblick in die Wahrscheinlichkeiten zu möglichen Verläufen beim Index. Eine 100%ige Prognose werden Sie allerdings egal mit welcher Analysemethode nie erhalten. Kein Analyst der Welt ist dazu in der Lage diese unendliche Formel voller Variablen, von denen nur wenige Zahlen bekannt sind zuverlässig zu berechnen. Ebenso wenig wie Ihnen ein Bundestrainer sicher sagen kann, wie das nächste Spiel ausgeht. Bei aller Erfahrung und Professionalität… es sind einfach zu viele Variablen im Spiel.

Momentan dümpeln wir um die 10.000 Punkte. Aus der konjunkturellen Ecke kommen immer wieder unterschiedliche Nachrichten. Wenn die Probleme in Europa gelöst sind, warum muss dann die EZB solche Experimente wie Minuszinsen machen? Merkwürdig, oder? Nutzen wird es dennoch nichts. Die Banken können selbst beim besten Willen keine Kredite an Arbeitslose in Südeuropa vergeben oder an mittelständische Unternehmen in Italien, denen das Wasser bis zum Hals steckt. Die Bank muss auch damit rechnen können, dass die Kredite zurückgezahlt werden… es sei denn, jemand anderes würde in dem Falle ihre Verluste tragen und ihnen die faulen Kredite in Zukunft abkaufen. Und genau das liest man aktuell zwischen den Zeilen der EZB. DAS dürften die unkonventionellen nächsten Maßnahmen sein. ABS Käufe der EZB. Banken können dann an jeden Arbeitslosen und jede Pleitebutze Kredite vergeben, diese Verbriefen und im Zweifel an die EZB weiterreichen. Das würde tatsächlich zu einem Boom der europäischen Wirtschaft führen. Aber zum Preis einer völligen Fehlentwicklung. Das war genau das, was die USA in die Immobilienkatastrophe getrieben hat. Aber eben erst in einigen Jahren. Bis dahin wäre es ein schöner Boom…vor dem Bummm….vielleicht sollte man sich doch schon mal auf den südeuropäischen Aktienmärkten umsehen, wenn sich diese Ideen der EZB verdichten sollten.

Doch bis dahin konzentrieren wir uns weiter auf unsere soliden krisenfesten Investments, wobei wir immer im Hinterkopf behalten sollten, dass auch am Aktienmarkt ähnlich wie beim Wetter mit kurzfristigen Kapriolen zu rechnen ist. Auch die erwähnte "Unwetterversicherung" durch Verkaufsoptionsscheine kann zu einer ausgewogeneren Bilanz in Ihrem Depot zum Ende des Sommers führen. Denn, wie auch in der Vergangenheit immer wieder geäußert: die großen Probleme am Markt werden bislang nicht behoben, sondern nur in die Zukunft verlagert.

Ich wünsche Ihnen für den angehenden Sommer und die WM-Spiele eine schöne Zeit und zunächst ein schönes Wochenende.

Herzlichst,

Ihr

Dirk Müller

Dieser Artikel ist Teil der aktuellen Ausgabe des Börsendienstes Cashkurs Weekly. Sie wollen endlich Durchblick im undurchsichtigen Finanz-Dschungel? Sie möchten wissen, wie Dirk Müller sein Geld investiert und welche Aktien er kauft? Jetzt nur bei finanzen.net Cashkurs Weekly sichern!
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