Bundesregierung übt sich nach Trump-Rede in Geduld

23.01.17 13:08 Uhr

   Von Stefan Lange

   BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung lässt sich angesichts der Antrittsrede von US-Präsident Donald Trump nicht aus der Reserve locken. Er habe nicht vor, einen "täglichen Erkenntniszuwachs zu vermelden", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Er sehe keine Veranlassung, "jedes Interview, jeden Pressekonferenz-Schnipsel, jedes Vorkommnis im Weißen Haus - Briefing Room - jetzt zu kommentieren", sagte Seibert. Das werde er auch in Zukunft so halten.

   Seibert räumte immerhin ein, dass sich die Bundesregierung bemühe. "Wir haben alle Kontakte, die wir in dieser ja noch sehr, sehr frühen Phase der neuen Administration haben können, und diese Kontakte wachsen und verstetigen sich", sagte er.

Werte beibehalten

Darüber hinaus verwies Seibert auf Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel am Sonnabend. Die Kanzlerin habe die unveränderte Wichtigkeit des transatlantischen Verhältnisses sowie das gemeinsame Agieren in der Wirtschafts-, Verteidigungs- und Handelspolitik betont. Merkel habe über die deutsche G20-Präsidentschaft geredet, in deren Rahmen Deutschland versuchen werde, einen Beitrag zum gemeinsamen Austausch zu leisten.

   Auf die Frage, ob der EU-Sondergipfel Anfang Februar auf Malta zum Thema Brexit um den Tagesordnungspunkt USA erweitert werden müsse, verwies Seibert auf die Zuständigkeit des EU-Ratspräsidenten. Üblicherweise werde auf dem Gipfel über die vorgefasste Tagesordnung hinaus aber ja "über das gesprochen, was einem oder mehreren Mitgliedern auf den Nägeln brennt".

Neues Denken

Außenamtssprecher Martin Schäfer erklärte mit Blick auf ein Interview von Frank-Walter Steinmeier in der Bild am Sonntag, der Minister habe ausdrücken wollen, mit dem Amtsantritt von Trump sei "vielleicht tatsächlich so etwas wie altes Denken des 20. Jahrhunderts zu Ende gegangen und wir müssen jetzt vieles neu denken". Dabei gehe es darum, "dass wir uns unsere Werte, unsere Interessen und unsere Überzeugungen klar machen, im europäischen Kreis mit unseren europäischen Partnern besprechen und der neuen Trump-Administration deutlich machen, wie wir denken".

   Seibert sagte auf die Frage, ob die Bundesregierung die Beziehungen zu Russland neu begründen müsse, es gebe ein deutsches Interesse an guten Beziehungen zu Moskau. "Wir haben ein Interesse daran, dass Russland seinen erheblichen Einfluss in der Welt für Frieden, Wohlstand und Fortschritt einsetzt."

   Die Frage nach einer Neuordnung der europäischen Beziehungen zu Russland hatte der konservative französische Präsidentschaftskandidat Francois Fillon aufgeworfen. Fillon tritt für eine Annäherung an Moskau ein. Der Franzose war am Montag zu Gast bei Merkel im Kanzleramt. Über Inhalte des nicht-presseöffentlichen Treffens wollte die Bundesregierung keine Angaben machen.

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

   DJG/stl/bam

   (END) Dow Jones Newswires

   January 23, 2017 07:07 ET (12:07 GMT)

   Copyright (c) 2017 Dow Jones & Company, Inc.- - 07 07 AM EST 01-23-17