Eine Short Story: der missglückte Porsche-VW-Coup
Diese Short Story ist ein wenig so, als würde ich alle Staffeln von Game of Thrones in einer Folge zusammenfassen wollen.
Denn hier geht es um einen Autobauer-Übernahme-Krimi der feinsten Sorte: wie Porsche vergeblich versucht hat, den mächtigen Volkswagen-Konzern zu schlucken - und sich daran verschluckte.
Ein Teil dieser Geschichte ist ein spektakulärer Leerverkauf, der Investoren einige Milliarden Euro kostete.
Was sind überhaupt Leerverkäufe?
Leerverkäufe sind Geschäfte, bei denen ein Investor auf einen sinkenden Kurs setzt und sich dafür gegen eine Gebühr eine Aktie ausleiht und verkauft. Fällt der Aktienkurs wie erwartet, kann er die Aktie später zu einem günstigeren Kurs kaufen und zurückgeben. Geschieht das Gegenteil, muss er das Papier um beinahe jeden Preis beschaffen.
Wir fahren ins Jahr 2008, mitten in die Finanzkrise. Am 15. September hatte die US-Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz angemeldet, die Märkte spielten Bungee Jumping (ohne Seil). Auch die VW-Aktie stürzte ab. Viele Anleger und auch Hedgefonds setzten darauf, dass die Aktie weiter fallen würde und gingen deshalb short.
Porsche lässt die Marktbombe platzen
Porsche hatte schon im Jahr 2005 angefangen, still und leise seine VW-Anteile zu erhöhen. Das große Ziel: Die Übernahme von VW. Dafür lieh sich das Unternehmen Geld von Banken und ging einige komplizierte Kurswetten ein. Deshalb war die fallende Aktie auch gerade schlecht - und teuer - für Porsche. Porsche musste handeln, damit die VW-Aktie wieder stieg.
Am 26. Oktober, einem Sonntag, verriet Porsche deshalb, wie viele VW-Aktien es bereits hatte. Insgesamt 42,6 Prozent der Stammaktien und 31,5 Prozent an Optionen (also das Recht, diese Aktien zu einem bestimmten Zeitpunkt zu kaufen). Da das Bundesland Niedersachsen rund 20 Prozent hielt, waren damit nur noch 5,7 Prozent der VW-Aktien frei am Markt verfügbar.
Am Montag danach brach deshalb im DAX die VW-Hölle los. Denn nun hatten Hedgefonds und andere Anleger, die auf fallende VW-Kurse gesetzt hatten, ein Riesenproblem. Es gab kaum Aktien, mit denen sie ihren Lieferverpflichtungen nachkommen konnten. Aber liefern, das mussten sie (siehe oben).
Von 200 auf mehr als 1000 Euro
VW-Aktien waren also Mangelware. Und wenn etwas knapp wird, dann steigt der Preis: Der Kurs der Aktie schoss von 200 Euro auf mehr 1000 Euro hoch. Kurzfristig war VW nach Marktkapitalisierung das teuerste Unternehmen der Welt. Für die Hedgefonds und viele andere Anleger, die auf fallende Kurse gewettet hatten, eine Katastrophe.
Wie die Financial Times Deutschland berichtete, verloren Hedgefonds wie Glenhill Capital und Viking an einem Tag rund 15 Milliarden Euro. Auch Branchengrößen wie Larry Robbins oder David Einhorn hatten sich mächtig verzockt. Die Rally dauerte zwar nicht sehr lange, Anfang November lag die Aktie schon wieder bei rund 380 Euro. Doch der Schaden war da.
Und wie ging der Krimi nun aus?
Die Ironie an der ganzen Geschichte: Langfristig hat die Aktion Porsche nichts gebracht. Bei dem Versuch, VW zu übernehmen, hat sich Porsche mit rund 11 Mrd. Euro verschuldet. Es drohte der Bankrott. Als Retter in der Not sprang dann ausgerechnet Volkswagen ein - aber natürlich waren einige Bedingungen daran geknüpft…
Das Ende vom Lied: 2012 übernahm dann nicht Porsche VW, sondern VW Porsche. Nicht David siegte, sondern Goliath.
Die Hedgefonds versuchten übrigens später, Porsche wegen Marktmanipulation auf Schadensersatz zu verklagen. Doch die Gerichte sprachen Porsche frei, die Hedgefonds blieben auf ihren Verlusten sitzen. Waren ja nur ein paar Milliarden.
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